Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
fragte Jonathan.
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Seit sie durch Naomis Anruf wußte, daß es sich bei dem ersten Opfer um die Reporterin handelte, die sie damals im bundesweiten Fernsehen fast gekreuzigt hatte, waren ihre Nerven angespannt wie Drahtseile. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Valerius Knight den Zusammenhang selbst herstellte, wenn er es nicht bereits getan hatte. Dann würde er sie über die beiden anderen Opfer befragen.
»Weißt du ganz genau, daß du sie nicht kennst?« hatte Jonathan gefragt.
Aber Charlotte war sicher, von den beiden anderen Frauen nie gehört zu haben. Ihre Namen klangen völlig unbekannt, und sie wohnten nicht in Kalifornien. Sie betete, daß der Tod der Reporterin nur ein unglaublicher Zufall gewesen war, denn sie wußte, wie es nach außen hin aussehen würde: Die Frau hatte damals um ein Haar Charlottes Ruf für immer zerstört und ihr so unbestreitbar ein Mordmotiv gegeben.
»Inzwischen«, fuhr das E-Mail fort, »eine Kleinigkeit zu Deiner Unterhaltung.«
Eine Dokumentendatei öffnete sich.
»Was um Himmels willen ist das?« Charlotte beugte sich tiefer über den Bildschirm, um den Rest der Nachricht zu lesen. Mit großen Augen überflog sie die Liste der Zahlen, die jetzt dort erschienen. »Das ist ja meine Kontonummer! Und die meiner American-Express-Karte! Meine Sozialversicherungsnummer, mein PIN-Code …«
Jonathan tippte bereits, zog die Kopfzeile der Nachricht herunter und ging dem Versandweg des E-Mails nach.
Charlotte stand mit verschränkten Armen da. »Weißt du, was er mit diesen Informationen alles anfangen kann? Er ist imstande, meine Bankkonten zu löschen, meine Kreditwürdigkeit zu ruinieren, mir Ärger beim Finanzamt zu machen.«
Jonathan kopierte die Adresse des Wiederversenders, setzte sie in eine neue Nachricht, adressierte sie an den Administrator des Großversenders und tippte: »Wir werden von diesem Absender belästigt und bedroht. Können Sie die Herkunft der Nachricht für uns feststellen?« Er hatte die gleiche Botschaft bereits an die früheren Weiterleiter geschickt, jedoch ohne Ergebnis.
Dann prüfte er den Empfänger des elektronischen Pulsmonitors. Nichts. Auch der von ihm in Knights Laptop eingeschmuggelte Sender schwieg.
»Gut, das sagt uns schon etwas.« Er griff wieder zu dem zerlegten Handy, an dem er vor Eingang des E-Mails gearbeitet hatte. »Keine Sorge, Charlotte, wir kriegen ihn.« Er klappte das Gehäuse zu, drehte sich im Stuhl um und stöpselte das Handy in eine Dose seines Laptops. »Schau.« Auf dem Bildschirm erschien ein Lageplan.
Charlotte neigte sich vor, um besser sehen zu können, und ihr langes Haar streifte seinen Nacken. »Was ist das?«
»Dieses kleine Gerät spürt jedes Telefongespräch auf, das von diesem Gebäude aus geführt wird.« Er nahm sein anderes Handy und wählte eine Nummer. Sofort schossen blaue Linien über den Bildschirm, während die Namen und Orte von Schaltern und Knoten als rote Punkte auftauchten. »Leider funktioniert es nicht rückwärts, aber wenn unser anonymer E-Mailer mit einem Komplizen in deiner Firma zusammenarbeitet, schnappen wir ihn beim nächsten Gespräch.«
»Es ist alles so frustrierend. Da baust du dieses komplizierte Spinnennetz auf, alle diese Fallen, und trotzdem kommen wir nicht an ihn heran.«
»Beim Katz-und-Maus-Spiel, Liebes, gewinnt immer der Spieler mit der größten Geduld. Das habe ich damals bei der Spionageabwehr gelernt.«
Charlotte drehte sich abrupt um, griff nach ihrem Regenmantel und ging zur Tür. »Ich werde mit Agent Knight reden. Ich muß wissen, was er bisher herausgefunden hat, ob er von meiner Verbindung zu der Reporterin weiß und ob ihm inzwischen der Laborbericht über das letzte Opfer vorliegt.«
»Hier drin stecken Tausende von Produktionsprotokollen.« Jonathan klopfte auf den Bildschirm. »Wir haben nicht die Zeit, jedes einzelne nachzuprüfen. Was wir brauchen, ist der gemeinsame Nenner. Etwas, von dem aus man weiterarbeiten kann. Wir müssen wissen, welcher Inhaltsstoff tödlich war.«
»Ich werde es Knight aus der Nase ziehen, wenn es sein muß.«
»Laß dich aber nicht verhaften«, meinte er grinsend, und als sie ihn erschrocken ansah – wie konnte er über das scherzen, was sie nach Chalk Hill durchgemacht hatte? –, merkte sie, daß er nicht diese Verhaftung meinte, sondern eine andere, die schon so lange zurücklag, daß Charlotte sie fast vergessen hatte, und bei der man sie beide verhaftet und in den Knast
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