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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Hand.
    Zuerst erkundigte ich mich in Chinatown und lernte dabei gleichzeitig meine neuen Nachbarn kennen. Bei den Ladenbesitzern war ich bereits beliebt, weil ich nie um die Preise feilschte, immer die beste Qualität kaufte und nie das Wechselgeld zählte, das sie mir herausgaben. »Sehr nettes Mädchen«, erzählte Mrs. Po den Nachbarn. »Aus Singapur. Schwerreiche Familie. Ich habe nur die vornehmsten Mieter in meinem Haus.«
    Weil die Juweliere in und um Chinatown den Ring nicht erkannten, dehnte ich meine Suche aus. Ich fuhr Cable Car, bis mir schwindlig wurde, und merkte, daß die Leute mich anstarrten, als hätten sie noch nie eine Chinesin gesehen. Als ich in einem Restaurant zu Mittag essen wollte, gab man mir keinen Tisch, obwohl viele leer standen, und ich begann Reverend Petersons Ermahnung zu verstehen, immer schön in Chinatown zu bleiben.
    Je mehr ich mich aus meiner eigenen Welt entfernte, desto feindseliger wurde die andere.
    Überall, wohin ich kam, sagten Polizisten: »Geh weg.« Oder sie hielten mich an und stellten mir Fragen, verlangten meine Papiere, fragten, ob ich eine Prostituierte wäre. Ich lernte, was Rassenhaß bedeutet. Ich lernte, daß Chinesen die einzigen waren, die nicht in die Vereinigten Staaten von Amerika einreisen durften. Ich lernte, daß es Gesetze gab, in denen stand »KEINE CHINESEN MEHR«. Wir durften kein Land besitzen, keine Weißen heiraten, keine weißen Krankenhäuser betreten. Wagte sich ein Chinese in ein weißes Viertel und wurde dort zusammengeschlagen und ausgeraubt, sagte die Polizei nur: »Was wollten Sie auch dort.« Aber ich war Amerikanerin. Doch wenn ich das zu erklären versuchte, musterten sie mich nur von oben bis unten, und wenn sie den Cheongsam an mir sahen, wußte ich, daß sie jetzt an die durchtriebenen Chinesinnen aus den amerikanischen Filmen dachten.
    Aber ich gab nicht auf. Der Ring war die einzige Verbindung zu meinem Vater. Ich kannte weder seinen Nachnamen, noch seinen Beruf, noch die Anschrift seiner Familie. Der Ring würde mich zu ihm führen, und um den Ring zu identifizieren, mußte ich mich in eine Stadt hinauswagen, in der ich unerwünscht war.
    Endlich, nach Tagen voller Mißerfolge, mit schmerzenden Füßen voller Blasen vom vielen Herumlaufen, niedergeschlagen und mit nagendem Hunger, beobachtet von allen Polizisten, hatte ich Glück. Ich betrat den Laden von Sadler & Sons in der Market Street – weit entfernt von meiner Wohnung – und erkannte sofort das Aufflackern der Erinnerung in den Augen des Juweliers, als er den Ring sah.
    »Lassen Sie mich das genauer ansehen«, meinte er und griff danach.
    Ich trat zurück. »Bitte … ich muß wissen, was diese Buchstaben bedeuten.«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er und wich meinem Blick aus. »Aber ich würde den Ring gern einigen meiner Kollegen zeigen.«
    Ich erklärte ihm, ich würde wiederkommen, und begriff voller Erregung, daß er vielleicht sogar meinen Vater benachrichtigen, daß ich ihm hier in diesem Laden begegnen würde.
    Am nächsten Tag erschien ich in meinem schönsten Kleid aus lavendelfarbener Seide, das lange schwarze Haar aufgesteckt und mit kostbaren Elfenbeinkämmen befestigt. Mein Herz eilte meiner Hoffnung voraus, aber ich näherte mich dem Laden mit großer Vorsicht.
    Wie sollte ich meinen Vater begrüßen? Wie ihn anreden? Würde er mich freudig aufnehmen und rufen, wie ähnlich ich meiner Mutter sähe? Plötzlich überfielen mich Zweifel. Er war nie nach Singapur zurückgekehrt. Hatte er die Frau vergessen, die ihm das Leben gerettet hatte? War seine Erinnerung an Singapur verdrängt worden, als die alten Erinnerungen wiederkamen? Würde er mich anschauen und fragen: »Wer sind Sie?«
    Bevor ich den Laden betrat, spähte ich durch das große Fenster, um zu sehen, ob mein Vater gekommen war. Statt seiner bemerkte ich jedoch einen gutaussehenden, jungen Mann, begleitet von einem jungen Mädchen etwa meines Alters, mit gelbem Haar und weißer Haut. Aber es war der junge Mann, ein paar Jahre älter als ich, der meine Aufmerksamkeit fesselte. Er lehnte lässig an der Theke und unterhielt sich lachend mit dem Juwelier. Durch die offene Tür hörte ich seine klangvolle Stimme und sah das eindrucksvolle Profil, das einem Filmstar gehören konnte. Und als er sich plötzlich umdrehte, als hätte er meinen Blick gespürt, begegneten sich unsere Augen.
    Von diesem Moment an änderte sich mein Leben für immer.
    Ich hatte in Theaterstücken und Filmen gesehen,

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