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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Tiegel, Päckchen und Nadeln der falschen Hoffnung eingesammelt, alle Regale, Schubladen und Schränke von den dämonischen Kräutermixturen befreit, jede Pille, jedes Blatt und jede Wurzel dieser Hokuspokus-Heilkunst entfernt, und alles zusammen auf dem Gartengrill hinter dem Haus verbrannt. Seine Tränen funkelten im Feuer, während drinnen die Sanitäter versuchten, seine Frau dazu zu bewegen, den steifen Leichnam ihres Sohnes endlich loszulassen.
    Sie hatte nie wieder zu Gott zurückgefunden. Die falsche Hoffnung und der Glaube an heidnische Elixiere hatte das Vertrauen in Gott aus ihrer Seele verdrängt und durch die Finsternis des Teufels ersetzt.
    Ob ich ein persönliches Interesse an diesem Fall habe, wollen Sie wissen? hätte er Charlotte Lee gerne angebrüllt. Verlassen Sie sich darauf. Denn für jede dieser Festungen des Bösen, die ich niederreiße, zündet mein kleiner Junge im Himmel eine neue Kerze an.

20
    Mit dem Toxikologiebericht im Rockbund versteckt eilte Charlotte über den Gang in ihr Büro. Dort stand noch die Tasse mit dem inzwischen kalt gewordenen Tee vom Vormittag. Sie griff nach der Schachtel mit den Teebeuteln, stopfte sie in die Tasche ihres Regenmantels und verließ ihr Büro sofort wieder.
    Statt jedoch den direkten Weg zu den Fahrstühlen einzuschlagen, machte sie einen kurzen Abstecher in den Korridor, von dem die Büros der Geschäftsleitung abgingen. Sie blieb vor Margos Tür stehen und lauschte: leise Musik und gedämpfte Stimmen. Sie hörte Adrian in seinem Büro sagen: »Regen Sie sich nicht wegen Ihrer gottverdammten Einlage auf. Sie kriegen Ihr Geld wieder, verlassen Sie sich drauf.« Die Tür zu Mr. Sungs Büro stand offen. Von dem alten Anwalt war nichts zu sehen. Auch die Tür am Ende, die zu Desmonds Zimmer führte, war geöffnet, aber es brannte darin kein Licht, und sie nahm an, daß er schon gegangen sei.
    »Scheißspiel, was?« sagte eine Stimme aus der Dunkelheit.
    Charlotte fuhr zusammen.
    »Versuchst du zu schlafen?« fragte sie, nachdem ihre Augen sich der Dunkelheit angepaßt hatten und sie ihn in seinem Ledersessel sitzen und in den Regen hinausstarren sah.
    »Nein. Ich sitze bloß hier und wünsche mir, ich könnte mich besaufen.«
    Desmond hatte nie mit Alkohol umgehen können. Nie würde Charlotte den Silvesterabend vergessen, an dem er ein paar Gläser Champagner getrunken und mit verwaschener Stimme zu ihr gesagt hatte: »Becky verläßt mich. Kannst du dir das vorstellen? Meine dritte Scheidung, und ich bin noch keine fünfunddreißig.«
    »Ich kann’s ihr nicht übelnehmen«, hatte Charlotte geantwortet, »so wie du sie behandelst. Warum bist du immer so, Des? Zuerst so nett und dann so ekelhaft?«
    »Liebe Cousine«, hatte er gesagt, »das ist ganz einfach: ich kann vor niemandem Achtung haben, der sich in mich verliebt.«
    Selbst im Dunkeln konnte Charlotte die vielen Trophäen sehen, die Desmonds Büro schmückten. Ihr Cousin war ein Mensch, der immer gewinnen mußte – seine Lieblingsdroge und zugleich sein Aufputschmittel war der Sieg. Er nahm irgendeine Sportart in Angriff und ruhte nicht eher, bevor er sie so beherrschte, daß er die dazugehörigen Bänder, Pokale und Anerkennungen errungen hatte. Dann wechselte er zur nächsten. Zu den ausgewählten Sportarten, deren Auszeichnungen hier standen, zählten Tennis, Fechten, Rennfahren und koreanisches Kickboxen. Wenn er gekonnt hätte, wäre da auch eine Vitrine gewesen, um die Frauen auszustellen, denn auch sie waren Pokale, die man gewinnen konnte und die danach uninteressant wurden.
    »Weißt du, was ich glaube?« sagte er jetzt leise. Er war kaum sichtbar, weil seine Kleidung die Farbe der Nacht trug. »Ich glaube, man hat uns verflucht, Charlie. Es ist eine Strafe.«
    Sie starrte ihn an. Selbst in der Dunkelheit hatte er die Sonnenbrille auf, als fürchte er, böse Mächte könnten durch seine Augen in seine Seele eindringen. »Eine Strafe wofür?« fragte sie.
    Er drehte den Kopf zur Seite. Ein Paar schwarzer Linsen starrte sie an. »Du weißt, wofür, Charlie«, entgegnete er. »Du weißt es.«

21
    Als Charlotte Wind und Regen entkommen und wieder ins Museum gelangt war, vergewisserte sie sich zuerst, daß die Tür abgeschlossen war, und eilte dann hinüber ins Büro, die Arme voller Schüsseln mit warmen Speisen.
    »Irgend etwas Neues von unserem E-Mailer? Hat er seine kleine Überraschung schon preisgegeben?« fragte sie atemlos und stellte alles auf die Theke der Küchenecke.
    »Bisher

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