Das Haus der Rajanis
Unkraut harkten.
Ich fragte sie mit der allerbeherrschtesten Stimme, zu der meine Kehle ich bewegen mochte: «Seid etwa so dumm ihr, wie die Araber an Geister zu glauben? Schämt euch!»
Die Kolonisten senkten die Köpfe, nahmen aber keines ihrer Worte zurück.
Also befahl ich ihnen, mir zu zeigen, wo dieser Ar-Ruch wohl zu finden sei. Schweigend gingen alsbald wir zwischen den Bäumen einher, und da ich die Äste der Pampelmusen-, Limonen- und Zitronenbäume beiseiteschob, ward mein Herz erfüllt von Hohn und Spott, von Eiseskälte und Zorn über den Aberglauben der Menschen, der nicht nur die ignoranten Pachtbauern irremachte, sondern auch die besten unserer Burschen, junge gebildete Männer aus Europa.
Schließlich gelangten wir zu den Eukalyptuspflanzungen am westlichen Ende des Gutes, wo wir die großblättrigen Kakteenhecken, die zuvor dort gestanden, zurückgeschnitten und die erstenBäume eines kleinen, sehr hübschen Wäldchens gesetzt hatten.
«Somit», fragte ich, «was soll sein?»
Sie sagten: «Steh still und lausche.»
Widerwillig und wider besseres Wissen stand ich unter ihnen, und der Zorn loderte in meinem Herzen über ihre unermessliche Dummheit und das mich verhöhnende Glück, und der Wind fuhr durch die Bäume und knurrte in ihren Ästen, bis ich die Hacken zusammenschlug zum Zeichen, dass meine Geduld nun am Ende, und mich umwandte, um von dort fortzugehen. In just diesem Augenblick begannen die Kolonisten auf Arabisch zu rufen: «Ar-Ruch! Ar-Ruch!», und deuteten auf die Blätter, die in einiger Entfernung die Gestalt eines Mannes formten, der ausschritt und starb.
«Ich habe genug von eurem Treiben», herrschte ich sie an. «Kehrt unverzüglich an die Arbeit zurück – oder ihr seid alle entlassen.»
28. Februar 1896, Neve Shalom
Heute ist das Purimfest, doch Frohsinn steht mir fern. Der Monat Adar, berühmt für seine Ausgelassenheit, hat weder Fidelität noch Plaisier mir beschert.
Am Abend haben wir uns zu einem Purimball begeben, der im Hause eines Bekannten in Neve Zedek gegeben wurde, genauer gesagt bei dem ehrenwerten David Balivsky, seines Zeichens Lehrer an der hebräischen Schule von Jaffa. Dieser Balivsky, der den hüftschwingenden Gang und die sanfte Diktion eines verwöhnten Frauenzimmers pflegt, hat einen Monat oder derenzweie darauf verwandt, eine Art humoreskes Purimspiel in der hebräischen Sprache zur Aufführung zu bringen. Zu diesem Behufe nahm er alle seine männlichen Schüler und kleidete sie in Frauenornat für eine Posse über die Bewohner und Sitten dieses Landes. Zum Beispiel machte er sich darin lustig über die Augenkrankheiten der Araber und ihr tremolierendes Jauchzen bei Hochzeiten oder, ganz im Unterschiede, über ihre Schreie in der Stunde des Begräbnisses und schimpfte sie einen Haman und Vayzata und all die anderen Feinde und Unterdrücker Israels. Die Darbietung der jungen Schauspieler sagte mir ganz und gar nicht zu, da weder irgendein Nutzen noch wenigstens etwas Unterhaltendes an einer Satire, die ihre Pfeile gegen andere richtet. Der gute Herr Balivsky täte gut daran, den Balken vor seinen Augen einmal fortzunehmen und mit kritischem Blick seine eigene arbeitsscheue Manier zu betrachten und die wertlose Erziehung, welche er seinen Pennälern angedeihen lässt.
Wie es ihre Art bei solchen Gelegenheiten, strahlte die gnädige Frau vor Schönheit und Anmut und gestattete allen Herren, um sie herumzuscharwenzeln. Mir wiederum wurde das Vergnügen zuteil, die Bekanntschaft des Ehepaares Jehoshua und Olga Hankin zu machen, die beide durch ein höchst bäuerliches Betragen von fader Rede und groben Manieren sich auszeichnen. Olga gemahnt an eine blöde dreinschauende Mastgans mit in der Breite wie der Länge gleichermaßen gewaltigem Hinterteil, während die Äuglein ihres Gatten immerzu in einer Mischung aus Begierde und viehischer Tumbheit funkeln. Diese beiden haben vor nun drei oder vier Jahren die Ländereien von Hadera erworben und den dazugehörigen
Kushan
übertragen bekommen, weshalb seither sie mit geschwellter Brust umherstolzieren. Gebe Gott, dass ihnen in Bälde die Luft ausgehe.
Dr. David Kumar war in eine angeregte Konversation mit seinemKollegen Dr. Chaim Chissin vertieft. Der Krankheiten viele haben sie wahrlich, die Länder Asiens, und ihre Ärzte auf immer ihr Auskommen. Die beiden Doktoren sagten mir, mein Freund, der hungerleidende Dichter, sei sehr erbost auf mich. Ich erwiderte, er sei schon lange nicht mehr mein Freund,
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