Das Haus der Rajanis
und wandte ihnen indigniert den Rücken.
Doch alles Schlechte hat auch sein Gutes. Zu dem Behufe, dem Gebot dieses Festes zu entsprechen und bis zur Berauschtheit zu trinken, hatte unser Gastgeber einen dunkelhäutigen, kleinwüchsigen Mann namens Nuriel gedungen. Einer unserer jemenitischen Brüder, die vor reichlich fünfzehn Jahren ins Lande Israel gekommen, ist er und hat schnell sich unter der hiesigen Bevölkerung assimiliert. In seinen Taschen bewahrte er Minzbonbons, geschaffen, die Zunge eines jeden Europäers in Brand zu setzen. Auch wusste eine Art jemenitischen Wein er zu bereiten und einzuschenken, der gewürzt mit allen erdenklichen Pflanzen und Kräutern und außergewöhnlich gehaltvoll.
«Einen gesegneten guten Abend, Nuriel», sagte ich.
Er antwortete, mit seinem kehligen jemenitischen Akzent: «Trink zu, mein Freund», da mit seinem kundigen und erfahrenen Auge er wohl sah, wie zugetan ich dem Trunk.
«Was hast du an Erbaulichem zu berichten?», fragte ich.
«Da wäre zum einen», sagte er, «unser Gastgeber Herr Balivsky, möge Allah ihn verfluchen. Just in diesem Augenblick nimmt der Bösewicht Haman Rache an ihm und pfählt mit einem langen, harten Stecken ihn. Wenn in das Schlafgemach im oberen Stockwerk du dich bemühst, wirst auch Vayzata du sehen, der mit dem Zinken seiner Heugabel ihn aufspießt.»
Einen neuen Freund hatt ich gefunden.
Wach und einsam verbrachte ich die Nacht auf Steinen und abgepflückten Blättern und schmiedete aus der Klarheit meines Gedankens Pläne, wie ich diesen Feind töten würde und die vielen weiteren, die folgen sollten, da all mein Zögern und Zaudern verflogen und nur noch ein Ziel geblieben war: unser Volk und unser Land vor dem Räuber und Plünderer zu retten, dem Wolf im Schafspelz, so wie meine Väter und Vorväter in aller Früh sich erhoben und ihren Hassern entgegengetreten waren, denn dem Muslim ist kein besserer Weg beschieden, als seinem Feinde von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, einen gezückten, rasiermesserscharfen Dolch gegen ihn zu schwingen, laut den Namen Allahs zu rufen und den Körper des Geschmähten aufzuschlitzen, doch wälzte ich diesen Gedanken die ganze Nacht, wie nämlich ich sein Urteil über ihn bringen sollte, sei es durch Gift, so müsste ich dieses bei den Apothekern in Jaffa erbitten, sei es mit Lanze oder Dolch, hätte ich diese von den Zigeunern zu erstehen, und wollte mit meinen zehn Fingern ich ihn erwürgen, müsste ich diese kräftigen und ertüchtigen, aber nach und nach festigte sich in mir ein Plan, da ich mich der Tage der Dschahiliya und der frühen Tage des Korans entsann und der noblen Männlichkeit und der Regeln und Verhaltensformen, die diese mit sich gebracht, und schon reifte in mir der Entschluss heran, wie ich diesen Feind würde niederstrecken können.
Und aus dem Entschluss, der mir endlich zuteilgeworden, offenbarte alsbald Vaters Geist sich mir in meinem Traum, doch nicht zornig und ungehalten war er, sondern entschlossen und hellsichtig wie einer, der über die Schwelle seines Schicksals geschritten, und Vater flüsterte mir zu: «Salach, diese Taten, über die du die ganze Nacht gesonnen, wollen mir gefallen», und ich hob meine Augen, ihn unverwandt anzublicken, und sagte mit trockener Flüsterstimme: «Vater, mit Allahs Willen werde ich dasGut erreichen und das Leben dieses Menschen nehmen», und der Geist senkte mit einem Anflug von Lächeln den Kopf, und ehe er verschwand, wies mit stummen Gesten er den Weg mir, sodass am Morgen ich mich erhob, um zu tun, wie er mir geheißen, und einen kleinen Pfad vor mir fand, der bald schon zu einem holprigen Fuhrweg wurde, und von dort gewahrte ich Frauen, die Körbe auf ihren Köpfen trugen, hörte das Meckern von Ziegen und die Pfiffe frecher junger Burschen, und ich rannte auf sie zu und rief: «Jaffa! Jaffa! Bringt mich nach Jaffa!», doch ich strauchelte, fiel auf den Bauch, und mein Mund füllte sich mit Staub, ehe mit letzter Kraft ich mich aufrappelte und eine Frau schrie: «Wasser, gebt dem Jungen etwas Wasser!» Und gute Menschen kamen, meine Lippen zu netzen, und gaben mir quellfrisches Wasser zu trinken, derweil traurig dreinschauende Kinder mich umstanden und ich abermals rief: «Jaffa! Jaffa!» Doch die Bauern, als verstünden meine Worte sie nicht, fuhren fort, mir Wasser zu reichen, um meine Seele zu beleben, bis ich mit frischen Kräften mich erhob und mit klarer, tönender Stimme sagte: «Mein Name ist Salach bin Mustafa
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