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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Rechten. Ich dachte, ein gutes Zeichen ist dies.

    Ich geleitete zu den sanft abfallenden Hügeln neben dem Wohnhaus ihn, zu den Bäumen, die nun prächtig, stolz und akkurat beschnitten standen, ihre Früchte eine um die andere gepflückt, dass gar die Nachbarn in der Deutschen Kolonie mit Neid sie beschauten.
    Der Junge ging mit gesenktem Blicke und hängenden Schultern wie ein Mensch, welcher sich seiner schändlichen Taten schämt.
    Ich fragte: «Warum weilst die ganze Zeit allein du in deinem Zimmer?»
    «Das ist meine Art», sagte er.
    «Trauerst um deinen Vater du noch?»
    «Sprich nicht über den Verschiedenen», sagte er.
    «Möchtest du Ball spielen mit mir?», fragte ich ihn.
    «Nein.»
    «Vielleicht lassen wir das hölzerne Schiffchen auf dem Teich segeln?»
    «Nein.»
    Ich sagte: «Hast bemerkt du die wundersamen Veränderungen, die auf dem Gute sich ereignet?», und wies auf die Eukalyptussetzlingedie ich dort gepflanzt. «Schau, Salach, was siehst du?»
    «Einen Krieg», sagte er. «Einen gewaltigen, blutigen Krieg.»
    «Was?», fragte erstaunt ich.
    «Du bist ein Jude», sagte er.
    «Wahrlich.»
    «Die Juden werden eines Tages die Araber mit Krieg überziehen.»
    «Was soll diese Rede?»
    «Eine Prophezeiung, die im Traum zu mir gekommen», erwiderte er.
    «Und weshalb werden einen Krieg sie anstiften?»
    «Um die Araber von ihrer Heimaterde zu vertreiben.»
    Ich verhielt unsere Schritte, beugte die Knie, um herabzulassen mich zu ihm, und sagte: «Ist es wegen dieser Imaginationen, dass du mich hassest?»
    «Ich hasse niemanden», sagte er.
    «Hast du vergessen», fragte ich, «all die guten Stunden, die wir Hand in Hand hier gegangen?»
    «Habe ich nicht», sagte er.
    «Salach», sagte ich, «dein Freund bin ich, dein Kamerad und Gefährte. All diese Gedanken und Gespinste in deinem Kopf kommen allein durch die Erschütterung über den Tod deines Vaters, Friede sei mit ihm. Obgleich du mir harsche Worte gesagt, verzeihe ich alles dir. Nur versprich mir, dass zu unseren Tagen wie ehedem wir zurückkehren und dass nicht ein Wort mehr über solche Grillen du sagst, denn du weißt, wie groß meine Liebe ist zu dir.»
    Der Junge blickte mich an, und Tränen füllten seine Augen.
    Ich breitete meine Arme aus.
    Er sah mich an wie ein Mensch, der in sein süßes Schicksalsich wohl fügt, und erlaubte seinem Körper, in die Umarmung zu sinken.

    Gleichwohl ich allen Bewohnern des Hauses aufgetragen hatte, mich in meinem Zimmer nicht zu stören, hat der Engel des Verderbens heut alle Regeln überschritten, als er die Treppe erklomm und an meine Türe klopfte, und als ich sein Klopfen vernahm, wusste ich, was ich zu tun hatte, ein kleines Messerchen zu nehmen, das von eigener Hand ich aus dem Ast eines getreuen Baumes geschnitzt, und es ihm zwischen die Augen zu rammen, über der Nasenwurzel, sein Hirn zu durchstechen und auf einen Schlag seinem Leben ein Ende zu bereiten oder wenigstens anzuschreien ihn ob seiner Komplotte und Intrigen, deren Niedertracht ich noch nicht gänzlich durchschaut habe, doch stattdessen, als die Türe sich auftat und der verwerfliche Engel dort stand mit seinem hohen Wuchs, seine lachenden, blauen Augen und seinen blonden Locken, überspülte eine Welle von Wärme meine Brust, denn wie konnte auch nur einen Anflug von Ärger ich empfinden gegen ein solch schönes und geliebtes Geschöpf? Der Engel fasste meine Hände und führte mich hinaus, von einem Horizonte unseres Gutes zum anderen, damit in meinen Nüstern ich die Salzigkeit des Meeres spürte und die plätschernden Wellen des Wadi Musrara auf meinen Wangen, derweil der gutherzige Engel des Verderbens fröhlicher Stimmung war, und nur einen Augenblick noch, und ich wäre gefallen, verführt, in das Netz seines Zaubers, als mit einem Male die Visionen eines künftigen Krieges mich wieder bestürmten und meine Seele erzittern ließen, ich mich des Anblicks entsann, wie sein bloßes Hinterteil über Mutter sich gehoben undgesenkt, und seiner Drohungen und der Suche nach dem
Kushan
, bis nur noch ein Rätsel mich umtrieb, ob er es gewagt, die Tat zu begehen, die nicht zu sühnen, ob er so weit ging, dass er sich blutschuldig machte und Vaters Leben genommen, ihn ermordet hatte? Ich betrachtete mit dem einen Auge ihn und dann mit dem anderen, in einem Augenblick erschien mir vorzüglich und tugendhaft er, im nächsten niederträchtig und verschlagen, und aus diesem Strudel verwirrender Gedanken kam mir eine eigene List, den

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