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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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von ihr, stolperte beinahe über meinen dort eingewickelten Körper, und als den Raum er verlassen, hastete zurück ich zu meinem Versteck im Faltenwurf der Vorhänge, zurück ins Reich der Finsternis und Schwermut, erklomm von dort die schwarzen, haarigen Äste des Baumes und kehrte zurück in das Zimmer meiner Kindheit, in dem stickige Luft und muffige Feuchtigkeit sich vermischten.

7. Januar 1896, Café Armon
    Derzeit sitze im Café Armon ich, dem Refugium des einfachen Volkes und seiner aus dem Munde stinkenden Säufer, doch die Liköre sind prickelnder und wohlschmeckender hier als bei der Konkurrenz. Vor einem Augenblicke oder deren zweie traf ich hier den Herren Wilder Ochs und hatte das Vergnügen, ein wenig seine Bekanntschaft zu machen. Kein Dichter ist er, sondern ein mittelloser Bettler. Er zeigte einige seiner Gedichte mir, in der hebräischen Sprache gefasste Strophen voller Pathos, jedoch notdürftig aneinandergereimt. Sei’s drum.
    Seinen Lebensunterhalt verdient er, indem den Kolonialisten er Poeme verfasst. Einmal erhielt für einen Hymnus auf die Kolonie Hadera eine Steckrübe er, ein andermal eine Bleibe für die Nacht in Mishmar Hayarden, im Zimmer einer elegisch dreinschauenden Kolonialistin. Ich sagte ihm, dass auch ich deren Bekanntschaft schon gemacht, und beide mussten herzlich lachen wir. Ich gewahrte, dass völlig verarmt er war, weshalb ich etwas Wodka und Gebäck ihm kaufte, wofür überschwänglich er mir dankte. Wir kamen überein, beizeiten uns wieder einmal zu treffen.
    Nun gedenke ich, den weiteren Verlauf der Ereignisse zu rekapitulieren, die mir am gestrigen Tage widerfahren.

    Auf Ersuch der Araberin und in dem Bestreben, ihre erschütterte Seele zu besänftigen, habe bereit ich mich gefunden, als Ökonom und Aufseher des Gutes zu fungieren und die ägyptischen Pachtbauern zu kujonieren. Dieser Tage ist Erntezeit, weshalb der Arbeit viel und nicht die Stunde für Müßiggang. Daher eilte zu den armseligen, kümmerlichen Hütten der Pachtbauern ich, um dieses Gesindel zu guten und segensreichen Taten anzuleiten. Die Bauern tumbe Ignoranten sind, ihre Augen stets weit aufgerissen in einer Mischung aus Stupidität und Idiotie. Zu jener Stunde saßen gerade in absonderlicher Haltung auf der feuchten Erde sie, ihre Knie nach außen gespreizt, und verspeisten grüne Hülsenfrüchte, die
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genannt und bei jedem Europäer, der davon kostete, eine Konvulsion der Gedärme hervorriefen, bis sich ihm der Magen umdrehte.
    Die Alten unter ihnen eilten, mich zu grüßen, da um meine Wohltaten auf dem Gut sie wussten. Die Frauen senkten furchtsam die Augen, und selbst die Jungen verstummten. Sogleich befahl allen Männern ich, auf die Füße zu kommen.
    Sie taten, wie ihnen geheißen, doch war unverkennbar, dass ihnen nicht wohl dabei, da die Augen sie verdrehten und die ganze Zeit über nach Dschinnen, Dämonen, Geistern oder weiß der Teufel was Ausschau hielten. Ich hielt einen Knüppel in der Hand, den durch die Luft ich schwenkte, und hieß sie, mir in die Obstpflanzungen zu folgen und das Pflücken anzugehen. Unverzüglich setzten in Gang sie sich. Denn die Araber lieben die Macht und leisten bedingungslos Gehorsam ihr. Nur gilt es, auf Schritt und Tritt ihnen die eiserne Faust zu zeigen, da andernfalls unverschämt sie sich gebärden und gegen die Herrschaft auflehnen.
    In den folgenden Stunden taten wir dem Gute alles, was für wenigstens zwanzig oder dreißig Jahre dort versäumt, vertieften alle Mulden um die Stämme, jäteten das Unkraut eines nach dem anderen und klaubten verderbliche Steine auf. Der Bäume dreiundvierzig, die von Krankheiten und Parasiten befallen, wurden in Brand gesteckt und zu Staub und Asche, ehe sie ihre ansteckende Pestilenz auf die anderen zu übertragen vermochten. Sämtliche Entwässerungsgräben wurden befreit von dem Unrat, der sich dort seit Generationen angesammelt, und hernach ausgebessert, alldieweil die Pachtbauern gar trefflich arbeiteten, da, obgleich dem Aberglauben verfallen, sie fleißig wie das Vieh auf dem Felde, wie der Ochs beim Dreschen, und sooft in ihre Augen ich schaut, die vor Dummheit überflossen, sah ein Aufflackern von Freude ich ob des guten und ersprießlichen Tagwerks, und dazu viel Erstauen über die Wunder und Mirakel, die sie, unter meiner Ägide, mit ihren eigenen Händen vollbracht.
    Am Abend begab zur Kammer der Araberin ich mich, um meiner Hände Werk zu preisen und zu rühmen und ihr zu zeigen, wie schön das Anwesen

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