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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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dachte Frances aufgebracht. Merkt sie denn nicht, daß es auch seine Wunden sind, in denen sie herumstochert?
    »Ich weiß es noch gut«, sagte Charles traurig.
    »John war der zärtlichste, aufmerksamste Ehemann, den man sich wünschen konnte. Das Leben war so wundervoll mit ihm. Ich werde nie unsere Hochzeit vergessen. Es war der schönste Tag meines Lebens. Ich hatte so viele Träume...«
    Ihre Stimme schwankte bedenklich. Frances konnte sich das hilflose Gesicht ihres Vaters vorstellen. Was tut man mit einer Tochter, die immerzu weint? Sicher zerriß es ihm das Herz. Seine kleine Victoria, sein Liebling...
    »Ich wollte Kinder. Eine richtige Familie. Ich hatte es mir so gewünscht.« Nun weinte sie wirklich. »Ich würde alles dafür geben, Vater, wenn ich ein Kind haben könnte!«
    »Du bist noch jung«, meinte Charles unbehaglich. Nach seinem Verständnis war das kein Thema zwischen Vater und Tochter. »Du hast Zeit. Eines Tages wirst du ein Kind haben.«
    »Wie denn?« Das kam scharf, fast hysterisch. »Wie soll ich ein Kind haben, wenn John ... seit er aus Frankreich zurück ist, hat er ... er hat nicht ein einziges Mal mit mir ... er faßt mich überhaupt nicht mehr an! «
    Frances konnte hören, daß Charles aufstand und im Zimmer umherging. »Lieber Himmel, Vicky! Das ist nichts, was du ... das solltest du nicht mit mir besprechen. Darüber mußt du mit deinem Mann reden.«
    »Das habe ich doch versucht. Fast jeden Tag. Aber er ist nur ausgewichen. Inzwischen wird er richtig ärgerlich, wenn ich damit anfange. Ich solle ihn in Ruhe lassen, sagt er.«
    »Wenn deine Mutter noch lebte ... sie könnte dir sicher einen Rat geben.«
    »Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Er liebt mich nicht mehr. Ich spüre das genau. Alles ist erloschen, was er je für mich empfunden hat.«
    »Vielleicht solltest du mit Frances darüber reden«, schlug Charles vor, ganz offensichtlich darauf bedacht, das Thema möglichst schnell von sich wegzuschieben. »Als Frau kann sie dir sicher...«
    Victoria lachte höhnisch auf. Ihre Tränen waren versiegt. »Als Frau! Vater, was redest du da? Ausgerechnet Frances hat doch von diesen Dingen überhaupt keine Ahnung. Was ist sie denn? Eine alte Jungfer ohne die geringste Erfahrung!«
    »Du solltest nicht so abfällig über deine Schwester sprechen!«
    »Wie soll ich denn sonst über sie sprechen? Verlange bitte nicht von mir, daß ich freundliche Worte für sie finde. Manchmal habe ich den Eindruck, sie ist die einzige von uns allen, die es gar nicht so schlimm findet, wie alles gekommen ist!«
    »Victoria, ich werde wirklich ärgerlich, wenn du weiterhin so über Frances sprichst«, sagte Charles. Er schien tatsächlich aufgebracht zu sein.
    »Du siehst doch, wie sie hier alles an sich gerissen hat«, verteidigte Victoria ihre Behauptung. »Sie spielt sich auf, als sei sie hier die Herrin. Wäre Mutter nicht gestorben, wäre George nicht ... sonderbar geworden, dann wäre ihr das nie gelungen. Sie bestimmt doch alles, was hier passiert. Sie hat eigenmächtig die Pacht gesenkt, damit die Bauern hierbleiben. Um fast die Hälfte gesenkt! Es ist mir schleierhaft, warum du ihr das durchgehen läßt!«
    »Aus dem Grund, den du gerade selbst genannt hast: damit die Bauern und die Arbeiter hierbleiben. Wir können die Farm anders nicht betreiben.«
    »Sie kauft Schafe. Rinder. Pferde. Sie fährt auf die Märkte und feilscht mit den Händlern, als sei sie eine Bauersfrau. Es ist geradezu peinlich. Autofahren hat sie auch gelernt, und nun holpert sie in der Gegend herum, sie sollte einmal daran denken, aus welcher Familie sie kommt! Sie macht uns ja alle unmöglich mit ihrem Verhalten! «
    Der alte Ledersessel am Kamin knarzte. Charles mußte sich wieder gesetzt haben.
    »Ich hätte Westhill längst verkaufen müssen, wenn sie nicht so hart arbeiten würde. Ich könnte das alleine nicht schaffen. Sie sichert mir ein ruhiges Alter in dem Haus, in dem ich mit Maureen glücklich war. Dafür muß ich ihr dankbar sein.«
    Dafür muß ich ihr dankbar sein ... Frances draußen grub die Fingernägel in ihre Handflächen. Daß seine Kälte noch immer so weh tat! Er hatte ihr immer noch nicht verziehen, gab nie die Distanz auf, die er zwischen sich und ihr errichtet hatte. Er zollte ihr höfliche Anerkennung. Mehr würde sie von ihm nicht bekommen.
    »Auf jeden Fall sieht sie inzwischen schrecklich aus«, konnte sich Victoria nicht enthalten, noch loszuwerden. »Hast du dir einmal ihre Hände

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