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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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dich auch immer einwandfrei benommen — wenn man von deinen nächtlichen Freßorgien einmal absieht!«
    »Marjorie! « sagte Frances scharf. »Du kannst dir deine Gehässigkeiten sparen! Es ist alles klar zwischen uns, nicht wahr?«
    »Es ist alles klar«, bestätigte Marjorie.
    Laura schluchzte auf.
    »Laura, hör auf zu weinen«, befahl Frances.
    Sie fühlte sich erschöpft und gereizt. Sie hatte ein schlechtes Gewissen; eine innere Stimme sagte ihr, sie dürfe Marjories Wunsch nicht nachkommen. Und zugleich verspürte sie nicht das geringste Bedürfnis, das Mädchen zum Bleiben zu nötigen. Im Gegenteil. Es würde eine Erleichterung sein, sie nicht mehr um sich haben zu müssen.
    »Ich kann nicht weg von hier«, weinte Laura. »Ich kann es nicht. Ich kann es nicht! «
    »Du kannst bleiben, solange du möchtest, Laura«, sagte Frances.
    »Aber ich kann doch Marjorie nicht alleine gehen lassen!«
    »Das kannst du sehr wohl«, sagte Marjorie kühl, »ich komme wunderbar zurecht, verlaß dich drauf!« Sie wandte sich an Frances. »Jeder hier wird denken, daß Sie mich hinauswerfen. Das sieht aus wie ein Schuldeingeständnis. So, als hätte ich wirklich ins Schwarze getroffen. Wie sagt man? « Altklug legte sie die Stirn in Falten. »Ein getroffener Hund bellt! «
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Überlege lieber noch einmal gut, was du tun möchtest. Willst du wirklich zu deinem Vater? «
    »Ja. Und wenn Sie nein sagen, reiße ich aus.«
    »Dann pack deine Sachen. Wir brechen morgen früh nach London auf.«
    »Ich fahre allein nach London.«
    »O nein, das tust du nicht. Deine Mutter hat mir die Verantwortung für dich übertragen, und deshalb werde ich dich ganz sicher nicht allein in der Welt herumreisen lassen. Ich werde dich entweder deinem Vater oder Mrs. Parker von der Fürsorge übergeben, und erst von dem Moment an ist dann meine Mission beendet! « Sie drehte sich um und verließ das Zimmer, Marjories haßerfüllte Blicke im Rücken und Lauras Weinen im Ohr.
    Unten an der Treppe stand Adeline. Ihre Miene verriet Empörung. »Das können Sie aber nicht machen, Miss Gray! Sie können das Kind nicht gehen lassen!«
    »Sie will gehen. Es ist ihr gutes Recht zu entscheiden, daß sie bei ihrem Vater leben möchte.«
    »Sie ist zu klein für eine solche Entscheidung. Sie sagt das doch jetzt nur aus Wut und Trotz! Ihr Vater ist ein Taugenichts. Ihre Mutter hätte bestimmt nicht gewollt, daß...«
    »Mir ist es lieber, ich bringe sie zu ihrem Vater, als sie reißt aus und gerät dann wirklich in Gefahr. So, und jetzt möchte ich davon nichts mehr hören.« Frances atmete tief durch. »Wo ist Victoria?«
    »Sie hat nichts gefrühstückt. Sie ist wohl noch in ihrem Zimmer.«
    Adeline war die fleischgewordene Mißbilligung. Es ging ihr wieder einmal gegen den Strich, daß die arme, kleine Vicky litt. Und Marjories Schicksal schien sie ebenfalls zu beschäftigen.
    An mich, dachte Frances verärgert, denkt wieder einmal niemand!
    »Ich bin jetzt im Eßzimmer«, sagte sie, »und mache dort die Buchhaltung. Immerhin habe ich ja auch nebenher noch die Farm zu leiten und kann mich nicht nur mit Familiendramen befassen.«
    Sie blockierte das Zimmer den ganzen Tag über, breitete Papiere, Bücher und Ordner über den Tisch aus und zwang die anderen, das Mittagessen in der Küche einzunehmen. Sie selbst erschien nicht, vergrub sich in ihre Arbeit, ließ sich nur von Adeline einen Kaffee bringen und sah nicht einmal auf, als die alte Frau mit dem Tablett erschien. Draußen regnete es ohne Unterlaß. Das Gewitter vom Vorabend hatte die wochenlange Schwüle beendet. Wenn man das Fenster öffnete, strömte frische, feuchte Luft herein.
    Am späteren Nachmittag erschien Laura mit vom Weinen verquollenen Augen. Wie sich herausstellte, litt sie unter dem Gefühl der Zerrissenheit, weil sie auf der einen Seite glaubte, mit Marjorie mitgehen zu müssen, andererseits fast verrückt wurde vor Angst, Westhill zu verlassen.
    »Können Sie ihr nicht noch einmal gut zureden, Frances?« bat sie. »Sie packt schon ihre Sachen. Sie ist meine kleine Schwester. Ich kann sie doch nicht im Stich lassen.«
    »Sie ist nicht so hilfsbedürftig, wie du denkst«, sagte Frances. »Sie kommt ganz gut zurecht. Und sie hat von Anfang an nicht hier sein wollen. Wahrscheinlich gefällt es ihr überall woanders besser.«
    »Ich verstehe sie nicht! Das hier ist doch die einzige Heimat, die wir häben! «
    »Das empfindest du so, Laura. Marjorie hat das

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