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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Gericht!«
    »Ich möchte wissen, was du vorhast«, beharrte Barbara unbeirrt.
    »Aber dabei bist du doch ein kleines Sensibelchen«, fuhr er fort. »Mich hat es erstaunt, daß du letzte Nacht wegen des Selbstmordes deines Mandanten geweint hast. Du bist nicht so cool, wie du immer tust. Leider.«
    »Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keine Lust, mir diese Charakteranalysen anzuhören. Die sind ja auch völlig irrelevant. Ich...«
    » Mich interessiert dein Charakter«, unterbrach er sie sanft. »Mich interessieren deine Untiefen, Barbara. Du interessierst mich. Im Grunde bist du eine Frau, die immer versucht, über den Dingen zu stehen. Unangetastet von dem, was uns Normalsterbliche so umtreibt. Und trotzdem habe ich gemerkt, daß du vom ersten Moment an scharf auf mich warst. Es muß dich erschüttert haben, eine so primitive Regung zu spüren. Aber immerhin hast du dadurch in der letzten Nacht den Himmel gehabt, von dem du vorher nicht einmal wußtest, daß es ihn gibt.«
    Sie lachte unecht. »Gib nicht so an. Es war schön — aber du solltest nicht denken, daß ich dir deshalb zu Füßen liege. Wenn überhaupt, verliere ich meinen Verstand immer nur für kurze Zeit.«
    Unten läutete das Telefon. Sie wollte sofort an Fernand vorbei zur Tür hinaus, aber er hielt sie am Arm fest.
    »Nein! Du bleibst hier!«
    »Laß mich los! Das kann Ralph sein!«
    »Es hat schon mehrmals geklingelt. Wer immer es ist, er wird wieder anrufen.«
    Barbara versuchte sich seinem Griff zu entwinden, aber es gelang ihr nicht.
    »Wenn es schon mehrmals geläutet hat, dann ist es bestimmt Ralph. Er wird sich sehr wundern, wenn ich mich nicht melde! «
    »Na und? Dann wundert er sich eben. Glaubst du, das interessiert mich besonders oder bekümmert mich gar?«
    Er wartete noch einen Moment, dann hörte das Klingeln auf. Er ließ Barbara los. Sie trat einen Schritt zurück und widerstand dem Bedürfnis, sich ihren schmerzenden Arm zu reiben.
    »Und wie soll das jetzt weitergehen?« fragte sie. »Soll ich hier in dem Zimmer eingesperrt bleiben, während du mit Hilfe von Alkohol deine verfahrene Situation zu vergessen versuchst?«
    Sein Blick war sehr ernst. »Es ist schade, daß du so feindselig bist. Wir hätten eine Menge Möglichkeiten, wenn du kooperieren würdest. «
    Sie erwiderte nichts, sah ihn nur verächtlich an.
    »Nun, ich dachte nämlich«, sagte Fernand, »daß wir...«
    Er hielt inne. Unten wurde die Haustür geöffnet. Jemand polterte in den Hausflur, trat sich lautstark die Stiefel ab.
    »Barbara! « Es war Ralphs Stimme. »Barbara, wo bist du? Ich bin wieder da! «
    »Es ist Ralph!« sagte Barbara. Sie wollte abermals aus dem Zimmer, aber Fernand packte sie wiederum am Arm.
    »Du bleibst schön hier«, flüsterte er.
    »Ralph, ich bin hier oben!« rief sie.
    »Es tut mir leid, daß es so lange gedauert hat. Ich habe es gestern einfach nicht mehr zurückgeschafft. Es ist unwahrscheinlich, wie hoch der Schnee liegt! Und in dem Sturm habe ich mich auch noch verlaufen. Ich bin bei irgendeiner ganz entlegenen Farm gelandet, stell dir vor! Dort konnte ich die Nacht verbringen, aber sie hatten leider kein Telefon. Ich hoffe, du hast dir nicht zu viele Sorgen gemacht? — Barbara?«
    »Antworte ihm«, befahl Fernand leise.
    »Ich habe mir so etwas schon gedacht«, rief Barbara hinunter.
    Sie fand, daß sich ihre Stimme komisch anhörte, gepreßt und unecht, zumal ihre Verletzung am Mund sie behinderte. Doch Ralph schien es nicht zu bemerken.
    »Aber sie haben mir eine Menge guter Sachen mitgegeben«, rief er hinauf. »Ich wette, du bist halb verrückt vor Hunger! Möchtest du nicht in die Küche kommen und dir alles ansehen?«
    »Er soll heraufkommen«, zischte Fernand.
    Er hielt immer noch ihren Arm fest. Aber selbst wenn sie sich hätte losreißen können — was hätte es genutzt? Wohin hätte sie laufen sollen?
    »Komm doch rauf!« rief sie.
    Nun wirkte Ralph verwundert. »Warum kommst du nicht runter ? Willst du nicht gleich etwas essen?«
    »Komm herauf!« wiederholte Barbara, und diesmal schien in ihrer Stimme etwas zu schwingen, das Ralph sofort veranlaßte, die Treppe hinaufzulaufen.

    Er war überrascht von dem Bild, das sich ihm bot. Barbara stand in der Tür und sah verheerend aus mit ihrem grünen Kinn und der dick geschwollenen, aufgeplatzten Lippe. Neben ihr stand Fernand Leigh und hielt ihren Arm fest.
    »Ralph kann jedenfalls nicht der Anrufer gewesen sein«, sagte er gerade.
    Ralph blieb auf der obersten

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