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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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richtig, dass du die Wahrheit erfährst.« Macu zögerte. »Du sollst wissen, dass deine Großmutter sehr tapfer war.« Sie nahm Emmas Hand. »Ich habe es geschafft, Rosa zu sehen. Sie hatten sie in das Ventas-Gefängnis nach Madrid gebracht. Sie transportierten die Flüchtlinge an den Ort ihrer Herkunft. Rosa stammte zwar aus dem Süden, aber ihre letzte Adresse war Madrid, deshalb kam sie dorthin. Dort war eigentlich nur Platz für fünfhundert Frauen, aber sie haben über fünftausend hineingesteckt, Mütter mit kleinen Kindern. Sie waren furchtbar grausam.«
    »Wo ich war, waren sie der Meinung, dass man Kinder von den Eltern trennen sollte«, sagte Fidel. »Sie haben mich meiner Mutter weggenommen.« Er schloss die Augen. »Ich weiß noch, wie ich mit den anderen Kindern durch den Hof, diesen eiskalten Hof lief und zu den Gitterstäben hochblickte – alle Mütter versammelten sich dort, drückten sich gegen die Fenster, versuchten verzweifelt, ihr Kind zu sehen. Ich war vielleicht vier, fünf Jahre alt. Meine Mutter hat mir so sehr gefehlt.«
    »Immerhin hatten die meisten dieser Frauen nichts getan«, sagte Macu. »Sie waren die Töchter oder Ehefrauen von Republikanern. Das war ihr einziges ›Verbrechen‹. Deshalb wurden sie nackt und mit rasiertem Schädel durch die Straßen gezerrt, gedemütigt, gequält, ins Gefängnis gesteckt.«
    Emma bat: »Erzähl mir, was mit Rosa geschah.«
    »Mir ist es nur gelungen, sie zu besuchen, weil sie dachten, sie würde sterben, nachdem sie das Baby verloren hatte.«
    Emma drehte sich zu ihr. »Das Baby?«
    »Sí.« Macu nickte. »Sie war wieder schwanger geworden, von Jordi. Sie waren zusammen gewesen, bevor er loszog, um in den letzten Schlachten des Krieges zu kämpfen.« Sie sah Emma an. »Ich erinnere mich noch an das Geräusch, das die Türen machen, die sich hinter mir schlossen. Ich hatte furchtbare Angst, nicht wieder hinauszukönnen. Die Toiletten quollen über von Exkrementen – Herrgott, war das ein Gestank. Nur das Weinen der Kinder war zu hören. Rosa erzählte mir, dass täglich fünf, sechs Kinder starben. Ruhr, Meningitis – Masern waren ein Todesurteil.«
    »Was war mit dem Baby?«
    Macu schüttelte langsam den Kopf. »Sie hat es im Gefängnis zur Welt gebracht. Kannst du dir das vorstellen, an diesem Ort ein neues Leben auf die Welt zu bringen? Rosa sagte, sie hätten ihr das Baby weggenommen, um es zu säubern – sie hatten ihr gesagt, es wäre ein Junge. Und dann wartete meine Freundin, meine liebe, tapfere Rosa, sie wartete und wartete, frierend, einsam und blutend. Schließlich kamen sie zurück und erklärten ihr, das Kind sei tot.« Macu versagte die Stimme, und eine Träne rann ihr über die Wange. »Er war tot geboren worden.« Sie zog ein Spitzentaschentuch aus ihrer Tasche und wischte sich das Gesicht ab. »Sie wollte die Leiche sehen, aber sie behaupteten, sie hätten ihn schon mit den anderen Kindern begraben.«
    »O Gott«, sagte Emma und legte sich die Hand auf den Bauch. »Arme Rosa.«
    »Vielleicht haben sie auch gelogen. Sie haben ständig Kinder weggenommen«, sagte Fidel. »Sie haben sie ›guten‹ Nationalistenpaaren gegeben, die sie aufzogen, damit sie den Generalissimo ehren.«
    Macu ballte die Faust um ihr Taschentuch. »Es ist zu vieles passiert. Rosa dachte, sie würde exekutiert werden, nachdem das Baby weg war – das hatten sie mit einer Frau gemacht, die sie kannte. Das Mädchen war von neun Polizisten vergewaltigt und dann zum Tode verurteilt worden. Sie warteten, bis das Kind geboren war, und erschossen sie zwei Tage später. Rosa sagte, das sei das Schlimmste gewesen, was sie während des gesamten Krieges mit angesehen hatte. Sie rissen ihr das Kind aus den Armen, und die Frau wurde, nach ihrem Baby schreiend, weggezerrt. Rosa war innerlich zerbrochen, als ich sie besuchte.«
    Emma hatte einen Kloß im Hals. »O Gott, das ist zu viel auf einmal. Wie kam sie denn heraus? Wie kam Rosa nach Mexiko?«
    »Ich habe ihr geholfen«, sagte Macu leise. »Als ich gesehen habe, was sie ihr angetan hatten … Sie hat erzählt, die Priester hätten gesagt: ›Ihr seid schlimmer als Huren. Ihr habt eure Kinder getötet, noch während sie geboren wurden.‹ Rosa war immer noch gläubig, ihr Glaube hat sie nie verlassen. Als der Priester das sagte, war sie zerstört. Sie dachte wirklich, ihr Kind wäre wegen ihr gestorben. Sie war innerlich völlig zerbrochen.« Macu knetete das Taschentuch zwischen den Fingern. »Ich wusste, sie

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