Das Haus der Tänzerin
ständig im Haus war, aber Macu hatte recht gehabt. Emma hatte unterschätzt, wie anstrengend die ersten Wochen mit einem Neugeborenen waren, und sie brauchte alle Hilfe, die sie bekommen konnte. Solé war ein nettes Mädchen. Lächelnd ließ sich Emma auf ihr Bett fallen. Sie streckte die Arme aus, genoss die neuen weißen Decken. Endlich fühlte es sich so an, als wäre alles in Ordnung.
Emma drehte den Kopf zur Seite, als ihr Handy piepste. Es war eine SMS von Freya: Ich wollte dich nicht auf der Feier stören, Em. Achtung: Delilah ist auf dem Weg. Emmas Magen krampfte sich zusammen, als sie weiterlas. Japaner wollen nicht ohne dich unterschreiben. Sie kommt, um dich persönlich zu überzeugen. Du hast alle Karten in der Hand. Alles Liebe für dich und den kleinen Mann. Kuss, F
Emma biss sich auf die Unterlippe und tippte eine SMS. Danke, Frey, Delilah kann sich zum Teufel scheren. Hab dich lieb, Em x
Sie zog sich langsam an, ließ sich Zeit mit ihrer Frisur und dem Make-up. Zum ersten Mal seit Monaten trug sie etwas anderes als eine Jogginghose und ihren alten Pullover. Wenn Delilah auf dem Weg hierher ist, dann ist es nur gut, wenn ich wieder unter die Lebenden gehe , dachte Emma. Sie hatte sich vor dem Zeitpunkt gefürchtet, wenn sie ihrer alten Freundin wieder gegenübertreten musste, hatte sich die Begegnung tausend Mal vorgestellt. Delilah würde ihre Lieblingsbluse aus grauer Seide, einen Bleistiftrock und Stöckelschuhe von Louboutin tragen und im Dunkeln stehen und rauchen, wie eine Heldin von Veronica Lake. Emma würde zweifellos ein T-Shirt mit Milchflecken und ausgeleierte Leggings tragen und sich die Haare nicht gewaschen haben.
Der Gedanke an Delilah hatte sie aus dem Konzept gebracht. Emma hatte seit ihrem Streit nicht mehr mit Freya gesprochen, aber jetzt wurde ihr bewusst, dass sie froh wäre, wenn sie da wäre, um ihr bei der Konfrontation mit Delilah zu helfen. Ich rufe sie morgen Vormittag an , dachte sie. So kann es nicht weitergehen. Emma holte ein paar Kleider aus dem Schrank. Irgendwie fand sie nichts Passendes. Sie ging ins blaue Zimmer, schaltete das Licht an und nahm das rote Kleid aus dem Schrank. Sie war genauso groß und hatte eine ähnliche Figur wie Rosa, und mit den zusätzlichen Rundungen nach der Schwangerschaft saß es wie maßgeschneidert. Mit zierlichen Stöckelschuhen und einem Spritzer von ihrem neuen Jasminparfum war sie bereit für die Nacht. Emma hob das Handgelenk an die Nase und atmete ein. Das Neroli in der Kopfnote war noch nicht ganz ausbalanciert, aber die Herznote, der cremige, sinnliche Indolduft des Jasmin machte ihr eine Gänsehaut im Nacken. Keine Eile … Sie dachte an den Brief ihrer Mutter über Parfum. Es braucht Zeit, einen großen Duft zu schaffen.
Marek stieß einen leisen Pfiff aus, als sie nach unten kam. »Mi amor …«, murmelte er.
»Emma, du siehst wunderschön aus«, sagte Borys und umklammerte seine alte Kappe. »Wir sind gekommen, um uns zu verabschieden. Wir übernachten heute im Gasthof in der Nähe des Busbahnhofs.«
»Ihr fahrt schon? Wollt ihr nicht mit zu dem Tanz kommen?«
»Ich bin zu alt zum Tanzen«, sagte Borys und streckte den Rücken durch.
»Ich komme vielleicht nach.« Marek trat vor und zeigte auf den Kaminsims. »Wir haben das Bild für dich aufgehängt. Wer sind die beiden? Das Mädchen ist sehr schön. Fast so schön wie du.«
»Das ist Rosa, meine Großmutter«, sagte Emma. Hitze stieg ihr in die Wangen. »Sie war natürlich viel jünger als ich.« Sie tat so, als würde sie sich auf das Foto konzentrieren, spürte aber, dass Marek sie immer noch ansah. »Danke«, sagte sie. »Was für eine schöne Überraschung. Ich hatte das schon lange vor.« Sie legte den Kopf schräg und lächelte Rosas schönes Gesicht an. Irgendwie hatte sie das Gefühl, das Haus sei fertig. »Ich kann es gar nicht glauben, dass das euer letzter Abend ist«, sagte sie, an Borys und Marek gewandt. »Ihr werdet mir fehlen.« Marek sah sie an. »Alle beide«, sagte sie vorsichtig. »Wo wollt ihr jetzt hin?«
»Nach Sopot«, sagte Marek. »Wir fahren jetzt nach Hause.«
»Das freut mich für euch. Seid ihr froh?«
Er zuckte die Schultern. »Es ist eine hübsche Anlage, in der Nähe von Gdansk. Vielleicht kommst du ja eines Tages mal vorbei?« Er streckte ihr die Hand entgegen. »Wir haben eine letzte Überraschung für dich.« Er führte sie hinaus in den Hof. »Okay!«, rief er. Borys legte einen Schalter im Glockenturm um. Die
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