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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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mein ganzes Leben damit verbracht, mich um Liberty zu kümmern, um Emma, um die Firma …«
    »Genau. Die Mädchen haben dich jung gehalten.«
    »Im Gegensatz zu dir.«
    Charles schnitt eine Grimasse. »Diese Bemerkung werde ich geflissentlich ignorieren.« Er blickte sie aus dem Augenwinkel heraus an. »Willst du nicht vielleicht in das Haus in Cornwall ziehen?«
    Freya schüttelte den Kopf. »So leicht wirst du mich nicht los.«
    »Es gefällt dir doch sehr dort unten, und es besteht keine Notwendigkeit …« Charles stockte der Atem, als er einen kurzen Blick auf den Flachbildschirm über dem Kamin warf. Er schlurfte hinüber und stellte lauter. »Seid mal still!«, rief er, und die Nachrichtenbilder der BBC spiegelten sich schimmernd auf seiner Brille.
    »Was ist los?« Freya war als Erste bei ihm. Sie betrachtete entsetzt, wie Rauch aus dem World Trade Center aufstieg. »O Gott, nein!« Sie presste sich die Hände auf den Mund, als ein weiteres Flugzeug in den zweiten Turm krachte.
    Emma kam herbeigerannt. »Ich verstehe das nicht. Was ist los?« Sie legte den Arm um Freya. »Joe ist dort«, sagte sie, und ihre Stimme versagte. »Vor einer halben Stunde habe ich mit ihm gesprochen. Er ist im Nordturm.«

7

    Madrid, November 1936
    »Hugo!«, rief Charles und rannte los, um ihn einzuholen. Die 11. Internationale Brigade marschierte durch die Gran Via, und Charles gesellte sich zu den britischen MG-Schützen und den Deutschen des Edgar-André-Bataillons. Im Licht des Winters leuchtende Neonschilder flackerten entlang der Straße, während die Madrileños ihnen zujubelten. »Wie war das Mittagessen?«
    »Es gibt keinen besseren Appetitanreger als ein paar Granaten vor dem Essen.« Er wandte Charles sein bleiches, müdes Gesicht zu. »Hast du Fotos machen können?«
    Charles schüttelte den Kopf. »Ich dachte, die Zeitung mag vielleicht ein paar Aufnahmen von ganz normalen Männern und Frauen …«
    »Und du hast keine gefunden?« Hugo lächelte.
    »Was gibt’s Neues?«
    »Die Faschisten rücken in die Universität vor«, sagte Hugo, der an Charles’ Seite marschierte.
    »Dann ist es ja gut, dass die Brigaden hier sind«, sagte Charles und verlagerte das alte sowjetische Gewehr, das ihm über die Schulter hing. »Die Elfte sollte sie vertreiben.« Aus der Nähe hörten sie Marschgeräusche, Rufe, Gesang, laute Autohupen. Aber jenseits dessen ertönte der Lärm der Schlacht – Gewehre, Maschinengewehre, Mörser. Sie kamen immer näher an die Front.
    »Hast du genug Filme?«
    Charles betrachtete die eckigen, würdevollen neuen Universitätsgebäude vor ihnen, die sich gelb und rostrot von dem fernen Himmel abhoben, wo bereits der Rauch des Krieges zu sehen war. »Ich hoffe, sie reichen. Warte«, sagte er dann zu Hugo. Während die Männer weiter Richtung Front marschierten, richtete Charles das Objektiv seiner Kamera auf die leeren, maskenhaften Gesichter einer toten Mutter mit ihrem Kind, die nebeneinander an den Straßenrand gelegt worden waren.
    »Was machst du da?« Ein spanischer Milizsoldat packte ihn am Kragen. »Geier! Ihr seid widerwärtig, ihr von der Zeitung.« Er spuckte ihn an.
    Charles blickte ihn an, ohne ihn zu sehen, während ihn Hugo am Arm nahm und fortzog. »Meine Arbeit«, sagte er. »Ich mache nur meine Arbeit.«
    Bei Sonnenuntergang zogen die Schatten von Tauben über die Toten. Charles kam es vor, als hätte sich der Höllenschlund geöffnet. In der wütenden Schlacht hatte er Hugo verloren. Er musste hier weg, die Pressewagen würden bald für die Nacht aufbrechen. Blindlings rannte er los, um sich in einem Türrahmen zu verstecken, als er hinter sich Querschläger hörte. Er kauerte sich hin, Schweiß und Rauch brannten ihm in den Augen, sein Herz klopfte. Er umklammerte den Schaft seines Gewehrs, überprüfte die Munition und schob mit der Schulter die Tür auf.
    Ihn packte die blanke Angst. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er musste sich in Sicherheit bringen. Geduckt lief er von einer Deckung zur nächsten. Mit dem Kopf voran hechtete er in das nächste Erdloch, als es im selben Moment ganz in der Nähe zu einer gewaltigen Explosion kam. Die Erde um ihn herum spritzte hoch, und die gewaltige Druckwelle traf ihn wie ein Schlag gegen die Brust. Er kauerte sich hin, vergrub den Kopf zwischen den Knien. »Jesus!«, rief er und machte sich vor Entsetzen in die Hose.
    Die Nachtluft war schneidend kalt, und seine feuchte Kleidung stank. Sehnsüchtig dachte er an sein Hotelzimmer. Hugo

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