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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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wenig fehlte. Ihr Lieblingsparfum – die anderen standen halb voll auf ihrem Schminktisch. Ihre besten Slips, alte Jeans und Stiefel, die Lederjacke, die sie beide immer wieder getragen hatten, obwohl sie ihr viel besser stand als ihm. Er warf einen Blick auf ihren Nachttisch. Sie hatte das Bild von ihnen beiden zurückgelassen, von der Party in der Nacht, in der sie sich zum ersten Mal geliebt hatten, aber das Babyfoto, auf dem ihre Mutter sie in den Armen hielt, hatte sie mitgenommen. In dem silbrigen Staub glänzte ein kleines dunkles Mahagonirechteck. Sie hatte das Beste aus ihrem Leben mitgenommen und war verschwunden. Sie reiste mit leichtem Gepäck.
    Die Woche in Cornwall hatte ihr gutgetan. Emma fühlte sich wieder mehr wie sie selbst, dachte sie, als sie auf den Felsen kletterte, den sie immer als den ihren bezeichnet hatte, und aufs Meer blickte. Zwischen den Wolken drangen Sonnenstrahlen hindurch und beleuchteten die Brandung. Der Schmerz hatte nachgelassen, das spürte sie, als sie sich fester in ihre Lederjacke hüllte. Das Baby trat zu, drückte gegen ihre Hand. Sie rieb sich den Bauch, dachte an den Abend ihrer Ankunft. Am ersten Abend am Strand hatte sie immer wieder Joes Namen in den Wind gerufen, geschüttelt von Weinkrämpfen, während sie ihn losließ, alles losließ, worauf sie einst gehofft hatte. Die salzige Luft hatte ihr ins Gesicht gepeitscht und sich mit ihren Tränen vermischt. »Warum?«, rief sie laut. »Warum ich? Warum er? Warum wird mir Joe weggenommen?« Sie war zurück in das kleine Häuschen getaumelt und hatte nach dem Schlüssel gesucht, den Freya unter einem Stein neben der Hintertür versteckt hatte. Auf der Schwelle fand sie eine Flasche Milch und einen Topf mit noch warmer Suppe. Durch ihre Tränen hindurch lachte sie. Freya hatte offensichtlich die Nachbarn angerufen und sie gebeten, ein Auge auf sie zu haben.
    Bin ich derart berechenbar?, fragte sie sich. Sie vergrub das Gesicht in ihrem weichen rosa Schal, atmete den warmen, weißen Blumenduft von »Chérie Farouche« ein. Emma zog einen von Libertys Briefen aus der Tasche. Sie hatte ihn für ihren letzten Morgen aufgehoben. Als sie in der Hütte angekommen war, hatte sie die Briefe auf dem alten Küchentisch ausgelegt, sich hingesetzt, die Überschriften angesehen und sich überlegt, welchen sie als Erstes aufmachen wollte. Auf dem siebten Brief stand »Für einen Notfall«, und sie hatte gezögert. Nein. Den hebst du lieber auf. Sie hatte in sich hineingelächelt und stattdessen einen anderen ausgewählt. In der geschwungenen Handschrift ihrer Mutter stand dort »Über die Familie«. Emma drehte ihn um und riss ihn auf.
    Em, so wie ich dich kenne, wirst du diese Briefe einige Zeit nicht geöffnet haben. Dir war die Vorfreude auf eingewickelte Päckchen immer lieber, und du hast jedes Geschenk genossen. Du bist nicht ganz so schlimm wie Freya, die noch heute jedes Blatt Geschenkpapier aufhebt, um es wiederzuverwenden, aber ich glaube, sie hat dir beigebracht, wie viel es wert ist, jeden Augenblick zu genießen. Das ist etwas, das ich zu spät begriffen habe.
    Weißt du noch, als du mit ungefähr sieben Jahren einen ganzen Schwarm von Charles ’ Schmetterlingen freigelassen hast? Du dachtest wahrscheinlich, du tust ihnen einen Gefallen, wenn du sie in die Freiheit entlässt, aber natürlich waren es tropische Schmetterlinge, und Charles war außer sich. Du warst überhaupt kein unartiges Kind. Ich war, im Gegenteil, froh, dass du einmal etwas so untypisch Spontanes angestellt hattest. Damals sagte ich dir, dass du aus deinem Fehler lernen sollst und die Lektionen, die das Leben für dich bereithält, selbst entdecken musst, das kann dir niemand beibringen. Du hast geantwortet: » Das ist gemein, Mum. Was sind das denn für Lektionen? « Ich glaube, du musst sie immer noch entdecken, aber da ich selbst nicht mehr da sein werde, um dich zu führen, versuche ich, dir in diesen Briefen etwas über die Lektionen zu erzählen, die ich gelernt habe.
    Ich hoffe, du hörst vielleicht gerade Sister Sledge, wenn du das liest. » We Are Family « – erinnerst du dich? Wir haben ständig zu diesem Song getanzt. Wir sind eine Familie aus Frauen – und Charles natürlich. Ich habe es immer bedauert, dass dein Vater sich für eine durchschnittliche Familie, einen Kombi und eine Frau, die bügelfreies Nylon trug, entschieden hat statt für dich und mich, aber was konnte ich tun? Du kannst darauf wetten, dass ich mir den

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