Das Haus der Tänzerin
Luca, »du hattest so viele Freundinnen.«
»Luca!« Paloma legte schützend den Arm um ihren Mann und zog eine Grimasse.
»Ach, jetzt gibt es nur ein Mädchen für mich«, sagte Olivier und küsste sie auf die Stirn. »Aber andererseits …«
Emma spürte Dolores’ schweigende Missbilligung, die sich über den Tisch schlängelte wie Stacheldraht.
»Haben Sie keinen Hunger?«, fragte Dolores.
»Vielen Dank, es war köstlich. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so viel gegessen habe.« Die Mandeltorte hatte sie endgültig besiegt, und Emma schob ihren Puddingteller weg. Sie lächelte, als die Kinder nach draußen rannten. Immaculada war in ihrem Stuhl am Kopf des Tisches eingenickt und schlummerte zufrieden. Ihre Lippen bewegten sich im Schlaf. Die Sonne stand tief über den Orangenhainen, warmes Licht drang durch die Türen auf die Terrasse und vergoldete die silbernen Kerzenhalter auf dem Tisch, als Dolores die Dochte mit einer langen Wachskerze anzündete. Emma fühlte sich in ihrer Gegenwart immer noch unbehaglich, aber als Dolores sich vorbeugte, um die Kerze vor Emma anzuzünden, hatte sie das Gefühl, sie sollte etwas sagen. »Das war ein wunderbares Essen«, wagte sich Emma vor. »Das Hühnchen war perfekt, und ich habe noch nie so köstliche Paella gegessen.«
»Das war keine Paella«, wurde sie von Dolores korrigiert. »Das war arroz negro – Reis mit Tintenfischtinte.«
»Ah – deshalb ist er schwarz.« Emma lächelte. »Das Rezept hätte ich gerne.« Sie trank einen Schluck Wasser, während eines der Mädchen die Puddingteller wegtrug. »Und, Señora, wird Ihre Familie mir helfen können?«
Dolores schüttelte den Kopf, als sie sich wieder setzte. »Unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich«, sagte Olivier, während er ihnen Wein nachschenkte. Emma fand ihn vom ersten Moment an sympathisch. Er war umgänglich, charmant und hatte eine Knollennase. Es war offensichtlich, dass er seine schöne Frau immer noch anbetete.
»Es ist so: Ich fange gerade von vorn an«, erklärte Emma ruhig. »Ich will diese ganzen … Komplikationen loswerden. Ich möchte nur mit den besten Lieferanten zusammenarbeiten.« Sie hielt Dolores’ Blick stand und schaute von ihr zu Luca hinüber. »Ich habe gehört, ihr seid die Besten. Kannst du mir etwas über die Orangenbäume erzählen?« Emma beugte sich zu ihm vor.
»Was willst du denn wissen?«, fragte Luca.
»Alles. Ich liebe sie. Die Orangen sehen so unwirklich aus, wenn man über die Plantagen blickt, wie eine Kinderzeichnung, und der Duft …«
»Nun, die feinsten Blüten kommen von unseren Hainen im Süden Spaniens. Nach zehn Jahren ist die Blüte am besten, und der Höhepunkt ist erreicht, wenn der Baum knapp dreißig Jahre alt ist.«
Emma widerstand der Versuchung, zu sagen: »Genau wie ich.«
»Jeder Baum liefert etwa fünf bis fünfundzwanzig Kilo Blüten pro Jahr. Ein Arbeiter kann acht bis zwanzig Kilo pro Tag pflücken.«
»Was für ein wunderbarer Beruf.«
Luca schüttelte den Kopf. »Nein, das ist harte Arbeit, sie erfordert Zeit und ist teuer.«
»Ihr wisst wahrscheinlich, dass Neroli entspannt. In den Hainen spazieren zu gehen, das ist angeblich wie …,«, Olivier hob die Finger an die Schläfen, »wie Zen-Meditation. Vielleicht sind die Menschen hier deshalb so entspannt.«
»Wir haben viele unterschiedliche Sorten«, sagte Luca, »und zwar in ganz Spanien. Im Süden besitzen wir Land in der Nähe von Sevilla – diese Bäume liefern den besten Duft. Die Blüten riechen wahnsinnig süß, aus ihnen wird das Neroli extrahiert. Aus den Blättern und Zweigen wird Petitgrain gewonnen, und Bitterorangenöl aus den Früchten.«
»Perfekt. Darf ich eine kleine Bestellung aufgeben?«, fragte Emma.
»Es war ein gutes Jahr.« Luca nahm die Weinflasche von Olivier entgegen und schenkte seiner Mutter nach, bevor er sich selbst eingoss. »Für unsere Stammkunden haben wir mehr als genug. Wo ist dein Labor?«
»Labor?« Emma dachte an die sterilen Labors, in denen sie in Paris gearbeitet hatten. Sie lachte. »Ich arbeite zu Hause in meiner Küche. Ich habe gar keinen Platz für die ganze Ausrüstung – Destillen, Enfleurage-Rahmen, Pressen, diese Prozesse muss ich in Auftrag geben …«
»Ich kenne jemanden, der dir dabei helfen kann«, sagte Paloma. »Wie wär’s mit Guillermo?«, fragte sie Luca. »Seine Mutter will sich doch angeblich zurückziehen und in den Ruhestand gehen?«
Luca lächelte. »Ich rede mit ihm.« Er sah seine
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