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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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Wochenendausflüglern und flirtenden Teenagern, die am Ende der Gänge über Kopfhörer Musik hörten. Über dem Rhythmus des Dancetracks, der aus den Lautsprechern drang, hörte er Emmas Stimme.
    »Er wohnt nicht mehr bei seiner Mutter …« Sie lachte. Luca schaute um die Ecke. Emma hatte das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt und suchte in der Jazzabteilung. »Die Schürzenzipfel sind hier ziemlich lang, eher wie Verlängerungskabel … Ich finde es toll, so eine große Familie.«
    Luca lächelte. Ihre Stimme wurde schwächer, deshalb folgte er ihr in geringer Entfernung und achtete darauf, dass sie ihn nicht entdeckte. »Er ist kein Muttersöhnchen, Freya. Ich weiß, du hast gesagt, jeder Spanier hält sich von Geburt an für einen kleinen Gott.« Er lehnte sich gegen die Säule, verschränkte die Arme und lächelte amüsiert. Emma nahm eine CD und las den Text auf der Rückseite. Sie trug einen schwarzen Mantel und flache Stiefel, die braune Ledertasche hatte sie über die Schulter gehängt. Die Haare waren im Nacken mit einem rot lackierten Holzstab zu einem Knoten gesteckt. Luca stellte sich vor, wie er ihn herauszog, mit den Händen durch ihre glänzenden Haare fuhr.
    »Ich weiß, ich weiß. Es ist das Letzte, was ich jetzt gerade brauche.« Sie legte die CD zurück. »Ich will keine Beziehung. Er ist sowieso nicht interessiert an mir. Nicht im Geringsten. Ich meine, sieh mich an. Wer würde sich das alles antun wollen? Ich …« Sie seufzte. »Ich mag ihn. Bei ihm fühle ich mich …« Sie rieb sich die Schläfe. »Ich weiß nicht. Es ist so lange her.« Emma rückte ihre Tasche zurecht. »Von Joe gibt es immer noch keine Nachricht?« Sie hielt inne. »Ich kann es nicht fassen, dass es überhaupt keine Spur von ihm gibt.« Luca schaute sie ernst an, als sie auf den 11. September zu sprechen kam. Er spürte, wie frisch ihre Trauer war. »Halte mich auf dem Laufenden, wenn ihr etwas hört, egal, was.«
    Als Kind war Luca der festen Meinung gewesen, die Welt sei nur eine Illusion, ein Zaubertrick, und sie könne jederzeit verschwinden. Diese Philosophie lag ihm schwer im Magen wie unreife Pflaumen, und wenn er nachts allein im Bett lag und ihn die Schrecken der Spätnachrichten, das Bild von Emmas lächelndem Gesicht oder seine eigene Einsamkeit zu überwältigen drohten, schloss er immer noch ganz fest die Augen. Er wusste, was sie empfand.
    Luca ging auf sie zu. Emma bückte sich gerade zu den englischen Büchern im untersten Regal. Er streckte die Hand aus und versetzte ihr einen sanften Klaps auf den Po. Ihre wütende Miene erhellte sich, als sie ihn sah.
    »Tut mir leid, ich konnte nicht widerstehen«, sagte er.
    »Versuch’s nur!« Sie lächelte unwillkürlich, als sie ihn auf die Wange küsste. »Das ist ja eine Überraschung.«
    Luca zuckte die Schultern. »Ich hab dir ja gesagt, das ist ein kleiner Ort. Da trifft man ständig jemanden.« Er nahm ihr das Buch aus der Hand. Schmetterling und Taucherglocke? Das ist sehr gut.«
    »Du hast es gelesen?«
    »Olivier arbeitet hart daran, dass mein Gehirn hier unten nicht verkümmert.« Er lächelte. »Er versorgt mich immer mit Lesetipps. Er hat mehr über Literatur, Philosophie und Politik vergessen, als ich je wissen werde.«
    »Ich glaube, du bist zu bescheiden. Paloma hat gesagt, du hast Olivier an der Sorbonne kennengelernt.«
    »Hat sie das gesagt? Das ist schon lange her.« Er steckte die Hand in die Tasche. »Mein Vater war Franzose. In Paris zu studieren, fand ich damals reizvoll.«
    »Er war Franzose? Warum nennst du dich dann de Santangel?«
    »Mein Name?« Luca zuckte die Schultern. »In Spanien nimmt man den Namen der Mutter und des Vaters an, aber hier bedeutet de Santangel viel. Nachdem mein Vater uns verlassen hat, hat meine Mutter seinen Namen ohne viel Aufhebens abgelegt.«
    »Er hat euch verlassen? Das tut mir leid.« Emma dachte nach. »Ich weiß, wie es ist, ohne Vater aufzuwachsen.«
    »Es war in Ordnung. Wir hatten hier immer viel Familie – ich habe meinen Großvater Ignacio geliebt. Er war ein guter Mann und mehr Vater für mich, als mein eigener es war.«
    »Dann hattest du Glück.« Emma ging weiter und betrachtete ein Plakat, das Jazz in Paris ankündigte, ein Schwarz-Weiß-Bild von einem Liebespaar, das sich unter dem Eiffelturm umarmt. »Wow … Paris. Dort hätte ich gerne studiert. Aber Mum wollte, dass ich in den Familienbetrieb einsteige. Nach meiner Ausbildung in Grasse hat sie mich nach Amerika geschickt. Ich glaube,

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