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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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Menschen denkt, die allein bei dieser Schlacht getötet wurden, kommt es einem ungerecht vor, am Leben zu sein.«
    »Gerda, er hat recht. Wir haben getan, was wir konnten. Lass uns hier abhauen, zum Teufel.« Ted zerrte sie hoch, schützte sie mit seinem Körper und hängte sich die Kamera über die Schulter. Er wandte sich Charles zu. »Und? Kommst du?«
    Charles sprintete keuchend hinter ihnen her. Er rannte blindlings weg von der Front, zwischen den Toten und Sterbenden hindurch, stolperte über verrenkte Körper. Es kam ihm vor, als würden sie durch einen Glutofen laufen, eine Vision der Hölle, die viel schlimmer war als alles, was Goya je gemalt hatte. Er rannte schneller und holte Ted und Gerda ein, als sie die Straße nach Villanueva erreichten. Panzer und Jeeps holperten auf dem Rückzug über den zerfurchten Boden. Einer der Panzer fuhr langsamer, damit die drei aufspringen konnten.
    »Sobald wir hier durch sind, ist der Weg nach Madrid frei«, brüllte Ted.
    Charles schloss die Augen. Er zitterte vor Angst. Der Panzer fuhr mit einem Ruck auf die Hauptstraße.
    »Da drüben!«, rief Gerda. »Das ist Walters Auto.«
    Sie sprangen ab und rannten an einem weiß gekalkten Bauernhaus vorbei auf das Auto zu. Ted fragte, ob sie bis El Escorial mitfahren könnten. Wolken zogen träge über den kobaltblauen Himmel. Charles sah, dass das Auto bereits voll mit verwundeten Soldaten war. Gerda und Ted waren vor ihm. Gerda rannte geduckt zu dem Auto und sprang auf das Trittbrett. Ted sprang auf der anderen Seite auf. Mit triumphierender Miene drehten sie sich zu Charles um. Mein Gott, dachte er, sie sind in ihrem Element. In diesem Augenblick begriff er, dass er nie Teil ihrer Welt sein würde.
    »Pech gehabt, Charles!«, schrie Ted.
    »Wir sehen uns im Hotel, Charles. Ich muss diese Bilder nach Paris schicken«, rief Gerda. »Heute Abend gibt es eine Abschiedsparty in Madrid – ich habe Champagner mitgebracht!« Sie winkte ihm zu und lächelte strahlend.
    »Gerda!«, brüllte Charles und gestikulierte wie verrückt.
    Sie lachte und winkte.
    »Gerda!«, schrie er. Er konnte nichts tun. Ein außer Kontrolle geratener Panzer raste auf das Auto zu und rammte Gerda. Er sah hilflos zu, wie sie zerquetscht und zur Seite geworfen wurde wie eine Stoffpuppe. Ted wurde mit baumelnden Gliedmaßen durch die Luft geschleudert, das Auto wurde zerdrückt wie ein Blechspielzeug und über die Straße geschoben.
    Eine donnernde Phalanx von Flugzeugen steuerte auf sie zu. Jemand packte Charles am Arm und zerrte ihn zum Graben. Er kauerte sich hin, während die Kugeln um sie herum herabregneten und in den Boden eindrangen. Über den Lärm hinweg hörte er Gerdas Schreie. Und er konnte nicht zu ihr. Ted rief ihr etwas zu, er konnte sich nicht bewegen. Charles blinzelte, in seinem Kopf tanzten Lichter. Er rollte sich zusammen, versuchte verzweifelt, nicht ohnmächtig zu werden, zwang Luft in seine Lunge. Am liebsten hätte er sich übergeben.
    Um ihn herum kletterten die Leute aus den Gräben, als sich die Flugzeuge entfernten. Er kämpfte sich zitternd auf die Füße. Eine Gruppe von Männern hob Ted auf eine Bahre. Seine Beine hingen hilflos herunter.
    »Meine Beine!«, rief Ted. »Ich kann meine verdammten Beine nicht bewegen. Gerda!« Charles rannte zu ihm hinüber. »Wo ist sie? Charles, such sie.« Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Charles nickte. Ein Stück weiter vorn war ein Krankenwagen, und auf einer Bahre ragten zwei vertraute kleine Füße unter einem Laken hervor. Er rannte hin. Ihm war übel vor Angst, was ihn erwarten würde.
    Es war Gerda. Sie war bleich. Die Hände hatte sie auf den Bauch gelegt, dunkles Blut tränkte das Laken. Charles spürte, wie ihm die Galle hochstieg, als sie eine Decke über sie legten. »Charles«, flüsterte sie und lächelte ihn an. »Wo sind meine Kameras? Weißt du es? Sind sie kaputt …«
    »Ich weiß es nicht.« Er kämpfte gegen Tränen an, als er sich bückte und sie auf die Stirn küsste. »Mach dir keine Gedanken deswegen. Ich suche sie, versprochen.«
    »Es waren meine besten Bilder, weißt du.« Dann wurde sie ohnmächtig.
    Hilflos beobachtete er, wie sie Gerda in den Krankenwagen luden und losrasten. Charles stand völlig allein in einem Strom von Menschen und Fahrzeugen, die sich nach Madrid zurückzogen.
    »Gerda«, flüsterte er, »Gerda …«

32

    Valencia, Januar 2002
    Luca durchstöberte die CD-Regale im FNAC. Es herrschte reger Betrieb in dem Laden, er war voll mit

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