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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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Haare aus dem Gesicht. »Hey«, sagte sie, »es tut mir leid.« Charles blieb stehen und wandte sich ihr zu. Sie standen ganz allein da, nur der Sommerregen trommelte auf den Dächern. »Du siehst sehr gut aus«, sagte sie sanft. »Deshalb hat er dich gebeten, auf mich aufzupassen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Er glaubt, du bist zu anständig, um etwas anzustellen, jetzt, wo du mein Beschützer bist. Er hat gesehen, wie ich dich neulich abends angesehen habe …«
    »Aber warum? Ihr seid offensichtlich zusammen, ich würde nie …«
    »André und ich sind zusammen, das ist alles – copains . Klar, er hat mich hundert Mal gefragt, ob ich ihn heiraten will, aber ich weiß nicht, ob ich schon sesshaft werden möchte …« Sie sprangen auf den Gehsteig, als ein Lastwagen vorbeidonnerte, und Gerda lief lachend in den Eingang eines Ladens. Charles fand, sie strahlte eine Leichtigkeit aus, wie er sie noch nie bei jemandem erlebt hatte. »Sollen wir kurz warten? Es hört sicher bald auf zu regnen.« Sie fröstelte, als sich Charles neben ihr unterstellte.
    »Willst du damit sagen, du glaubst an die freie Liebe?«
    Gerda lachte. »Du bist lustig. Ihr Engländer seid so formell.« Sie blickte zu ihm auf, war so nahe, dass er ihren Atem auf der Wange spürte. »Ich glaube an die Liebe, das Leben und an das Streben nach Glück.« Mit dem Zeigefinger berührte sie sein rechtes Augenlid, strich ihm mit der Fingerspitze über die Wimpern – dann das linke. Sie strich über seine Lippen. Verlangen stieg in ihm auf – es war, als hätte ihn ihre Berührung fürs Leben gezeichnet.
    »Gerda, wir können doch nicht …« O Gott, hör nicht auf, bitte hör nicht auf, dachte er. »Du bist Capas Freundin.«
    Gerda lachte. »Verstehst du denn nicht? Ich bin Capa – zumindest zur Hälfte. Ohne mich wäre André nicht Capa.«
    »Du verwirrst mich.«
    »Capa ist mehr als André, mehr als ich. Capa wird eine Legende sein.«
    »Du meinst, er ist eine Erfindung?«
    »Ganz genau. Wir haben den größten Kriegsfotografen der Welt erfunden und die Preise erhöht. Es hat funktioniert.« Sie lachte. »Und was André betrifft, ich weigere mich, die Frau eines einzigen Mannes zu sein, so wie er nicht der Mann einer einzigen Frau ist. Er hält es nicht aus, allein zu sein – ich habe keine Illusionen über die Zeit, wenn wir getrennt sind.«
    Ein Schatten glitt über ihr Gesicht, so flüchtig wie eine Wolke, die an der Sonne vorbeizieht. »Aber du liebst ihn?«
    »Lieben?« Sie lachte. »Natürlich liebe ich ihn. Aber nach dem Schriftstellerkongress fährt André nach Paris, und ich komme hierher zurück, um bei der Alianza zu bleiben.« Sie zögerte. »Ich stelle mir keine Sekunde lang vor, dass er in Paris einsam sein wird. Warum sollte ich dann hier einsam sein?« Als sie näher kam, trat Charles ein wenig zurück. Er wollte nicht, dass sie seine Erregung spürte.
    »Gerda …«
    »Bist du schockiert über mich, Charles?«
    »Nein, ich …«
    Da küsste sie ihn, und Charles war verloren.
    Gerda, Gerda, Gerda … seine Gedanken waren ein einziges sehnsuchtsvolles Seufzen, er war sofort erregt, sobald er nur an sie dachte und an diesen Kuss, diesen einen kurzen, herrlichen Kuss.
    »Beeile dich, alter Junge, hier draußen bildet sich schon eine Schlange«, rief jemand und hämmerte gegen die Tür. Charles rieb sich rasch etwas Zahnpasta auf die Zähne und sperrte die Tür auf. »Herrgott, hier riecht es ja wie in einer Nuttenbude, Temple. Was hast du denn vor? Willst du die Rebellenlinien mit deinem Aftershave erledigen?«
    »Sei doch still«, sagte Charles, als er sich an dem älteren Mann vorbeidrängte.
    Auf dem Weg nach draußen schnappte er sich seine Contax und lief hinunter ins Foyer. Er nahm sich eine Tageszeitung und überflog die Schlagzeilen – heftige Kämpfe bei Brunete. Er wusste, dass das Dorf zweimal eingenommen und verloren worden war – die Faschisten rückten wieder vor. »Gerda!«, rief er. Sie war dabei, vor der Tür mit Ted einen Wagen zu beladen. Gerda trug einen Khakioverall. Sie sah schöner aus denn je. Ihm wurde bewusst, dass er sie anstarrte. Er versuchte, beiläufig zu wirken, und schlenderte hinüber. »Was habt ihr beide vor? Guten Morgen, Ted.«
    »Charles.« Ted runzelte die Stirn und legte schützend einen Arm um Gerda, als er ihr beim Einsteigen half. »Wir fahren nach Brunete.«
    »Wer ist jetzt dort?«
    »Lister und Walters Divisionen, und noch ein paar andere.«
    »Sie brauchen alle verfügbaren Männer.

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