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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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unzufrieden.
    »Der Schaden ist nicht allzu groß«, sagte sie und wischte dabei mit einem feuchten Handtuch über das oberste Paneel.
    Mabel stellte sich neben sie und ließ ihre Finger langsam über die Tasten wandern. »Wieso kommt denn da kein Ton raus?«
    »Das ist genau der Grund, warum wir in den Dschungel gehen und den Schatz ausgraben müssen.«
    Onkel Hängebacke hob grinsend den Kopf und spielte an einem seiner Ohrläppchen herum. Er stand im Eingang der Kirche und sah hinein. »Ah! Du hast ein wahres Wunder vollbracht.«
    »Nun, irgendjemand musste es ja tun.«
    »Wann werden wir die Pfeifen holen? Wenn die Briten wieder die Kontrolle im Land übernommen haben?«
    »Ja, lass uns noch so lange warten, bis endgültig wieder Recht und Ordnung herrscht. Es sind noch immer Plünderer unterwegs.«
    »Wirklich beeindruckend, wie du nicht nur die Kirche, sondern auch das Haus wieder hergerichtet hast. Dein Vater wäre stolz auf dich«, sagte er, seinen Stumpen paffend.
    »Wenn er nicht zur Flasche gegriffen und sich am Ende sogar erschossen hätte, könnte er das Ergebnis mit eigenen Augen sehen.« Sie merkte, dass in ihrer Stimme nur wenig Bedauern lag.
    »Haarwasser zu trinken. Dumm, so dumm, eh?«
    »Mein Ah-Ba war zu diesem Zeitpunkt schon sehr krank. Er war nicht mehr richtig im Kopf. Aber das war schließlich kein Wunder. Die Japaner haben ihn gezwungen, die Plantage zu 125 Dollar pro Hektar an die Mitsui Group zu verkaufen. Vor dem Krieg war der Hektar 800 Dollar wert!«
    »Eher 1000 Dollar. Aahh, du kennst doch meinen Freund Perak Suan, ah, er ist letzte Woche an einer Lungenkrankheit gestorben. Fang nie an zu rauchen. Das ist sehr ungesund. Sag das auch deiner Tochter.«
    »Und warum rauchst du dann?«
    »Ich rauche nicht. Ich halte die Moskitos fern. Mein Großvater hat übrigens Sumatra-Zigarren geraucht, bis er 94 war.«
    »Und dann ist er gestorben.«
    »Nein. Er ist auf Pfeife umgestiegen. Aber wie dem auch sei, du darfst den Rauch niemals inhalieren.«
    Gedankenverloren lockerte Lu See das Band ihrer Armbanduhr und rieb sich ihr Handgelenk. Sie schüttelte irritiert den Kopf. »Wovon haben wir gerade gesprochen?«
    »Davon, dass die Japaner deinem Vater die Gummiplantage abgekauft haben«, sagte er und hob dabei herausfordernd den Kopf.
    »Ja, und dann haben sie auch noch seinen Bentley konfisziert.«
    »Und besaßen die Frechheit, ihn als ›Geschenk an die Kaiserliche japanische Regierung‹ zu bezeichnen.« Der massige Mann schnaubte verächtlich, rieb sich den Scheitel mit Zigarrenasche ein und schüttelte dann sein Hemd aus. »Haben ihm eine Bescheinigung gegeben und das Ganze dann ein Geschenk genannt. Verdammte Straßenräuber, aahh.«
    Sie erinnerte sich daran, wie ihr Vater sich immer mehr zurückgezogen hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie bereits unten am Fluss in dem kleinen Haus im chinesischen Stil gelebt. Er hatte sich mit einem Revolver in der Küche eingeschlossen und getrunken. Als er mit dem Whisky fertig gewesen war, war er zu Brandy übergegangen, dann hatte er zu Haarwasser und zu Rasierwasser gegriffen und schließlich zur Waffe.
    Er hat vor Wut geschnauft und sich das Gehirn weggeblasen.
    Immer wenn sie an einem Tiefpunkt angelangt war, musste sie daran denken, wie sie ihn mit explodiertem Schädeldach gefunden hatte.
    Lu See blies ihre Backen auf. »Du weißt, dass seine Hände am Schluss so zitterten, dass er nicht einmal mehr in der Lage war, sein Rasiermesser ruhig zu halten. Er musste sich von mir rasieren lassen.«
    Onkel Hängebacke legte Daumen und Zeigefinger auf seine Kehle. »Eine verdammte Tragödie. Aber so ist das Leben nun einmal. Einfach verrückt.«
    Bei der Erwähnung ihres Ah-Bas hatte sich eine seltsame Kälte in Lu Sees Adern ausgebreitet. Jetzt ging sie nach draußen und setzte sich auf die Stufen vor der Kirche. Sie schloss die Augen und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

5
    Helles Sonnenlicht sickerte durch das Geäst der Tamarinden, als Lu See und Mabel am folgenden Tag die Straße zum Dorf entlangspazierten. Mabel hüpfte und sprang hinter ihrer Mutter her.
    »Was werden wir bei Mr Ko einkaufen, Mama?«
    »Wir müssen erst einmal sehen, was er überhaupt in seinem Geschäft hat, meine kleine Kriegerin. Es gibt nämlich noch nicht viel, was wir kaufen können . Da es überall an Lebensmitteln fehlt, dachte ich, dass ich vielleicht diese Rüben eintauschen könnte. Morgen beginnt das neue Schuljahr. Du brauchst ein Paar neue Schuhe. Ich weiß

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