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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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drei bis fünf Jahre. Neun Monate nach der Diagnose saß James im Rollstuhl. Ein Mann, der vier Jahre in Folge das Turnier seines Tennisclubs gewonnen hatte, Vater von drei Kindern, das älteste nicht mal zwölf.« Mark blickte zu Leah auf. Sie hatte ebenfalls aufgehört, an ihrem Weinglas herumzuspielen, und lauschte ihm in stummer Betroffenheit. Sie konnte nichts sagen, nichts für ihn tun. Sie kam sich vor wie eine Gefangene an diesem Tisch, der Unausweichlichkeit seiner Geschichte ausgeliefert.
    »Und er wusste … er wusste , wie er enden würde: inkontinent, nicht in der Lage zu sprechen, selbstständig zu essen oder sonst irgendetwas zu tun außer langsam zu sterben. Er ist vor unser aller Augen dahingeschwunden. Jedes Mal, wenn ich ihn besucht habe …« Mark schüttelte den Kopf und schluckte krampfhaft. »Ich wusste, worum er uns bitten würde. Eines Nachmittags hat er Karen und mich zu sich gerufen und die Kinder rausgeschickt. Und er hat uns beiden, den Menschen, die ihn am meisten geliebt haben, gesagt, dass er sterben wollte. Karen ist ausgerastet. Sie hat ihn als Feigling beschimpft und behauptet, er wolle ja gar nicht kämpfen, er würde einfach aufgeben. Sie hat ihm vorgeworfen, dass er sie und die Kinder im Stich lasse. Himmel, sie hat so schreckliche Dinge gesagt! Ich dachte, sie sei einfach … verrückt vor Trauer. Ich dachte, sie würde es sich anders überlegen. Denn ich war von Anfang an bereit, ihm zu helfen. Ich wollte ihn nicht verlieren – ich hätte alles getan, um ihn bei uns zu behalten. Aber wir würden ihn verlieren – er wusste das, und ich wusste es auch. Ich hätte alles getan, um ihm noch mehr Leiden zu ersparen. Ich war mir sicher, dass Karen das irgendwann akzeptieren würde, aber das hat sie nicht. Sie hat eisern an ihrer Überzeugung festgehalten. Selbstmord war für sie absolut inakzeptabel, und Mord natürlich erst recht. Das hat sie mir vorgehalten, als ich noch einmal versucht habe, sie zu überzeugen. Sie hat mich als Mörder bezeichnet. So ging das ein halbes Jahr lang, und obwohl wir kaum noch darüber gesprochen haben, war es die ganze Zeit über präsent. Jedes Mal, wenn ich zu Besuch war. Jedes Mal, wenn ich Karen begegnet bin, hat sie mich mit diesem Blick angesehen – diesem grässlichen, zornigen, tadelnden Blick. Wie eine Mahnung, dass ich ja nicht wagen solle, es zu erwähnen. Eine Warnung. Und jedes Mal, wenn ich mit James allein war, hat er mich angefleht, ihm zu helfen. Inzwischen schaffte er es nicht einmal mehr allein in seinen Rollstuhl oder ins Bett. Viermal am Tag kam ein Pflegedienst ins Haus. Sein schlimmster Albtraum war Wirklichkeit geworden.« Mark hielt inne und legte sich ganz kurz die Hand auf den Mund, als wollte er verhindern, dass die nächsten Worte herausdrangen. »Ich habe für ihn Briefe geschrieben, in denen stand, dass das sein ausdrücklicher Wunsch sei und ich nur auf seine Bitte hin handelte. Er hat sie unterschrieben, so gut es ging. Eines Morgens hat er sich besonders herzlich von den Kindern verabschiedet, und während Karen sie zur Schule gefahren hat, habe ich ihm Schlaftabletten gegeben. So viele, wie er schlucken konnte. Ich habe sie übers Internet gekauft. Weiß Gott, was da alles drin war. Aber sie haben gewirkt. Er … ist gestorben. Er ist gestorben.«
    »Mark, es tut mir so leid …«
    »Oh, aber es geht noch weiter. Karen reagierte … na ja, wie nicht anders zu erwarten. Schlimmer sogar. Sie hat die Briefe zerrissen, als ich sie ihr gezeigt habe. Dumm von mir – ich hätte sie vorher kopieren sollen. Sie hat sie vernichtet und sofort die Polizei angerufen, um denen einen Mord zu melden. Ich begreife einfach nicht, warum sie das getan hat! Ich verstehe bis heute nicht, wie sie die Realität so vollständig verleugnen konnte. Sie muss doch im Grunde ihres Herzens gewusst haben, dass James es so wollte. Dass es das Beste und Mitfühlendste war, was man nur für ihn tun konnte. Dann wurde sein Testament eröffnet, und es stellte sich heraus, dass er mir eine Menge Geld hinterlassen hatte – damit ich Dads Pflegeheim noch eine Weile bezahlen kann, ohne das Haus verkaufen zu müssen. Als die Presse Wind davon bekommen hat, haben sie mich in Stücke gerissen.«
    »Aber der Prozess war in null Komma nichts vorbei. Es war offensichtlich, dass du aus Mitgefühl gehandelt hast. Der Richter hat sogar noch erklärt, der Fall hätte nie vor Gericht kommen dürfen …«
    »Sag das mal Karen und den Kindern. Und den Journalisten

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