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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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behauptest, dass ich es einem jungen Mädchen nicht gönnen würde, ab und zu mal rauszukommen. George Hobson mag ein rauer Bursche sein, aber er ist schon in Ordnung«, brummt sie.
    »Sophie Bell … Wenn ich von irgendjemandem niemals vermutet hätte, dass er auf meiner Seite steht …« Cat schüttelt verwundert den Kopf.
    »Da siehst du mal, wie klug du bist.«
    »Also dann – bitte. Ich muss zu ihm, nur kurz. Ich muss ihn unbedingt etwas fragen, weiter nichts. Und ich kann ihm keine Nachricht schicken, weil er nicht lesen kann. Bitte. Wenn sie mich suchen, sagen Sie ihnen, mir wäre schwach geworden und ich hätte mich ein wenig hinlegen müssen. Ich komme sofort zurück, das verspreche ich.«
    »Ich weiß nicht recht. Wenn du deine eigene Stellung aufs Spiel setzt, ist das eine Sache, aber jetzt fängst du auch noch mit meiner an?«
    »Dann behaupten Sie eben, ich hätte mich einfach davongeschlichen, und Sie hätten es gar nicht gemerkt. Wenn ich zurückkomme, werde ich Ihnen ein Geheimnis verraten«, sagt Cat mit verlockender Stimme. Mrs. Bell blickt auf, betrachtet sie einen Moment lang und kichert dann.
    »Was immer es sein mag, ich wette mit dir, dass ich es schon weiß. Na, dann geh – aber beeil dich!«
    Die Sonne glüht so gewaltig wie heißes Metall am Himmel. Cat geht zum vorderen Gartentor hinaus und schert sich nicht darum, wer sie sieht. Sie geht mit schnellen Schritten und läuft zwischendurch immer wieder ein kleines Stück. In ihrer Tasche stecken ein Bleistiftstummel und ein Zettel – eine alte Wäschequittung. Falls George nicht auf seinem Kahn sein sollte, kann Cat ihm zwar keine Mitteilung schreiben, aber sie will irgendein Zeichen hinterlassen, irgendein Symbol, damit er sieht, dass sie nach ihm gesucht hat. Plötzlich fällt ihr genau das Richtige ein: eine schwarze Katze, das wird sie zeichnen. Doch als sie zwanzig Minuten später mit ausgedörrter, schmerzender Kehle bei seinem Boot ankommt, sieht sie ihn an Deck. Er liegt auf dem Rücken, die Beine angewinkelt, die nackten Füße auf dem Holz, und hat die Arme vor dem Gesicht verschränkt, um es gegen die Sonne zu schützen.
    »George!«, ruft Cat. Sie kann gar nicht anders, als zu lächeln, breit und aus vollem Herzen. »Hör mal!« Sie bleibt vor dem Kahn stehen und atmet tief ein – so tief sie kann, bis ganz hinunter auf den Grund ihrer Lunge. Sie ist trocken. Kein Pfeifen, kein Rasseln, keine Flüssigkeit, die sie zum Husten bringt. George sieht sie mit zusammengekniffenen Augen an, ein wenig verwirrt zunächst, doch dann lächelt auch er.
    »Du bist den Husten also losgeworden«, sagt er. Cat nickt und wischt sich mit einer Hand die feuchte Stirn. Im Nacken ist ihr Haar klatschnass geschwitzt.
    »Der letzte Rest von diesem Schleim, den sie in mich hineingekippt haben, ist endlich weg. Darf ich an Bord kommen?«
    »Darfst du.« George nickt, steht auf und ergreift ihre Hände, als sie über die wackelige Planke balanciert. So dicht vor ihm, so nah, dass sie ihn kaum mehr deutlich erkennen kann, nimmt Cat noch einmal seinen Geruch wahr. Er ist so vertraut und verlockend wie das warme Holz des Bootes, wie das kühle Wasser des Kanals und das frische, herbe Grün um sie herum. Seine Haut hat all diese Düfte eingesogen, miteinander vermischt, und es riecht himmlisch. So himmlisch, dass sie die Augen schließt, ein wenig schwankt und sich ganz diesem Zauber hingibt. »Du bist ganz schön lange weggeblieben. Ich habe mich schon gefragt, ob du überhaupt wiederkommen würdest, nach dem Schreck mit der Razzia«, sagt George. Seine Stimme klingt gelassen, die Worte nicht besonders betont. Doch als sie aufblickt, sieht sie ihm an, dass widerstreitende Gefühle ihn beinahe zerreißen: Ungewissheit und Erleichterung, Liebe und Angst und verletzter Stolz.
    »Das war nicht meine Idee. Sie haben mich eingeschlossen, George! Ich konnte dir keine Nachricht schicken … Der Pfarrer hat mich vor dem Ploughman gesehen. Er hat den Verstand verloren! Er wollte mich hinauswerfen, aber jemand hat sich für mich eingesetzt. Trotzdem haben sie mich in meinem Zimmer eingeschlossen, jeden Abend, wenn ich mit der Arbeit fertig bin!«
    »Sie sperren dich ein? Das dürfen sie nicht, sie haben kein Recht dazu!«
    »Ich weiß. Die Pfarrersfrau steht auf meiner Seite. Sie hat mir einen Schlüssel zu der Tür gegeben, damit ich zumindest nicht die ganze Nacht lang eingeschlossen bin und Angst habe. Aber ich habe ihr trotzdem geschworen, dass ich nachts das Haus

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