Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)
Stoff seines Nachthemds, sucht die Hitze der Haut darunter, den leichten Widerstand der spärlichen Härchen, die dort wachsen. Dann reckt sie sich empor und presst den Mund auf seine Lippen, die sich wunderbar warm und weich anfühlen, aber nur einen Augenblick lang, dann schiebt er sie von sich.
»Hetty …«, beginnt er und sieht sie mit einem beinahe verzweifelten, beinahe furchtsamen Ausdruck an.
»Oh, Albert!«, flüstert Hester voller Verzweiflung. »Warum schiebst du mich immer weg? Liebst du mich denn nicht? Es ist doch keine Sünde, wenn Mann und Frau einander berühren, sich umarmen …«
»Nein, nein, das ist keine Sünde, liebe Hetty«, antwortet Albert.
»Warum dann? Weil du mich nicht liebst?«, fragt sie betroffen.
»Aber natürlich liebe ich dich, albernes Ding! Wer könnte eine so wunderbare Ehefrau wie dich nicht lieben?« Er lässt ihre Handgelenke los und verschränkt scheinbar beiläufig wieder die Arme auf der Brust. Doch diese schützende Geste errichtet eine Barriere zwischen ihnen.
»Ich bin nicht albern, Albert. Ich verstehe das bloß nicht. Sind wir denn nur auf dem Papier Mann und Frau?«
»In Gottes Augen sind wir Mann und Frau, und diese Verbindung ist heilig und unverbrüchlich«, erklärt Albert mit beinahe ängstlich klingender Stimme. Sein Blick huscht durch den Raum, als sehnte er sich danach, daraus zu entkommen.
»Das weiß ich, und ich bin froh darüber. Aber unsere Ehe ist nicht vollzogen worden. Und was ist mit Kindern, Albert?«
»Ich …« Albert schließt die Augen und wendet den Kopf ein wenig ab. »Eine Familie wünsche ich mir auch. Natürlich wünsche ich mir das, Hester …«
»Nun, ich kann nicht so tun, als wüsste ich viel über diese Dinge, aber ich weiß, dass wir nie ein Kind bekommen werden, solange du mich nicht berühren oder küssen oder umarmen willst.« Ohne es zu wollen, bricht Hester in Tränen aus. Sie rinnen heiß über ihre Wangen und brennen in ihren Augen.
»Nicht doch, Hetty, nicht weinen! Wir werden Kinder bekommen, alles zu seiner Zeit! Wir sind noch jung, vielleicht sogar zu jung. Womöglich wäre es besser, noch ein wenig zu warten, bis wir beide mehr über die Welt und das Leben gelernt haben …«
»Ich bin fünfundzwanzig, Albert. Viele Frauen, die jünger sind als ich, sind bereits dreifache Mütter!« Sie schnieft und tupft sich mit dem Ärmelsaum ihres Nachthemds die Augen. »Aber es ist nicht nur das – nicht allein! Ich brauche … ich brauche Zärtlichkeit von dir, Albert!«
»Hetty, bitte. Beruhige dich«, fleht Albert, und er sieht so bekümmert, so in die Ecke gedrängt und verlegen aus, dass Hester einlenkt.
»Ich will dich nicht unglücklich machen«, sagt sie und schluckt ihr Schluchzen herunter.
»Wie könntest du das? Liebe Hester«, sagt er, und in seinen Augen liegt ein Ausdruck hilfloser Qual. Er sieht noch einen Moment lang ihren Tränen zu, dann rollt er sich auf die Seite, ihr entgegen, und streichelt ihre Wange. Er scheint einen Entschluss gefasst zu haben. »Also schön. Würdest du das Licht ausschalten?«, bittet er, und Hester bemerkt erschrocken, dass seine Stimme zittert. Stumm kommt sie seiner Bitte nach.
Im Dunkeln liegt Hester da und wartet. Albert rückt noch näher und presst den Körper an ihre Seite. Sie wendet ihm das Gesicht zu und kann seine Nähe spüren. Ihr eigener Atem trifft auf seine Haut und wird warm zu ihr zurückgeworfen. Als er sie küsst, schiebt sie sich ihm entgegen, presst die Lippen fest auf seine. Der Raum dreht sich um sie herum, und das Gefühl ist himmlisch, berauschend. Sie schlingt die Arme um ihn und spreizt die Finger, um so viel von ihm zu berühren, wie sie nur kann. Sie schiebt sein Hemd hoch, bis sie die Haut darunter findet, gleitet mit den Händen darüber und genießt das Gefühl, so heiß und weich und glatt. Albert erschauert bei ihrer Berührung. Sacht zieht sie ihn immer näher zu sich heran, bis er das Gleichgewicht verliert und unwillkürlich, weil ihm nichts anderes übrig bleibt, auf ihr zu liegen kommt. Als sie ihn fest umarmt und spürt, wie sein Gewicht ihr die Luft aus der Lunge presst, schießt sprudelnde Freude durch ihren Körper. Sie lächelt im Dunkeln und küsst ihn erneut.
»Mein Albert … ich liebe dich so sehr«, haucht sie. Sein Kuss ist energisch, die Lippen fest geschlossen. Zögernd öffnet Hester den Mund, nur ein klein wenig, doch Albert weicht zurück. »Entschuldige«, sagt sie hastig.
»Nein, nein. Ich …«, flüstert Albert,
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