Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)
Jahren bin ich von Zweiflern und Kleingeistern umgeben, von Leuten, die sich gern über Dinge lustig machen, die sie nicht begreifen können. Ich habe es satt! Ich werde ihre Scham genießen , wenn mein Name erst auf der ganzen Welt bekannt ist! Wenn ich zur Rechten von Madame Blavatsky persönlich sitze! Dann werden sie ihre Worte bereuen!«
»Aber natürlich, Robin«, sagt Albert unsicher. Durch den schmalen Spalt kann Cat seine verblüffte Miene sehen, seine Haltung, Gesicht und Körper stets dem auf und ab gehenden Theosophen zugewandt wie eine Blume, die sich zur Sonne dreht. Als Robin ihm nahe kommt, hebt Albert die Hand, als wollte er sie dem anderen auf den Arm legen; doch der Theosoph wendet sich wieder ab und stapft zornig zum Fenster. Eine lange Pause entsteht, während derer der Pfarrer schockiert dasteht wie erstarrt und der Theosoph die Hände zu wütenden Fäusten ballt. In der Stille wagt Cat nicht, sich zu rühren. Sie hat zu wenig Vertrauen in ihre Fähigkeit, sich völlig lautlos zu bewegen.
»Wir kommen viel zu langsam voran. Viel zu langsam«, sagt Robin schließlich barsch. »Seit fast einem Monat bin ich schon hier, und wir haben nichts gesehen. Ich habe ihre Anwesenheit gespürt, ja … aber sie wollen keine Gestalt annehmen. Diese Stümper in dem fotografischen Atelier, zu dem du mich geschickt hast, liefern immer wieder nur leere, überbelichtete Bilder. So geht das nicht, Albert!«
»Nein, natürlich nicht, es tut mir wirklich leid … aber was sollen wir tun?«, fragt Albert, und Cat hat beinahe Mitleid mit ihm, so vollständig ist seine Unterwerfung. »Wie könnten wir weiter vorgehen?«
»Ein Theosoph muss im Leben nach Reinheit und höchster Ethik streben, und danach, seinen Mitmenschen zu dienen mit allem, was er tut. Nach Güte, Großzügigkeit und Erkenntnis.« Robin spricht so betont deutlich wie zu einem Kind. »Reinheit ist unabdingbar. Vor allem jedoch muss man sich bemühen, die Lehre der Göttlichen Wahrheit so vielen Menschen wie möglich nahezubringen. Besonders in letzterer Hinsicht muss ich noch größere Anstrengungen unternehmen.«
»Aber wie?«, drängt Albert auf Antwort. Cat schleicht ein Stück weiter den Flur entlang, sodass sie die beiden noch hören, aber notfalls ungesehen davonhuschen kann.
»Ich will der Welt den unwiderlegbaren Beweis dafür vorlegen, dass die Theosophie die Wahrheit lehrt«, erklärt Robin. »Eine Fotografie. Ich werde der Menschheit zeigen, dass die Welt der Elementarwesen real ist. Ich werde der Theosophie zum Durchbruch, zur weltweiten Anerkennung verhelfen und somit die Narren zum Schweigen bringen, die mit ihrem Spott so schnell bei der Hand sind!«
»Und ich werde dir natürlich dabei helfen. Was immer ich dazu tun kann … Ich lerne so viel, unentwegt. Und ich hoffe, in Zukunft noch weiser und fähiger zu werden …«, beginnt Albert begierig.
»Aber du behinderst mich!«, schneidet Robin ihm das Wort ab. In einer verblüfften Pause sind wieder rastlose Schritte zu hören. »Albert … Ich finde keine andere Erklärung dafür, dass ich die Elementarwesen noch nicht sehen konnte, als deine Anwesenheit. Du bist kein Eingeweihter, und deine feinstofflichen Schwingungen klingen für sie misstönend! Ohne die Fähigkeit, dich auf ihre energetische Frequenz einzustimmen, bist du ihnen unerträglich!«
»Aber … aber … Ich war es doch, der die Elementarwesen zuerst gesehen hat, Robin. Ich habe sie als Erster gesehen!«
»Sie haben beschlossen, sich dir zu enthüllen, das ist wahr. Und du hast durchaus Potenzial, wie ich dir bereits sagte. Aber wir haben schlicht nicht die Zeit, abzuwarten, bis deine Schwingungen ausreichend verfeinert sind. Ich muss vorerst ohne dich weiterarbeiten, mein Freund«, verkündet der Theosoph. Ein langes, unbehagliches Schweigen entsteht, das Robin schließlich mit leiser Stimme bricht. »Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass sie an jenem Morgen vielleicht in deinen Geist geschaut und mich darin entdeckt haben – deine Erinnerung an mich, an meinen Vortrag? Hast du dich je gefragt, ob sie sich zwar dir gezeigt, jedoch in Wirklichkeit Kontakt zu mir gesucht haben?«, fragt Robin, und der Zorn in seiner Stimme ist größtenteils verbrannt. Er hat etwas Steinhartes, Kaltes in der Asche hinterlassen. Der Pfarrer schweigt lange.
»Du willst mich also nicht mehr dabeihaben?«, fragt er schließlich, und Cat runzelt die Stirn. Er klingt wie ein Kind, dem beinahe das Herz bricht.
»Nein. Nicht bei
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