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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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ist von drinnen ein lautes Scheppern zu hören, gefolgt von kratzenden Geräuschen und einem dumpfen Krachen. Die drei Frauen wechseln einen raschen Blick. Hester schiebt sich an Sophie Bell vorbei, die länger braucht, um sich in Bewegung zu setzen, und erreicht die Hintertür als Erste. In dem kurzen Flur, der in die Küche mündet, liegt die Tür zur Kühlkammer. Der kleine Raum ist an das Haus angebaut und ein wenig tiefer im Boden versenkt. Drei Stufen führen hinunter, und durch den Steinboden und die Lagerregale aus soliden Schieferplatten bleibt er länger kühl, sogar bei großer Hitze. Das einzige kleine Fenster, nicht einmal vierzig Quadratzentimeter groß, sitzt knapp unter der Decke in der Wand gegenüber der Tür. Es ist keine Scheibe darin, nur ein Drahtnetz zum Schutz vor Insekten und Ungeziefer. Man fühlt sich in dem Raum wie in einer kompakten Höhle, und genau so ist er auch gedacht. Sämtliches Fleisch, Käse, Milch, Sahne und Obst – alles, was in einem warmen Zimmer verderben würde – halten sich länger auf den kühlen Schieferplatten oder an bestialisch aussehenden Haken in der Decke. Als Hester zu der Kammer eilt, lehnt Robin Durrant neben der Tür zum Kühlkeller.
    »Was ist passiert? Das war der Teig für die Würstchen im Schlafrock!«, ruft Mrs. Bell aus, die hinter ihrer Herrin hergewatschelt kommt. Hester wirft einen Blick auf Robin Durrant, der ausnahmsweise einmal ernst wirkt, und dann in den kleinen Raum hinab, wo Albert sich die Arme mit Vorräten füllt.
    »Albert? Was, in aller Welt, geht hier vor?«, fragt sie ihn.
    »All diese Sachen müssen ausgeräumt werden, Hetty. Robin braucht dieses Zimmer«, erklärt Albert fröhlich.
    »Aber … das ist die Kühlkammer, Mr. Durrant. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Ihnen nützlich sein könnte«, sagt Hester.
    »Sehr nützlich sogar, meine liebe Mrs. Canning. Ich habe nämlich beschlossen, meine Aufnahmen selbst zu entwickeln. Meine Ausrüstung wurde heute Morgen geliefert. In den hiesigen Labors ist man offenbar überfordert mit der Präzision, die für meine Arbeit nötig ist. Außerdem brauchen sie viel zu lange, um mir meine Abzüge zur Verfügung zu stellen«, sagt Robin. Er löst sich von der Wand, verschränkt die Hände hinter dem Rücken und macht keinerlei Anstalten, Albert zu helfen. »Ich bitte um Entschuldigung wegen Ihres Teigs, Mrs. Bell.« Der Theosoph lächelt die Haushälterin an, die innerlich kocht vor stummem Zorn.
    »Aber … ich verstehe das nicht«, sagt Hester. »Hier bewahren wir frische Lebensmittel auf, die kühl gelagert werden müssen. Was hat das mit Ihren Fotografien zu tun?«, fragt sie.
    »Verzeihung, meine Liebe«, sagt Albert und zwängt sich zwischen den beiden hindurch, die Arme mit Schinken und Käse beladen.
    »Ich brauche eine Dunkelkammer, Mrs. Canning. Einen vollständig abgedunkelten Raum, in dem ich meine Filme sicher entwickeln kann. Dieser Raum hat nur ein winziges Fenster und eine gute, solide Tür. Also ist er ideal geeignet.«
    »Aber das geht nicht, Reverend«, protestiert Mrs. Bell an den Pfarrer gewandt. »Bei diesem Wetter! Da wird sich nichts auch nur bis zum Abend halten, wenn ich es nicht kühl lagern kann! Im Winter könnten wir vielleicht auf die Kammer verzichten, oder auch noch im Frühjahr, aber jetzt? Nein, nein – kommt nicht infrage!«
    »Bedauere, Mrs. Bell, aber das ist der ideale – nein, der einzige Raum – der dafür infrage kommt. Mr. Durrants Anforderungen sind sehr spezifisch«, entgegnet der Pfarrer mit fester Stimme und unerbittlicher Miene.
    »Und kann er mir spezifisch erklären, wie ich ohne Kühlkammer zurechtkommen soll?«, fährt die Haushälterin auf, was Robin Durrant sehr zu amüsieren scheint.
    »Das wäre alles, danke sehr, Mrs. Bell«, sagt Hester so besänftigend wie möglich. Mit finsterer Miene zieht die Haushälterin sich in die Küche zurück. Hesters Puls rast, und sie hat ein merkwürdiges Rauschen in den Ohren. »Albert«, versucht sie ihren Mann auf sich aufmerksam zu machen, als dieser wieder in die Kammer hinabsteigt und beginnt, sich Schüsseln voller Obst und Gemüse aufzuladen. »Albert!« Sie spricht eindringlich, aber leise, damit nur er sie hören kann. »Es muss irgendeinen anderen Platz für Mr. Durrants Ausrüstung geben! Dieser ist wirklich nicht geeignet – erstens gehört er zu den Wirtschaftsräumen, und Mrs. Bell hat ganz recht, gegen einen solchen Eingriff in ihr Reich zu protestieren. Außerdem ist es bei

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