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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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davonschwirren. Eine dritte Vitrine war vollgestopft mit den Schädeln von Menschen und Affen, mit Vogel- und Nagetierskelettenund präparierten Echsen und Schlangen. Daneben gab es einen weiteren Glasschrank, in dem nur Eier zu sehen waren, von winzigen himmelblauen Rotkehlchengelegen bis zu den riesigen Eiern von Emu und Strauß.
    »Solche Wunderkammern haben es mir angetan«, sagte Griffin. »Kuriositätenkabinette kamen im siebzehnten Jahrhundert in Mode, als alle Welt von der Unausweichlichkeit des Todes und der Vergänglichkeit des Lebens besessen war. Sammeln galt als Akt der Rebellion, da Objekte wie diese von Kontinuität zeugten. Anhänger der Reinkarnationslehre wie Talmage und die anderen Phoenix-Gründer sahen in ihnen zwei Jahrhunderte später Belege für den endlosen Kreislauf aus Leben und Tod.« Griffin zeigte auf eine Kommode in einer Ecke des Raums. »Hier, sieh dir das an.«
    Aus der Nähe erkannte Robbie, dass das Möbelstück tatsächlich aus Bernstein gefertigt war, erhärtetem Harz, das vor Millionen von Jahren aus der Rinde von Bäumen ausgetreten war. Es glomm wie ein schwelendes Feuer.
    »Es ist unglaublich«, sagte Griffin. Eine nach der anderen öffnete er die kunstvoll gefertigten kleinen Schubladen und präsentierte Robbie eine atemberaubende Sammlung von Bernsteinstücken, in denen Insekten und kleine Amphibien für alle Ewigkeit gebannt waren. Jedes der Tiere, vom kleinsten Käfer bis zu der riesigen Spinne, die noch immer auf Beute zu lauern schien, wirkte so lebendig, als könnte es sich jeden Moment bewegen.
    »Und jetzt zu dem
pièce de résistance
«, sagte Griffin und zog die unterste Schublade auf. Sie war in ein Dutzend mit braunem Samt ausgekleidete Fächer aufgeteilt. In jedem dieser Fächer lag ein Kristallglasflakon mit einem Verschluss aus Bernstein und Silber, nur eines war leer. Und jeder der Flakons enthielt einen Rest viskoser Flüssigkeit – ein im Lauf von über hundert Jahren eingedicktes Parfüm.
    »Darf ich?«
    »Bitte sehr.«
    Robbie nahm den ersten Flakon heraus, öffnete ihn und roch daran. Der Duft wirkte urtümlich und elementar. Viel Weihrauch – er schnupperte noch einmal – und Borretsch, Styrax und Myrrhe.
    Einen Augenblick lang blieb ihm der Atem weg. Das Parfüm war beinahe quälend intensiv. »Was weißt du darüber?«
    »Das ist ein Experiment, das die Gründer des Phoenix Clubs finanziert haben, um den sagenumwobenen verlorenen Erinnerungshilfen auf die Spur zu kommen. Eine davon war ein Parfüm, das einen angeblich in einen Zustand tiefer Meditation versetzen sollte.«
    »In dem man sich an seine früheren Leben erinnern konnte?«
    »Das hofften sie zumindest, ja.«
    »Wie in unserer Familiengeschichte.«
    »Wie was?«, fragte Griffin.
    »Weißt du nicht mehr? Einer unserer Vorfahren soll ein altägyptisches
Parfüm der Seelenverwandten
gefunden haben. Und ein Sammlung von Rezepturen …«
    »… von Kleopatras Parfümeuren. Richtig, ich erinnere mich. Davon hat mir deine Großmutter erzählt.«
    »Sie liebte diese Geschichte.« Robbie verstummte und öffnete den nächsten Flakon. »Weißt du, dass das alles Variationen derselben Grundformel sind?«
    »Bedeutet das etwas?«, fragte Griffin.
    »Das wüsste ich auch gern.«
    »Und wirst du von Erinnerungen überschwemmt?«
    »Nicht aus einem vorherigen Leben, aber die Gerüche sind mir vertraut – Basiszutaten, die seit den ersten Ursprüngen der Parfümerie in Griechenland, Ägypten und Indien in Gebrauch sind. Und die bis heute zu den beliebtesten Düften gehören.«
    Robbie sah sich einen der Flakons näher an. »Weißt du, woher diese Fläschchen kommen?«
    »Malachai hat gesagt, dass Phoenix im neunzehnten Jahrhundert einen französischen Parfümeur damit beauftragt hat, die Formel zu finden.«
    »Die Gestaltung der Flakons passt jedenfalls in die damalige Zeit.« Robbie hielt das Fläschchen ins Licht. Langsam drehte er es um die eigene Achse, bis er etwas gefunden hatte. Dann inspizierte er den nächsten Flakon. Und den übernächsten.
    »Keiner kann mir erzählen, dass das hier bloßer Zufall ist«, sagte er, reichte eins der Gefäße an Griffin weiter und zeigte auf eine Stelle am Rand des Verschlusses. »Siehst du das?«
    »Die Kratzer hier? Warte mal.« Griffin setzte seine Lesebrille auf und sah genauer hin. »Ich kann es nicht richtig erkennen. Moment, ich hole eine …«
    »Nein, nein, ich weiß genau, was es ist. Das ist ein Meisterzeichen. Schwer auszumachen, wenn man nicht damit

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