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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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Situation aufmerksam gemacht werden.«
    »Es ist nur eine Inschrift auf einem Tongefäß, Robbie«, sagte Griffin. »Wir wissen doch gar nicht, ob es so ein Parfüm wirklich gegeben hat. Vielleicht war in dem Tiegel eine ganz normale Duftsalbe, und die Inschrift war so etwas wie die antike Version einer Werbekampagne.«
    »Und vielleicht hat es das Parfüm wirklich gegeben. Du klingst wie meine Schwester. Warum liegt es bloß in meinem Karma, ständig von Zynikern umgeben zu sein?« Er schüttelte den Kopf. »Seine Heiligkeit wird nächstes Wochenende in Paris sein. Ich bemühe mich gerade, über einen Lama, den ich aus dem Buddhistischen Kulturzentrum kenne, ein Treffen mit ihm zu arrangieren.«
    »Und das soll es dann gewesen sein? Du willst diese Kostbarkeit einfach so weggeben? Kann ich gar nichts tun, um dich umzustimmen?«
    »Warum solltest du? Seine Heiligkeit hat sicher viel mehr davon als ich.«
    »Selbst wenn du damit einen Teil eurer Schulden tilgen könntest?«
    »Was Malachai zahlen will, deckt nur einen kleinen Prozentsatz unserer Schulden ab. Die Banken würden uns noch genauso im Nacken sitzen. Ich muss den Vorschlag meiner Schwester akzeptieren. Mit einem Schlag«, er schnippte mit den Fingern, »wären alle Schulden getilgt.«
    »Aber das Tongefäß ist von historischem Interesse.«
    »Und es wird dich nichts daran hindern, diesem Interesse nachzugehen. Du hast noch bis Ende der Woche Zeit, den Text zu übersetzen und deine Thesen zu belegen.«
    »Es geht hier nicht um mich und meine Thesen«, sagte Griffin.
    Oder doch? War das nicht tatsächlich seine größte Sorge?Was, wenn er mit der Übersetzung nicht rechtzeitig fertig wurde? Natürlich konnte er die Scherben fotografieren, doch die Arbeit wäre nicht dieselbe. Er fand leichter Zugang zu Dingen, die er berühren und bewegen konnte.
    »Der Tiegel ist seit Jahrhunderten in eurem Familienbesitz.« So schnell gab Griffin nicht auf. »Selbstlos zu sein ist das eine. Aber selbstzerstörerisch?«
    »Ah, da irrst du dich, mein Freund. Eine Heldentat vollbringen zu wollen ist alles andere als selbstlos. Es zeigt nur, wie weit mein Weg zur Erleuchtung noch ist.«
    Robbie träufelte zwei Tropfen einer rotbraunen Flüssigkeit und drei Tropfen bernsteinfarbenen Öls in die gläserne Ampulle. »Verstehst du denn nicht? Selbst das kleinste Indiz könnte dem Dalai Lama helfen, den tibetischen Glauben im Angesicht der atheistischen chinesischen Übermacht am Leben zu erhalten. Ihre gesamte Lebensart, ihre Kultur ist in Gefahr, auszusterben. Es gibt sogar schon Gerüchte, Seine Heiligkeit werde einen Nachfolger benennen, statt sich darauf zu verlassen, dass seine Wiedergeburt gefunden wird.« Er schwenkte das Glasgefäß, um den Inhalt zu vermischen. »Hier, riech mal.«
    Griffin schnupperte.
    »Nenn mir einen Ort«, sagte Robbie. »Den ersten, der dir einfällt.«
    »Eine Kirche.«
    »Schon nicht schlecht. Was du da riechst, sind Weihrauch, Myrrhe und die Essenzen einiger exotischer Hölzer – die ältesten Parfümzutaten, die wir kennen. Über sechstausend Jahre lang haben Priester, erst in Indien, dann in Ägypten und China, diese Duftstoffe verwendet, um Räucherwerk herzustellen. Parfüm diente nicht dem Ziel, schön und begehrenswert zu sein, sondern war etwas Sakrales. Man glaubte damals, die Seelen der Verstorbenen würden mit Hilfe des Rauchs zu den Göttern aufsteigen.«
    »Was wir hier gefunden haben, ist kein Beweis für die Reinkarnation, Robbie«, sagte Griffin. »Es ist eine Legende, die jemand auf ein Tongefäß geschrieben hat.«
    »Bis jetzt jedenfalls. Aber bis der Dalai Lama kommt, haben wir noch fünf Tage Zeit. Fünf Tage, in denen ich ein Treffen arrangieren werde und du die restlichen Zutaten finden kannst – und vielleicht selbst ein kleines Erinnerungsabenteuer erlebst.«

Zehn
     
     
    PARIS, FRANKREICH
    14:12 UHR
     
    François Lee stand im Windfang des Gebäudes und wartete auf den Türsummer. Der entscheidende Vorteil an Valentines Mietwohnung in diesem Hochhaus war, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit Betrieb herrschte. Selbst wenn jemand den Eingang observierte, würde es nicht auffallen, dass innerhalb von vierzig Minuten drei einzelne Männer das Gebäude betraten.
    Er trommelte rhythmisch mit dem Fingernagel auf seine Armbanduhr. Ein Geruch nach Zwiebeln und Knoblauch erinnerte ihn daran, wie hungrig er war. Hoffentlich war etwas Essbares im Haus; er hatte das Mittagessen ausgelassen, und ihm knurrte der Magen. Valentine

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