Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
noch eine schöne Schiffsreise und oft genug schon auf dem Schiff eine zärtliche Stunde. Das ist das Merkwürdige bei Seereisen: Die Frauen entwickeln eine Liebessehnsucht, als gälte es, Jahre nachzuholen oder Jahre vorauszuleben. Sexualwissenschaftler behaupten, die jodhaltige Salzluft des Meeres rege dazu an.
    Es war das letzte Erlebnis der ›Kandidaten‹. Und ihre letzte Begeisterung schlug hohe Wellen, wenn sie über die neue Straße von Camporeale den Hügel hinauffuhren und den riesigen weißen Bau des Kinderheimes sahen.
    »Ist das die Kaserne?« war die immer gleiche Frage.
    »Natürlich nicht!« lautete dann die Antwort. »Das ist die heimliche Sammelstelle, Kameraden. Hier werdet ihr noch einmal gründlich untersucht, und wenn dann alles in Ordnung ist, seid ihr endgültig Angehörige der ruhmreichen Fremdenlegion.«
    Der Flügel III des Kinderheimes war auf der obersten Etage schalldicht ausgebaut. Ein Lift, der nur von dort in den Keller fuhr und sonst nicht zu erreichen oder auch nur zu sehen war, verband die Operationsabteilung mit Sorianos furchtbarer ›Herzbank‹. Die vier Zimmer unter der Erde, in der auch Domenico Barnazzi aus Leonforte gesessen hatte, tobend, schreiend, um sich schlagend, bis drei bullige Männer ihn packten, zusammenschlugen und in den nächsten fünf Tagen mit Injektionen ruhigstellten und durch das Teufelszeug, das sie ihm einspritzten, wesensmäßig so veränderten, daß er später nur noch stumpfsinnig vor sich hin brütend herumsaß, aß, seine Notdurft verrichtete und schlief – diese vier Zimmer hatten sich bald als viel zu klein erwiesen. Auch als in jedem Raum zwei Männer wohnten, kam man in Platznot, denn aus den Sammelstellen karrten die fleißigen Werber jede Woche mindestens einen Bus voll nach Camporeale.
    So wurde der Flügel II, siebtes Stockwerk, in Tag- und Nachtarbeit umgebaut zu einem ausbruchssicheren, schalldichten Gefängnis. Die Fenster mauerte man zu, aber nur von innen. Wer an dem weißen Bau emporblickte, sah auch am siebenten Stockwerk das leuchtende Fensterband. Orangenfarbene Gardinen hielten die Sonne ab – es fiel keinem auf, daß sie immer vorgezogen blieben und sich nie ein Fenster zum Lüften öffnete.
    Diese Etage hatte man in der Grundplanung für komfortable Krankenzimmer vorgesehen, in die man die Herzpatienten legen wollte, wenn die kritischen ersten zwei Wochen vorbei waren und die spontanen Immunreaktionen beherrscht werden konnten. Spezielle Klimageräte mit Filtern machten auch hier die Luft völlig keimfrei, um von Beginn an das auszuschalten, woran Professor Barnards erster Herztransplantationsfall gescheitert war: Eine Infektion von außen!
    Spätestens wenn die jungen Burschen aus Neapel, Catania und Messina in diesen Zimmern hockten, immer vier Mann in einem Raum, nach Röntgenuntersuchungen, Blutabnahmen und eingehenden Labortests ihrer Eiweißgruppen, dämmerte es ihnen, daß hier etwas nicht stimmen konnte. Die Zimmer hatten keine Fenster, an den Türen waren keine Klinken, sie durften nicht ins Freie, bekamen ihr Essen gebracht und erhielten auf ihre immer dringlicher werdenden Fragen nur die Antwort: »Abwarten! Alles braucht seine Zeit!«
    Der Luxus war perfekt, ohne Zweifel. Man konnte in großen Badewannen baden, es gab Duschen und sogar etwas, was sie noch nie gehört, geschweige gesehen hatten: ein Solarium! Eine künstliche Sonne! Jeden zweiten Tag legte man sie nackt darunter, auf eine weiß bezogene Bank, dann ging es in eine Art Sportraum, wo allerlei Trainingsgeräte standen, auch Hanteln, Expander, Trockenruderapparate gab es dort, Sprossenwände, Recks und Barren, Punchingbälle und Sandsäcke.
    Hier tobten sich die ›Anwärter auf den Ruhm von morgen‹, wie ein Arzt sie einmal genannt hatte, in Gegenwart von drei Aufsehern aus. Das einzige, was störte, waren die Maschinenpistolen, die vor der Brust der ›Kameraden‹ hingen und vermutlich schußbereit waren.
    »Jetzt sind es schon dreiunddreißig Mann, Don Eugenio«, sagte drei Wochen später Dr. Nardo bei einer Besprechung zu Dr. Soriano. »Wir müssen abstoppen und eine Zeitlang tatsächlich nur Gemüse verkaufen. Oder wollen Sie eine ganz Kompanie zusammenstellen?«
    »Wieviel brauchen Sie?« fragte Soriano zurück.
    »Mit diesen dreiunddreißig komme ich vorerst aus.« Es war wirklich, als spräche man über die Lagerhaltung von Ersatzteilen. »Wir haben Glück gehabt. Ich kann über eine Auswahl verschiedener Eiweißgruppen verfügen. Die Herzen

Weitere Kostenlose Bücher