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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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wollen.«
    »Natürlich will ich das«, sagt Kieran. »Und machen Sie sich keine Sorgen. Geld ist kein Problem.«
    Hmm, denkt Steve. Okay. Dann hängt ihre Geldknappheit also nicht mit einer allgemeinen Knappheit auf dieser Seite zusammen. »Gibt es ein Bankkonto«, hebt er an, »auf das Ihre Unterhaltszahlungen für Ihre Tochter fließen? Denen wird sie ja wohl ihre neue Adresse gegeben haben müssen.«
    Schweigen. Mit einem hörbaren dumpfen Geräusch wechselt Kieran Fletcher das Thema. »Und, was ist mit Yasmin? Sie muss doch zur Schule gehen. Sie ist sechs Jahre alt. Alles andere wäre doch gesetzeswidrig.«
    »Absolut.«
    »Und, wie sieht es damit aus?«
    »Auch die Schulunterlagen unterliegen dem Datenschutz, tut mir leid. Nicht etwa, dass das im Grunde genommen ein Problem wäre. Die Schulämter sind ziemlich lax, was die Sicherheit anbelangt. Aber Tatsache ist, dass ich kein einziges Kind mit diesem Namen irgendwo anders registriert ausfindig machen konnte als in ihrer alten Schule, die ihr Fehlen offenbar noch nicht einmal bemerkt hat, bis ich mich nach ihr erkundigt habe. Wie gesagt, sie hat es gut gemacht. Ich weiß nicht, wie viel davon im Voraus geplant war, aber es war effektiv. Sie ist nirgends bei einer Versicherung gemeldet, sie hat keinen Büchereiausweis beantragt oder einen Arzt aufgesucht. Sie hat sich bei keinem Internetprovider angemeldet. Sie hat kein Auto umgemeldet. Sie hat, soweit ich weiß, nirgends etwas bestellt. Sie kassiert kein Kindergeld und hat ihren Wohnsitz nicht umgemeldet. Könnte es sein, dass sie irgendeinen anderen Namen angenommen hat als Fletcher oder Barton, der Ihnen einfällt?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass sie so viel Fantasie hat, sich einen auszudenken.«
    Sie würden staunen. Dazu braucht man keine Fantasie. Nur ein Telefonbuch und eine Pin-Nummer. Es ist natürlich schwieriger, offiziell etwas zu unternehmen, aber Sie können sich Hurdy-Gurdy bin Laden nennen, wenn Sie wollen, und keiner kann Sie davon abhalten.
    »Tja«, sagt er, »es gibt eine Grenze, wie viel mehr ich mit den Informationen, die ich habe, tun kann. Ich möchte Sie ja nicht abzocken.«
    »Versuchen Sie es weiter«, fordert Kieran. »Es ist mir egal, was es kostet.«
    »Wenn Sie sich sicher sind …«
    »Absolut. Die beiden können nicht einfach verschwinden.«
    Genau genommen verschwinden jedes Jahr Tausende, auch wenn die Regierung unsinnig viel Geld für die Überwachung ausgibt. Aber was für einen Sinn hat es, Ihnen das zu sagen? Honorar ist schließlich Honorar.
    »Tja«, sagt er, »wenn Ihnen irgendetwas einfällt, was mir einen Hinweis geben könnte, lassen Sie es mich wissen.«
    »Selbstverständlich«, antwortet Fletcher.
    Er legt auf. Macht sich ein paar Notizen und bereitet sich einen Becher Nescafé zu. Tut drei Stück Zucker hinein.
    Das Telefon klingelt. Er nimmt ab und hört zu.
    »Ich habe nachgedacht«, erklärt Kieran Fletcher. »Und mir ist da etwas eingefallen. Ihre Eltern haben sie bekommen, bevor sie verheiratet waren. Ich hatte das ganz vergessen, weil das etwas war, worüber nicht viel gesprochen wurde. Aber ich vermute, sie könnte sich jetzt vielleicht Sweeny nennen.«

38
    Inzwischen wünscht sie sich, Carol wäre erst gar nicht gekommen. Die Gefühle, die sie in Bezug auf das Haus hatte – der Eindruck, es würde sie beobachten, die Bedrohung aufgrund seiner isolierten Lage, die seltsamen Dinge, die nicht in die Zeit und den Rahmen passten –, sind jetzt noch konkreter, da auch jemand anderes sie erlebt hat. Ich fühle mich hier nicht sicher, und ich kann jetzt nicht mehr so tun, als sei das eine Nachwirkung der Unsicherheit in London. Es ist komisch. Dieses Haus ist seltsam. Jetzt verstehe ich, warum Frances Tyler so in Panik geraten ist. Allerdings hatte sie die Möglichkeit, einfach abzuhauen. Der Job hier ist die meiste Zeit ein Kinderspiel; und zwar so sehr, dass ich mich wahrscheinlich für irgendeine Ausbildung anmelden und ihn trotzdem beibehalten könnte. Wir haben jede Menge Platz, können meilenweit laufen und frische Luft atmen. Mir gefällt das Dorf, dieser neue Ort, an dem mich keiner kennt, wo sie die Geschichte, die ich ihnen auftische, für bare Münze nehmen, wo ich sein kann, wer ich sein will, nicht das verängstigte Arbeitstier, zu dem er mich gemacht hat.
    Aber … sie hat mich veranlasst, mich jetzt ständig umzuschauen. Sie hat mich veranlasst, doppelt nachzuprüfen, ob die Türen auch wirklich verschlossen sind. Sie hat mich dazu gebracht,

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