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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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abholen. Da muss erst eine andere Unterbringung gefunden, Papierkram erledigt werden … wir haben schließlich Krieg, wissen Sie.«
    »Das ist mir egal. Ich habe die Nase voll. Ich habe sie jetzt sechs Monate ertragen und werde das keinen einzigen Tag länger tun.«
    »Das tut mir leid«, sagt Mrs Peachment. Schadenfroh.
    »Ich befehle es Ihnen, Mrs Peachment. Ich bitte Sie nicht. Ich befehle es Ihnen. Wenn Sie bis morgen um diese Zeit nicht gekommen sind und sie abgeholt haben, verfrachte ich sie ins Auto und lade sie vor Ihrer Tür ab. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ich kann Sie laut und deutlich hören, ja«, sagt sie.
    »Haben Sie mich verstanden?«
    »O ja«, antwortet Margaret Peachment. »Ich verstehe Sie sehr gut.«
    Ein Klicken. Mrs Blakemore hat aufgelegt.
    Margaret Peachment betupft ihre Schläfe mit einem kleinen Taschentuch, das sie mit dem Rest ihres Eau de Cologne benetzt hat. Sie steht für einen Augenblick in der Eingangshalle und fingert an den Fransen des kleinen Spitzenläufers herum, der die Konsole vor Kratzern schützt.
    »Na ja, wir werden uns der Sache annehmen«, sagt sie laut.
    Auf dem Küchentisch warten die Evakuiertenakten, mit einer Schnur ordentlich zusammengebunden, auf den Bezirksaufseher, der kommen und sie holen wird, sobald er ihren Brief erhalten hat. Er ist ein beschäftigter Mann, der tagsüber die Bank in St. Austell leitet und sich abends um einen riesigen Bezirk kümmert; wahrscheinlich wird er Wochen brauchen, bis er nach Meneglos herüberkommt, nachdem er ihre Nachricht erhalten hat. Mrs Peachment füllt den Wasserkessel und stellt ihn auf den Herd, um sich ihre schöne Tasse Tee zu machen. Sie holt die Schere aus der Schublade neben der Spüle und kehrt zum Tisch zurück.
    »Ja«, sagt sie. »Wir werden uns der Sache annehmen.« Und schneidet die Schnur durch.
    Sie braucht nicht lange, bis sie die Rickett-Papiere gefunden hat. Schließlich war sie schon immer stolz auf die Effizienz, mit der sie ihre Akten geführt hat. Und das kommt mir jetzt zustatten, denkt sie. Es fällt weit schwerer zu glauben, dass jemand einen Fehler gemacht hat, wenn alle Bescheid wissen, wie überaus korrekt dieser Mensch bisher stets war.
    Sie hält Lily Ricketts Leben zwischen Daumen und Zeigefinger. Dreht es um, studiert es. Da steht nicht viel, denkt sie: Nur zwei Formulare und ein bereits verblasstes Foto. Irgendwo in einem Ministerium wird es Kopien dieser Unterlagen geben, zwischen Hunderttausenden anderer vergraben. Es wird mindestens Frühjahr sein, bis die ausfindig gemacht werden. Das wird Felicity Blakemore eine Lehre sein.
    Eines der unerwünschten Kinder, keine echte Waise, aber so gut wie. Niemand wird kommen und sich nach ihr erkundigen, dessen kann ich mir ziemlich sicher sein.
    Das Kind starrt sie mit seinem schmutzigen Gesicht und den Knopfaugen missmutig an. Nein, denkt sie. Dich wird niemand vermissen.
    Der Wasserkessel beginnt zu pfeifen. Margaret Peachment geht zum Herd, um ihn von der Platte zu nehmen, und greift dabei nach der Streichholzschachtel.

43
    »Bridget?«
    »Ja?«
    »Ich glaube, ich bin hier fertig.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Na ja, zumindest so, dass nicht jedes Mal sämtliche Sicherungen herausspringen, wenn du den Mixer anschaltest.«
    »Wirklich?«
    »Nein«, antwortet Mark, »ich ziehe dich bloß auf.«
    Sie kommt oben an der Treppe an. »Ich liebe dich und möchte Kinder von dir haben«, scherzt sie. »Können wir es ausprobieren?«
    »Gern. Wie hast du dir das vorgestellt?«
    »Hm … wie wäre es, wenn ich gleichzeitig den Wasserkocher einschalte und den Föhn laufen lasse?«
    Mark breitet die Arme aus. »Hol die Sachen. Ist das alles, womit du mich testen kannst?«
    »Auch der Backofen?«
    »Ein Kinderspiel.«
    »Gut. Dann schalte ich den Backofen, den Wasserkocher und den Föhn ein und drehe den Heizstrahler hoch.«
    »Abgemacht«, sagt er.
    Er kommt hoch in die Wohnung und steht im Flur, während sie geschäftig die Geräte einschaltet. Ich werde ihn vermissen, denkt sie. Nicht nur seine Gesellschaft hier im Haus, sondern ihn selbst. Er ist ein netter Kerl: fühlt sich irgendwie richtig an, wie er da mit den hochgekrempelten Ärmeln und den Händen in die Hüften gestemmt dasteht. Als würde er in dieses Haus gehören.
    Sie kommt in den Flur zurück, steht neben dem Lichtschalter und schaut ihn an. Er ist ein gut aussehender Kerl. Das ist nicht zu leugnen. Nicht nur die Tatsache, dass er gut gebaut ist, sondern auch sein Wesen. Wenn er lächelt,

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