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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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möchte man ebenfalls lächeln. Man kann gar nicht anders. Er zählt eben einfach zu diesen Menschen.
    Sie streckt ihm die Hand entgegen, um mit ihm abzuklatschen. »Du bist ein Genie«, sagt sie. »Ich werde dich dafür ewig lieben.«
    Mark grinst. Er zwinkert mir zu. Mein Gott, er zwinkert wirklich.
    »Na ja, zumindest kann deine Freundin dich besuchen kommen, ohne hier gleich Zustände zu kriegen.«
    Bridget lacht. Vor allem, weil seine Ausdrucksweise viel besser zu Carol passt, als ihm klar ist. »Ich denke, sie wäre darüber ein bisschen enttäuscht.«
    Er runzelt die Stirn, dann erscheint wieder das breite Lächeln auf seinem Gesicht. »Na ja, ruf sie an und erzähl ihr, dass ich das gesagt habe.«
    »Das mache ich, sobald ich sie erwische. Ich glaube, zurzeit ist sie in den Staaten. Oder in Kanada. Oder sie sonnt sich zwischen zwei Flügen an einem Karibikstrand. Ihr Handy funktioniert sowieso nicht. Aber sie wird erfreut sein, das zu hören. Sie hat sich Sorgen gemacht. Um uns zwei. Hier, so ganz ohne Licht.«
    »Ich auch«, sagt Mark. Hält inne. Sieht leicht verlegen aus, redet weiter. »Tja. Ich gehe dann mal lieber. Tina bringt Yasmin später vorbei, wenn das in Ordnung ist.«
    »Das ist mehr als in Ordnung. Ich wünschte nur, ich könnte euch das mit irgendwas zurückzahlen, das ist alles. Ich stehe so hoch in eurer Schuld.«
    »Quatsch«, sagt Mark und geht davon. Dreht sich um, eine Hand auf dem oberen Geländerpfosten, als sei ihm gerade etwas eingefallen, und sagt: »Ich sag dir was. Wenn du willst, kannst du mir einen Drink ausgeben.«
    »Ich denke, ich schulde dir mehrere«, antwortet sie. »Ich denke, ich schulde dir mindestens eine Gallone Cidre. Wie wäre es morgen Abend? Treffen wir uns im Pub?«
    Mark kratzt sich am Ohr, sieht betreten aus. Schafft es nicht, ihr in die Augen zu schauen.
    »Na ja, eigentlich habe ich mich gefragt, ob wir nicht einfach unter uns bleiben können«, sagt er. »Du weißt schon, irgendwo weiter weg.«
    Plötzlich wird ihr ganz warm. Ein Date. Er lädt mich zu einem Date ein.
    Sie spürt, wie die Panik in ihr aufsteigt. Ich kann nicht. Ich kann nicht. Das geht viel zu schnell. Ich kann nicht – er ist – ich habe geschworen, dass ich keinem Mann mehr vertraue …
    Für Mark ist es gar nicht nötig, dass sie etwas sagt, weil er weiß, wie ihre Antwort ausfällt. Er windet sich vor Verlegenheit und Enttäuschung, während sie vor ihm steht, mit sich kämpft und herumstammelt. Das ist schrecklich, denkt er. Ich hab es vermasselt, komplett vermasselt. Das hätte ich nicht tun sollen. Ich bin in diesen Dingen ja nicht gerade in Übung. Seit Linda habe ich keine Frau mehr eingeladen, und beim ersten Versuch habe ich es gleich vermasselt.
    »Sag nichts«, sagt er, »ist schon okay. Das Pub ist in Ordnung. Dann gehen wir alle gemeinsam aus. Mit Tina und den anderen, irgendwann.«
    Endlich findet sie ihre Stimme wieder. »Tut mir leid«, stammelt sie. »Tut mir wirklich leid. Es ist nur – ich weiß nicht, ob ich – ich bin es nicht gewöhnt, weißt du … Ich kann immer noch nicht.«
    Sie verstummt und senkt den Blick.
    »Ist schon okay«, sagt Mark. Er möchte raus hier, der Verlegenheit entkommen, die sich auf sie beide herabgesenkt hat. »Alles klar, ich lass dich in Ruhe.«
    »Ich … versteh doch, Mark, es liegt nicht daran, dass …«
    »Sei unbesorgt«, schwindelt er. »Ich bin nicht verletzt.«
    »Es – ich – du weißt Bescheid … und ich bin noch nicht bereit. Ich bin einfach noch nicht so weit.«
    Mark zögert eine Sekunde, sieht aus, als könnte er sich nicht recht entscheiden. Geht zwei Stufen hinunter, kommt wieder hoch.
    »Bridget«, sagt er, »wir sind alle verletzt worden. Auf die eine oder andere Weise. Keiner von uns hat unser Alter erreicht, ohne dass ihm etwas Negatives zugestoßen ist. Und mit denen, die das nicht erlebt haben, lohnt es sich wahrscheinlich gar nicht zu reden. Das ist alles. Mehr sage ich nicht dazu. Aber eines Tages müssen wir alle die Vergangenheit hinter uns lassen. Weil sie nämlich andernfalls unser Leben für immer beherrscht.«

44
    Kieran bleibt einen Augenblick stehen, bevor er hinaufgeht und sein Spiegelbild in dem Flachdachfenster der Buchmacher unter seinem Büro betrachtet. Er hat vier Tage abgewartet, bis die Kratzer verblasst sind und seine Haut fast wieder normal aussieht. Als hätten sie von einer Katze, einem Brombeerstrauch oder etwas Ähnlichem stammen können. Es ist wichtig, dass ich absolut cool bleibe,

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