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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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sterben. Wie praktisch. Das käme ihr gerade recht.
    Schlampe.
    Schlampen, alle beide. Alle drei, wenn man Carol mitrechnet. Das braucht man jetzt natürlich nicht mehr. Hat sie das nicht kommen sehen? Die Großen, die die Kleine gegen mich aufstacheln. Mein eigenes Kind. Mein Eigentum, und das letzte Mal, als ich zu ihrer Schule gegangen bin, hat sie geschrien, als ob ich irgendein Monster wäre. Umgang nur unter Aufsicht des Jugendamts. Was für ein Witz! Geschieht ihr recht. Sie hat gekriegt, was sie verdient hat, die Kuh, die sich immer hat einmischen müssen. Ich frage mich, wie lange es wohl dauern wird, bis dieser Yuppie unten den Geruch wahrnimmt. Wahrscheinlich noch wochenlang nicht. Bestimmt noch ein paar Tage nicht. Sie hat keine Freunde. Keiner, der sich erkundigen wird, wohin sie so überstürzt gereist ist. Geschieht ihr recht. Geschieht ihnen allen recht. Absolute Gefühlskälte. Früher hat man Leute dafür sogar eingesperrt.
    Ich hab mich dabei gut gefühlt. Die Art und Weise, wie sie die Augen aufgerissen hat, als ihr klar wurde, dass ich es ernst meine. Hat sich ein paar Fingernägel abgebrochen. Das hat ihr aber auch nicht geholfen.
    Meine Hände tun mir weh. Ich muss das Lenkrad wohl richtig fest umklammert halten. Wie komisch. Bin ich etwa wütend? Glaubst du, dass ich wütend bin?
    Die wird einen Schock kriegen. Die hält sich für dermaßen clever, aber so schlau ist sie nun auch wieder nicht.
    Konnte von Anfang an nicht aus ihren Fehlern lernen.
    Menschenskind. Es ist schon zehn Uhr. Noch vier Stunden bis Wadebridge. Um diese Zeit mitten in der Nacht werde ich keine Unterkunft mehr finden. Es ist wohl kaum eine pulsierende Metropole. Hätte besser nachdenken sollen, als ich gepackt habe. Ich hätte zumindest ein paar Decken und ein Kissen mitnehmen sollen. Es ist zu kalt, um die Nacht im Auto zu verbringen. Gottverdammt, Bridget. Warum hast du mir das bloß angetan?
    Travelodge. Bald komme ich an Bristol vorbei. Komme auf die M5. In etwa einer Stunde oder so. Zumindest wirkt dieser Kaffee. Was treibt sie da eigentlich? Was in aller Welt gibt es schon in Cornwall? Ich wette, sie hat einen Kerl. Genau, das wird es sein. Sie hat mitten im Rennen die Pferde gewechselt, dachte, sie findet einen Besseren. Ich habe ja schon immer gewusst, dass sie so ist. Von Anfang an. Ich konnte meinen verdammten Blick nicht von ihr wenden – au! Scheiße, das tut weh. Siehst du jetzt, wozu du mich getrieben hast, Bridget? Geh aus dem Weg! Mach die Spur frei, verdammt! Ja, du! So ist’s recht. Fahr rüber! Himmelherrgott! Herrgott noch mal, Bridget! Schau, was du mir angetan hast!

51
    Er ruft sie früh am Morgen an, während sie sich ihre fünfte Tasse Tee zubereitet, noch immer im Morgenmantel, ganz benommen wegen der Tränen und weil sie kein Auge zugetan hat.
    »Hallo, ich bin’s, Mark. Ich wollte nur nachfragen, ob es dir gut geht.«
    »Ach, Mark. Danke. Ich bin okay.«
    »Hast du überhaupt geschlafen?«
    Sie lacht leise auf.
    »Ich weiß, wie das ist«, erklärt er. »Weiß Gott!«
    »So sollte es nicht sein.«
    »Nein. Na ja, wir wollten doch alle perfekte Eltern sein, nicht wahr?«
    »Ich wünschte«, sagt sie, »ich könnte jetzt mit meiner Mutter reden. Ich war so jung, als sie gestorben ist, ich hatte gar nicht die Gelegenheit … du weißt schon … schätzen zu lernen …«
    »Hmm. Na ja«, antwortet er, »ich vermute, vieles wäre anders gekommen, wenn deine Eltern nicht gestorben wären.«
    »Vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht. Man kann ewig mit diesem Was-wäre-wenn weitermachen, nicht wahr?«
    »Ja«, sagt Mark, »das könnte man. Wie geht es Yasmin heute Morgen?«
    »Ich war noch nicht bei ihr.«
    »Sie ist also nicht von allein aufgestanden?«
    Sie ertappt sich dabei, dass sie den Kopf schüttelt, muss sich daran erinnern, dass er nicht hier im Raum ist.
    »Nein. Wie viel Uhr ist es denn?«
    »Kurz nach acht.«
    »Gott. Na ja, ich denke, ich sollte mich dem Problem lieber stellen, wenn ich sie noch rechtzeitig für die Schule fertig haben will.«
    »Du hast noch nicht mit ihr geredet? Seit du mich angerufen hast?«
    »Ich wollte. Aber sie hat schon geschlafen. Oder so getan, was so ziemlich auf das Gleiche hinausläuft, wenn man versucht, mit jemandem zu reden.«
    Sie hört ein Seufzen. »Ach, Bridget.«
    »Ja«, antwortet sie schnippisch, »auf einen Vortrag über gute Kindererziehung kann ich jetzt wahrlich verzichten.«
    Genau das ist es, Bridget. Wie du dich verhältst. In der

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