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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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hinterlassen. Ich habe beim Auszug in Streatham sogar die Fußleisten geschrubbt, und das für die Wohnungsgesellschaft. Die Frau muss wirklich eine Schlampe gewesen sein.
    Oder sie hat es wirklich eilig gehabt.
    Ihr Blick fällt auf den Kühlschrank. Er brummt freundlich neben dem Mülleimer, kühlt nach dem Stromausfall wieder herunter.
    Gib, dass da keine Lebensmittel drin sind.
    Natürlich sind Lebensmittel darin. Die Leute lassen nach kurzen Aufenthalten immer etwas zurück. Das ist eine Art Trinkgeld. Häufig sogar das einzige. Und in dem Gemüsekorb unter der Spüle befinden sich Kartoffeln, Karotten und eine Zwiebel, alle keimend, alle schon fast schwarz.
    Worauf habe ich mich da bloß eingelassen?
    Beim Gang durch den Raum könnte man glatt meinen, man müsste in den Kampf ziehen.
    Bridget stülpt einen Ärmel herunter und hält ihn sich vors Gesicht. Sie hat genügend Nächte ohne Strom erlebt, um zu wissen, wie schnell sich ein Kühlschrank erwärmt. Vor allem, wenn darin …
    Milch. Die Überreste irgendeines Salats, wenig mehr als brauner Matsch in dem Gemüsefach. Phosphoreszierender Schinken. Was wahrscheinlich einmal eine Pastete war, ist jetzt nur noch etwas Undefinierbares.
    Ich denke, das könnte einmal ein Trifle Dessert gewesen sein.
    O mein Gott, nein. Es ist Fischpie. O mein Gott. Was immer sich im Gefrierschrank befand, ist geschmolzen, zusammengefallen, ineinandergelaufen und wieder gefroren. Was es auch immer war, es ist schwarz und leicht zähflüssig. Sie knallt die Tür zu, lehnt sich dagegen. Atmet durch.
    Sie weiß schon, was die Spülmaschine enthalten wird. Bringt es nicht fertig, nachzusehen. Überprüft einfach, ob die Tür auch fest geschlossen ist, und schaltet die Maschine auf das heiße Topfprogramm ein. Selbst wenn sie leer sein sollte, wird die Maschine einen Waschgang brauchen, nachdem sie so lange unbenutzt war. Aber Bridget ist sich ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall ist, dass, was auch immer darin zurückgelassen wurde, mehr als einen Waschgang benötigen wird, um wieder sauber zu werden.
    Ich kaufe mir in Wadebridge eine Gesichtsmaske. Lebensmittel, Bettdecken, Heizlüfter, Gesichtsmaske, Waschpulver. Gummistiefel. Desinfektionsmittel.
    Sie nimmt noch einen Schluck vom Wasserhahn, wartet, bis sich ihr Magen wieder beruhigt hat. Geht los, um nachzusehen, welchen Horror das Haus sonst noch bereithält.
    Seifenringe in den Badezimmern. Schimmel an nicht gelüfteten Duschvorhängen. Der Teppich ein wenig verkrümelt. Eine Fensterbank voller toter Fliegen im pinkfarbenen Schlafzimmer. Frances muss die Dinge schon lange, bevor sie gegangen ist, schleifen gelassen haben. Überall gibt es dafür Anzeichen: Trockenblumen auf dem Treppenabsatz, deren vorherrschende Farbgebung staubgrau ist; Fingerspuren an den Lichtschaltern. Die Tür zum Dachboden steht ein wenig offen. Sie schiebt sie auf und bahnt sich den Weg durch den Korridor. Wirft im Vorbeigehen einen Blick in die Mansardenzimmer. Gar nicht so schlecht. Quilts sind zurückgeschlagen, hängen über die Bettenden; auf Stühlen aufgestapelte Kopfkissen. Einige der Matratzenschoner sehen aus, als hätten sie schon einige Jahre der Benutzung hinter sich, aber hier gibt es nichts, was nicht mit ein bisschen Oxi Action in Ordnung zu bringen wäre. Das kriege ich schon wieder hin. Sobald ich erst einmal den ersten anstrengenden Durchgang geschafft habe, werde ich …
    Sie bleibt wie angewurzelt in der Tür des letzten Zimmers stehen, desjenigen, das am Ende des Korridors liegt, unmittelbar vor der Tür zu ihrer eigenen Wohnung. Es ist das Zimmer mit dem Himmelbett. Dasjenige, in dem immer das wichtigste Paar untergebracht werden muss, weil es ganz offensichtlich wie das Schlafzimmer des Hausherrn wirkt.
    »Du lieber Gott!«, ruft sie aus.
    Irgendjemand hat hier drin wie wild gewütet. Es sieht aus, als wäre jemand ins Dorf hinuntergegangen und hätte eine Gang gelangweilter Teenager und ein paar Liter starken Cidre mitgebracht. Der Baldachin ist von seinen Haken gerissen und über einen umgedrehten Stuhl geworfen worden. Die Vorhänge hängen schief von einem schräg stehenden Bettpfosten. Jemand hat eine Vase genommen und sie einfach mitten auf das Bett geschleudert. Die Matratze ist allem Anschein nach unwiderruflich verfleckt, dort, wo der Inhalt – verwelkte schwarze Aronstäbe und ein paar Liter brackiges Wasser – gelandet ist und einfach zum Verrotten liegen gelassen wurde. Das Bettzeug türmt sich

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