Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
zwischen den Sitzen in den Laderaum. Dreimal stieß er sich den Kopf am Wagendach, verzichtete aber auf bissige Kommentare. Schwankend kämpfte er sich auf allen vieren bis zur Heckscheibe vor.
    »Noch ungefähr zwanzig Meter«, rief er nach vorne.
    Sein Blick fiel auf das Einschußloch in der Karosserie. Ein Lichtstrahl stach noch immer wie eine Sicherheitsschranke quer durch den Laderaum. Landinis Männer hatten vorhin auf sie geschossen, und sie würden es vermutlich wieder tun. Der Gedanke machte es nicht gerade angenehmer, hinter der Heckklappe zu kauern.
    Der BMW näherte sich auf der Überholspur, während Coralina beständig rechts fuhr. Direkt hinter ihnen fuhr ein roter Toyota; Jupiter sah, daß der Mann am Steuer in einen Apfel biß.
    »Du willst sie doch nicht etwa abdrängen!« brüllte er über den Motorenlärm hinweg, der im Blechkasten des Laderaums viel lauter war als vorne auf den Sitzen.
    »Hab ich im Kino gesehen«, erwiderte Coralina. Im Rückspiegel konnte Jupiter erkennen, daß sie grinste. »War nur ein Scherz.«
    »Du drängst sie nicht ab?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Erneut schaute er hinaus und sah, daß die Stoßstange des BMW schräg hinter ihnen war. »Sie sind gleich da«, rief er nach vorne.
    Er erkannte die beiden Männer aus dem Haus in Trastevere auf den Vordersitzen. Landinis Geistergesicht hing hinter ihnen auf der Rückbank wie ein Irrlicht; er telefonierte.
    Auf der Beifahrerseite senkte sich die Scheibe und der Lauf einer Waffe erschien.
    Der Mann mit dem Apfel bemerkte sie eher zufällig, riß die Augen weit auf und bremste panisch. Der rote Toyota blieb hinter ihnen zurück. Jetzt hatten Landinis Männer freie Bahn.
    Jupiter ließ sich flach auf den Boden fallen, zwischen Papierfetzen und ein paar Bücherkataloge. »Die schießen wieder auf uns!«
    Coralina antwortete nicht.
    Er hörte nicht den Schuß, wohl aber zweimal ein dumpfes Klong, als eine Kugel die Blechwand des Laderaums durchschlug und auf der anderen Seite wieder austrat. Ein zweiter Lichtfinger zog sich durch das staubige Dunkel des Wagens.
    »Wo sind sie jetzt?« brüllte Coralina nach hinten.
    »Ich werd den Teufel tun und noch mal durchs Fenster schauen!« gab er mit überschnappender Stimme zurück.
    »Halt dich fest!«
    »Hier gibt’s nichts zum Festhal …«
    Weiter kam er nicht, denn im selben Augenblick trat Coralina scharf auf die Bremse. Jupiter wurde gegen die Rückseite der Sitze geschleudert, stieß sich das Knie hart an einem Erste-Hilfe-Kasten an und sah einen Moment lang nur noch schwarz, als er mit der Nase gegen den Filzbezug der Fahrersitzlehne krachte.
    Der BMW raste in voller Fahrt an ihnen vorüber; der Lieferwagen fuhr jetzt nur noch etwa sechzig.
    »Alles in Ordnung?« rief Coralina besorgt.
    »Nein, verdammt!«
    »Gut. Dann halt dich noch mal fest!«
    »Ich hab doch schon gesagt, daß es hier …«
    Wieder blieb ihm keine Zeit, den Satz zu beenden. Coralina riß das Steuer nach rechts herum und brach zur Seite aus. Neben dem Asphalt verlief ein Streifen aus strohfarbenem Gras, dahinter lagen jenseits eines schmalen Feldweges die Äcker. Der Lieferwagen schoß zwischen haushohen Werbetafeln hindurch und verließ die Fahrbahn in einem so engen Winkel, daß die Reifen auf der linken Seite einen gefährlichen Augenblick lang die Bodenhaftung verloren. Dann aber kippte das Fahrzeug zurück in die Horizontale, rumpelte über das Gras, flog regelrecht über den Weg hinweg und landete auf dem Acker. Der Grund war hart und holprig. Jupiter wurde derart hin und her geworfen, daß er sich innerhalb eines Atemzuges ein Dutzend blauer Flecken holte.
    Der Lieferwagen donnerte viel zu schnell über die verkrusteten Ackerfurchen. Jupiter war sicher, daß sie jeden Moment steckenbleiben würden. Dann aber erreichten sie einen Feldweg; er führte in rechtem Winkel von der Autobahn fort. Der Lärm blieb derselbe, aber das Rütteln reduzierte sich auf ein erträgliches Maß.
    Stöhnend, und immer noch fassungslos, daß er Coralinas Manöver einigermaßen heil überstanden hatte, schob sich Jupiter zurück auf den Beifahrersitz. Das weiche Polster erschien ihm wie der Himmel selbst. Hastig schnallte er sich an.
    »Geht’s?« erkundigte sich Coralina besorgt und trat schon wieder das Gas durch.
    Er überlegte, ob er ihr überhaupt antworten sollte, dann aber knurrte er etwas, das wie ein Ja klingen sollte.
    »Zumindest haben wir jetzt einen echten Vorsprung«, sagte sie.
    »Ich erinnere mich vage, daß du

Weitere Kostenlose Bücher