Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus im Moor

Das Haus im Moor

Titel: Das Haus im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
Vom Netzwerk:
auf, sah wieder auf den Brief und sagte, bevor er ihn ganz zu Ende gelesen hatte: »Er reißt sich kein Bein aus, aber er hat’s trotzdem genommen, und es wird sich verkaufen. Ich weiß, daß es sich verkaufen wird.«
    Dann las er die letzten Zeilen. »Ich hab’s geschafft, Connie. Ich bin wieder da.« Sein Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt, und langsam beugte er sich vor und küßte sie.
    Als seine Lippen die ihren berührten, wich sie nicht zurück. Dazu war auch gar keine Zeit, weil der Kuß kurz und flüchtig war. Jetzt lehnte er sich zurück und lächelte ihr zu. In diesem Augenblick schien er ein anderer Mensch zu sein, und obwohl sie wußte, daß er sich nicht ändern würde, war sie dankbar für den Waffenstillstand. Er sagte: »Über eins bin ich jedenfalls froh. Jetzt hast du den Beweis dafür, daß ich im vergangenen Jahr wirklich gearbeitet habe, daß ich nicht auf meinem Hintern gesessen und Däumchen gedreht habe.« Und Constance antwortete: »Das habe ich auch nie geglaubt.«
    »Oh.« Er grinste schief und er drohte ihr mit dem Finger. »Ist auch egal. Ich bin wieder dabei. Hör mal, würdest du es lesen und mir sagen, was du davon hältst?«
    »Ja, ja, natürlich.« Es war schon beinahe sechs Jahre her, daß sie zuletzt eine seiner Arbeiten gelesen hatte, und es würden wahrscheinlich wieder sechs vergehen, bevor sie abermals die Gelegenheit bekam. »Spielt es im Norden?«
    »Nein. Nein.« Sein Ton war wieder abwehrend. »Ich habe dir schon vor Jahren gesagt, daß ich damit abgeschlossen habe. Sieh mal, Connie …« Er beugte sich zu ihr. »Ich werde nicht zum Heimatschriftsteller werden, selbst wenn ich anders keinen Erfolg hätte. Aber ich habe Erfolg! Ich hab’s geschafft.« Er wies in Richtung Tisch. »Ich wußte, daß ich’s schaffen würde … Heimatschriftsteller!« Er ging wieder auf und ab. »Die sind doch billig. Und weißt du was« – er drehte sich um und deutete mit dem Finger auf sie – »Harry kann reden, bis er schwarz wird, über die Tugenden von Hardy und Bennett und dem Rest der alten Truppe und über die neue Truppe, Fillman, Cooksy und wie sie alle heißen. Diese Art zu schreiben ist tot. Oh, sie machen mich krank, genauso krank wie Harry, wenn er immer wieder anfängt, die Seitenstraßen zu preisen und die schlampigen Frauen – mit den goldenen Herzen. Du solltest hören, was sie unten im Süden darüber sagen. Sie werden genauso behandelt wie ein moderner Eton-Student, mit höflicher Herablassung. Ich sage dir, ich weiß, wovon ich spreche. Ich hatte welche von ihnen in meiner ersten … Du solltest es eigentlich wissen.«
    Er verlor sich in seinem Protest gegen seine frühere Umgebung. Sie hätte sagen können, was auch Harry häufig geäußert hatte: Das einzig Anständige, was du jemals geschrieben hast, steht in deinem ersten Buch, und das war voller Menschen, die aus dem Norden oder Nordosten kamen, nicht aus Yorkshire Dales oder Cumberland. Aber was konnte sie damit erreichen? Sie wollte seine Bitterkeit darüber, ignoriert zu werden, nicht noch vertiefen. Er war in seinen Geburtsort zurückgekehrt und hatte sich vorgestellt, hier gefeiert zu werden, aber außer einer kurzen Erwähnung in The Journal war nicht passiert.
    Plötzlich blieb Jim stehen und starrte auf das Manuskript hinunter. Dann sah er Constance an und sagte: »Ich möchte, daß Harry es erfährt. Hast du Lust, sie heute Abend zu besuchen?«
    »Ja. Ja, natürlich.«
    »Wir werden Peter mitnehmen. Wo ist er überhaupt?«
    »Oh, er macht nur einen Spaziergang, aber er wird gleich wieder da sein. Er wird mitkommen, er geht gern zu Harry.«
    »Ja. Ja, er geht gern zu Harry.« Jims Stimme hatte wieder einen bitteren Unterton.
    Sie wußte, daß sie das Falsche gesagt hatte. Es kam nur selten vor, daß sie sich länger als ein paar Minuten unterhalten konnten, ohne daß sie das Falsche sagte.
    Jim ließ sie ohne ein weiteres Wort gehen. In ihrem Zimmer legte sich Constance aufs Bett. Ihre Gedanken kehrten zum gestrigen Tag zurück, und sie erinnerte sich an Peters Worte: »Es wird nicht mehr dasselbe sein, wenn er hierher kommt.« Sie wußte, daß ihr Sohn Recht hatte, und fragte sich, ob sie – dort oben in dem Haus – nicht würde lernen können, mit sich allein zu leben.

5
    Vier Räume im Erdgeschoß eines zweistöckigen Gebäudes, eine von achtzig ähnlichen Wohnungen, aus denen die ganze Bickley Street bestand. Wie für jeden anderen in der Straße auch war für Harry sein Heim ein Haus

Weitere Kostenlose Bücher