Das Haus im Moor
Harry werden jeden Moment hier sein. Ich … ich habe den ganzen Nachmittag auf dich gewartet, um dich darauf vorzubereiten. Wo bist du gewesen?«
Peter sah seine Mutter grimmig an. »Ich hab’s dir gestern Abend erzählt. Ich … ich mußte jemanden treffen.«
Sie glaubte ihm nicht.
Er setzte sich mit vorgebeugtem Oberkörper an das Sofa, als ob er Bauchschmerzen hätte, und fragte: »Weiß er davon?«
»Nein.«
In diesem Augenblick wurde die Wohnungstür aufgeschlossen, und Peter richtete sich auf. Er setzte sich aufrecht hin und sagte: »Geh und sag’s ihm.«
Constance rührte sich nicht. Mit blassem Gesicht wiederholte er seine Aufforderung. »Nun geh schon. Sag’s ihm!«
Constance trat in die Diele, und als Jim seinen Mantel an die Garderobe gehängt hatte, bat sie ihn: »Können wir kurz ins Arbeitszimmer gehen? Ich muß mit dir sprechen.«
Jim drehte sich um. »Was ist denn los? Ist etwas passiert?«
Als sie die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich geschlossen hatten, fragte er erneut: »Was ist los?« Constance, die kaum in der Lage war, ihre Stimme zu kontrollieren, erzählte es ihm.
Kurz sah sie ein amüsiertes Flackern über Jims Gesicht huschen, aber dann wurde er wieder ernst. »Sie ist eine gerissene, kleine Schlampe«, sagte er, »und eine Nutte, um es mal deutlich zu sagen. Hat Peter es abgestritten?«
»Absolut. Und ich glaube ihm.«
»Verständlicherweise.« Dann fügte er etwas sanfter hinzu: »In diesem besonderen Fall bin ich sogar deiner Meinung. Er hätte nicht den Mumm dazu. Trotzdem, vielleicht hat sie ihn verführt. Die kann dich mit ihren Augen vergewaltigen.«
Schlampe, Nutte, Verführung, Vergewaltigung – all diese Worte waren Constance zuwider. Sie haßte jeden und alles, was damit verbunden war, aber Jim sagte trocken: »Nun, das sollte dich auf den Boden der Tatsachen bringen. Solche Dinge passieren nun mal.«
»Ich … ich brauche so etwas nicht, um auf den Boden der Tatsachen zu kommen, wie du dich ausdrückst. Und vergiß mich jetzt mal für einen Augenblick. Denk lieber darüber nach, was du Harry sagen wirst.«
»Was ich Harry sagen werde!« Seine Stimme wurde lauter. »Ich habe Harry nichts zu sagen. So, wie ich Harry kenne, wird er das Reden übernehmen. Was könnte ich ihm schon sagen, außer daß er, seit seine Tochter geboren wurde, alles daran gesetzt hat, sie zu dem zu machen, was sie ist?«
»Das wird jetzt nicht helfen.«
»Wo ist er … wo ist Peter?«
»Im Wohnzimmer. Er … er ist furchtbar böse.«
»Das ist kein Beweis für seine Unschuld.« Während Jim die Tür öffnete, fragte er noch: »Was glaubst du, was sie will? Geld? Sie ist nämlich eine geschäftstüchtige, kleine Schlampe.«
»Ich glaube, daß sie ihn will. Millie … Millie sagt, daß sie schon immer ein Auge auf ihn geworfen hatte.«
»Sag bloß! Nun …« – er war erstaunt – »nun, ich will verdammt sein, wenn das kein Weg ist, ihn zu kriegen. Dieser Trick ist alt, weißt du, er ist so alt wie die Berge. Aber wenn er tatsächlich mit ihr zusammen war, wird er das Gegenteil nicht beweisen können.«
Als sie am Fuß der Treppe angelangt waren, klingelte es. Sie sahen sich an. Jim straffte seine Schultern und ging zur Tür. Draußen standen sein Bruder, seine Schwägerin … und Ada.
Jim Stapleton hatte schon immer ein bißchen Angst vor seinem Bruder gehabt. Harry wußte so viel von ihm, er kannte all seine Schwächen. Er hatte stets hinter Jims intellektuelle Fassade gesehen, und das konnte er ihm einfach nicht verzeihen. Und dann war da noch seine andere Schwäche, und Harry wußte mit Sicherheit auch darüber Bescheid.
Aber jetzt war Harry plötzlich nicht mehr obenauf. Zwar sah er wie ein vor Wut schäumender Vater aus, doch es war offensichtlich, daß er unter Schock stand. Obwohl es um seinen eigenen Sohn ging, war Jim entzückt. Peter war ein eingebildeter Pinkel, und solche Situationen holten auch die Pinkel von ihren hohen Rössern. Wenn er Ada heiraten mußte, war ihm das auch recht. So käme er endlich aus dem Haus und würde dem Einfluß seiner Mutter entzogen. Jim hatte immer schon das Gefühl gehabt, daß er ohne seinen Sohn im Hintergrund seine Frau besser hätte lenken können.
»Also!« Harry spuckte das Wort aus, während er seinen Bruder und Constance ansah. Sein Kinn zuckte wie bei jemandem, der gleich in Tränen ausbricht. »Wo ist er?«
»Harry, würdest du bitte mit uns ins Arbeitszimmer kommen? Wir können dort über die ganze Angelegenheit
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