Das Haus in den Dünen
sich. »Schön, dann werde ich mir mal den Wirt vornehmen. Gibt es sonst noch etwas?«
»Monika und Till hören sich in der Nachbarschaft um. Vielleicht haben wir ja Glück.«
Hinter dem Absperrband auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen einige Anwohner und beobachteten die Szenerie. Ab und zu flammte das Blitzlicht eines Fotoapparates auf. Für Langewerth war dieser Mord eine Sensation. Auch einige Pressefotografen hatten sich unter die Menschenmenge gemischt, die trotz des Regens ausharrte.
Das Opfer hieß Uwe Lohmann, war fünfunddreißig und wohnte nur wenige Schritte vom Tatort entfernt. Trevisan wusste, dass er im Ölhafen arbeitete. Diesmal hatte es keinen LKW-Fahrer getroffen.
»Martin!«, riss ihn Monikas Stimme aus den Gedanken. »Ich habe eine Anwohnerin, die etwas gesehen hat! Sie konnte nicht schlafen und hat aus dem Fenster geschaut. Sie sah gegenüber des Klosterkrugs eine dunkle Gestalt stehen. Beinahe eine halbe Stunde stand sie dort drüben, im Schatten des Hauses.« Monika wies auf ein Häuschen auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
»Was ist das für ein Gebäude?«
»War früher einmal eine Milchannahmestelle, steht aber schon seit Jahren leer.«
»Kann die Frau die Person beschreiben?«
»Nur vage«, antwortete Monika. »Mittelgroß, schlank und dunkel gekleidet. Offenbar trug die Person einen schwarzen Schal, um das Gesicht zu verdecken. Die Frau hatte das Gefühl, dass sich die Gestalt extra dicht an das Haus drückte, um nicht gesehen zu werden.«
»Und was hat sie beobachtet?«
»Lohmann kam aus der Kneipe. Er schwankte leicht und ging die Straße hinunter. Die Person ging hinter ihm her, holte ihn ein und sprach ihn an. Sie war überhaupt nicht hektisch und schlenderte eher zufällig, beinahe leichtfüßig hinter ihm her. Fast so, als hätte sie nur den gleichen Weg wie er. Lohmann wandte sich um und dann krachte es auch schon. Lohmann ist zu Boden gestürzt, die Person ging auf ihn zu, beugte sich über ihn und es blitzte und knallte erneut. Dann ist die Gestalt wieder in die Richtung des Milchhäuschens weggerannt und verschwunden.«
»Leichtfüßig«, hakte Trevisan nach, »was meint deine Zeugin damit?«
»Ich habe nachgefragt«, entgegnete Monika. »Sie meint damit, dass die Person sportlich und gelenkig wirkte, ganz im Gegensatz zu Lohmann. Deswegen war die Zeugin auch so überrascht, als plötzlich die Schüsse fielen. Sie kann es nicht erklären und meint, dass es ihr deshalb so erschien, weil Lohmann betrunken war und schwankte.«
Trevisan nickte. »Hast du Kleinschmidt Bescheid gesagt, dass er den Weg absuchen soll, den der Täter bei seiner Flucht nahm?«
»Er hat die Hundestaffel angefordert. Die Kollegen schicken Verstärkung. Vielleicht finden wir etwas auf dem Fluchtweg.«
»Wohin führt der Weg neben dem Haus?«, fragte Trevisan.
»Ein Feldweg, er führt nach Roffhausen, man kann aber auch auf die Landstraße nach Wilhelmshaven gelangen.«
»Okay, dann sucht alles ab. Vielleicht findet ihr Reifenspuren.«
Monika nickte und blickte zu Dietmar hinüber, der noch immer neben der Leiche stand und offenbar eine kleine Skizze anfertigte. »Hast du veranlasst, dass er angerufen wird?«
Trevisan schüttelte den Kopf. »Er stand im Bereitschaftsplan, ich habe vergessen, ihn zu streichen. Aber seinem Jungen geht es gut. Dietmar sagt, er wird wieder ganz der Alte.«
*
Der Klosterkrug war eine typische Dorfkneipe, ein bisschen schummrig und mit dunklen Möbeln ausgestattet, die vor dreißig Jahren modern gewesen waren. Über den runden Tischen im Gastraum schwebten Lampen mit Werbung für eine Biermarke, die es seit Jahren nicht mehr gab. Links neben dem Tresen stand ein runder Tisch, auf dem ein großer Aschenbecher prangte. Auch die Zigarettenmarke, für die er warb, gab es längst nicht mehr. Über diesem Tisch hingen zwei Lampen und an der Wand dahinter hatte der Wirt Postkarten aufgehängt. Ein Werder-Schal prangte darüber. Zweifellos der Stammtisch in dieser Wirtschaft.
Ein großer, rundlicher Mann mit Glatze saß an dem Tisch und blickte auf, als Trevisan die Gaststätte betrat. Der Wirt des Klosterkrugs. Ein Schnapsglas stand vor ihm auf dem Tisch. Trevisan hob seine Dienstmarke in die Höhe und setzte sich zu ihm.
»Moin, ich bin Martin Trevisan von der Kripo Wilhelmshaven.«
Der Wirt leerte das Glas und setzte es geräuschvoll auf dem Tisch wieder ab. »Hier saß er«, murmelte er.
»Uwe Lohmann?«, sagte Trevisan. »Er war also
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