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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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den Mut beinahe verloren.«
    Ihr taten die Füße weh. Kellnerinnenfüße, dachte sie. Nicht weit entfernt war eine Bank. Sie wischte mit der Hand die Feuchtigkeit von den Latten, ehe sie sich setzte. Sie dachte an Irland und Vernon Court, so seltsam fern jetzt, als gehörten sie in das Leben einer anderen.
    Â»Ich komme dir wahrscheinlich flatterhaft vor. Erst erkläre ich dir, dass ich dich liebe, und dann heirate ich einen anderen.« Sie schlug den Mantelkragen rund um ihr Gesicht in die Höhe. »In deinem Leben ist so vieles geschehen, Anton, Schreckliches, ja, das weiß ich, aber in meinem Leben ist überhaupt nichts geschehen. Ich weiß nicht, ob du dir das vorstellen kannst. Ich weiß nicht, ob du dir vorstellen kannst, wie tot ich mich gefühlt habe. Ich musste einfach dafür sorgen, dass etwas geschieht. Ich dachte, du liebst mich nicht. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen. Und ich wusste nicht, wie ich damit fertig werden soll.«
    Er setzte sich neben sie. »Wie konntest du glauben, dass ich dich nicht liebe?« In seiner Stimme schwang Ärger mit. »Warum hast du mir nicht vertraut?«
    Â»Der Brief, den du mir geschrieben hast –«
    Â»Aber du musst doch gewusst haben, dass ich keine Wahl hatte. Dein Vater hat mir keine Wahl gelassen.«
    Â»Mein Vater? Wieso? Ich verstehe nicht.«
    Â»Er hat mir klipp und klar gesagt, dass er einer Heirat zwischen uns niemals zustimmen würde.«
    Von plötzlichem Schrecken ergriffen, sah sie ihn an. »Du hast mit meinem Vater gesprochen? Wann?«
    Â»Das wusstest du nicht?«
    Â»Nein. Ich hatte keine Ahnung.« Ihr war kalt. »Was hat er gesagt?«
    Â»Dass ich mich von dir fernhalten soll, natürlich.«
    Â»Ja, aber – der Brief…« Dann eine schreckliche Ahnung. »Mein Vater hat dich gezwungen , diesen Brief zu schreiben? Sag es mir, Anton, hat er dich gezwungen?«
    Â»Er war jedenfalls sehr bestimmt.«
    Â»Aber warum hast du dich nicht einfach geweigert?«
    Â»Das konnte ich nicht. Wie ich schon sagte: Er hat mir keine Wahl gelassen.«
    Â»Das verstehe ich nicht. Hat er dir gedroht?«
    Â»Sara, das ist lange er. Lassen wir es einfach auf sich beruhen, hm?«
    Der Nebel hatte sich etwas gelichtet, und zum ersten Mal konnte sie das andere Flussufer mit den Lagerhäusern, Kränen und Fabriken erkennen. »Ich möchte es aber wissen«, beharrte sie. »Was hat mein Vater getan? Was hat er zu dir gesagt?«
    Anton seufzte. »Dass ich nicht genug Geld hätte, um für dich zu sorgen, was ja auch stimmte. Und dass ich dich unglücklich machen würde.«
    Â»Das Geld ist mir doch überhaupt nicht wichtig. Und du würdest mich niemals unglücklich machen.«
    Â»Nur Heiligen ist Geld nicht wichtig«, sagte Anton mit zärtlichem Spott. »Uns anderen schon, glaube ich, wenigstens ein bisschen. Ich wollte nicht, dass du leidest – ich wollte nicht, dass du frierst oder hungrig bist. Ich wollte dich nicht aus deiner Welt herausreißen und in die versetzen, die ich kenne.«
    Â»Das ist doch noch nicht alles.« Als er nicht antwortete, sagte sie: »Anton, sag mir die Wahrheit.«
    Auf dem Fluss tauchte jetzt von Zeit zu Zeit ein Teil eines Boots – ein Rumpf, ein Schornstein, ein Mast – aus dem dünner werdenden Nebel auf.
    Sie hörte ihn sagen: »Dein Vater erklärte mir, dass man mich zwingen würde, das Land zu verlassen, wenn ich nicht täte, was er von mir verlangte.«
    Nein!, hätte sie beinahe gerufen. Nein, das würde er nie tun. Aber sie hatte inzwischen gelernt, ihren Vater mit mehr Distanz zu sehen, als einen Fremden, einen starken, energischen Mann, der von der Richtigkeit seiner Ansichten überzeugt war. Ein Mann, der rücksichtslos, ja grausam sein konnte. Ihr Vater, den sie liebte und dem sie vertraute, hatte sie getäuscht und verraten und sie mit Hinterhältigkeit dazu gebracht, den Mann aufzugeben, den sie liebte.
    Â»Das wusste ich nicht«, sagte sie leise. »Dafür hasse ich ihn.«
    Â»Er wollte dich damit schützen. Er glaubte, das Beste für dich zu tun.«
    Sara schüttelte langsam den Kopf. »Mein Vater hat das getan, was für ihn selbst am besten war. Für die Finboroughs. Aber ich bin keine Finborough mehr. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal stolz darauf sein würde, eine Vernon zu sein, aber jetzt bin ich es.« Sie

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