Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
darübergegossen.»
    «Hab ich nicht!», protestierte Peter. «Ich bin dagegengestoßen, weil du zu blöd bist, deine Sachen richtig hinzustellen.»
    «Das ist …»
    «Schluss, sage ich!» Berthes Stimme wurde lauter. «Was soll denn euer Vater denken, wenn ihr euch so unmöglich benehmt?»
    «Er soll Peter den Hintern versohlen!», piepste Ricarda, am Rande eines Tränenausbruchs.
    Julius atmete tief durch. In letzter Zeit schien sein Heim einem Narrenhaus zu gleichen. Entschlossen stieg er die Treppe hinauf. Als Ricarda und Peter ihn sahen, verstummten sie auf der Stelle. Sein finsterer Blick glitt über die beiden hinweg, dann in Ricardas Zimmer, dessen Tür weit offen stand. Am Boden sah er einen großen Bogen Papier, auf dem sich mehrere Farbflecke zu einem rotbraunen Geschmiere vermischt hatten. Das Landschaftsbild darunter war kaum noch zu erkennen. Daneben lagen Pinsel und umgestürzte Farbgläser.
    «Was geht hier vor?», fragte Julius streng. Bevor seine Tochter Luft holen und zu einer weiteren Tirade ansetzen konnte, hob er die Hand. «Wer ist für diese Unordnung verantwortlich?»
    «Peter» – «Ricarda», riefen die Kinder gleichzeitig.
    «Also gut, dann sorgt ihr beide dafür, dass das aufgeräumt wird», bestimmte er. «Und danach geht ihr ohne Abendbrot zu Bett.»
    «Aber …» Ricarda starrte ihn entsetzt an.
    «Kein Aber, junges Fräulein. Euer Geschrei hat man ja bis auf die Straße gehört. So etwas will ich nicht noch einmal erleben. Habt ihr verstanden?»
    «Ja, Papa.» Wieder hatten beide einstimmig geantwortet und ließen die Köpfe hängen.
    «Worauf wartet ihr noch?», knurrte er.
    Wie von Wespen gestochen, eilten die beiden in das Zimmer und begannen, das Durcheinander zu beseitigen.
    «Entschuldigen Sie, gnädiger Herr», sagte Berthe, die inzwischen wieder zu Atem gekommen war. «Ich weiß nicht, was in die beiden gefahren ist. Sie zanken schon den ganzen Tag, und …»
    «Ist das Abendessen fertig?», unterbrach er sie ruppig.
    «Äh, ja, gnädiger Herr. Sofort.» Berthe knickste leicht und eilte die Treppe wieder hinab. Julius warf noch einen letzten Blick in das Zimmer seiner Tochter, bevor er ins Erdgeschoss ging. Im Esszimmer setzte er sich und schlug die Zeitung auf, die er am Morgen nicht hatte lesen können, während Berthe ihm sein Essen servierte. Ehe sie den Raum wieder verlassen konnte, senkte er die Zeitung ein wenig. «Schick mir den Köbes herein, Berthe.»
    «Ja, gnädiger Herr.»
    Nur Augenblicke später erschien sein Hausdiener in der Tür. «Sie wünschen, gnädiger Herr?»
    Julius faltete die Zeitung zusammen und griff nach Messer und Gabel. «Weshalb malt meine Tochter auf dem Fußboden?»
    Jakob rieb sich verlegen das Kinn. «Sie hat Gefallen am Zeichnen gefunden, sich aber nicht getraut, Sie nach einer Staffelei zu fragen.»
    Julius runzelte die Stirn. «Warum nicht?»
    «Nun ja, gnädiger Herr …» Jakob trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. «Sie sind sehr beschäftigt und häufig abwesend. Da dachte sie wohl …»
    «Was dachte sie?» Kopfschüttelnd schnitt Julius ein Stück Braten ab. «Dass es besser sei, den Fußboden in ihrem Zimmer zu ruinieren? Kümmere dich darum, dass sie morgen eine ordentliche Staffelei bekommt. Und was man sonst noch zum Malen so braucht.»
    «Natürlich, gnädiger Herr.»
    «Du kannst gehen.» Julius konzentrierte sich nun vollends auf seinen Teller und beachtete den Diener nicht weiter.
    Jakob warf ihm einen kurzen Blick zu, in dem sowohl Mitleid als auch Verständnis lagen. Leise zog er sich zurück und ließ seinen Herrn allein.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 5
    «Fräulein Christine, Sie müssen ein wenig stillhalten», sagte Pauline, die sich bemühte, aus dem glatten blonden Haar des jungen Mädchens eine elegante Frisur zu stecken. Neben ihr lag ein Arsenal an Kämmen, Haarnadeln und ein Brenneisen, um die obligatorischen Löckchen zu formen, die heute Abend das Gesicht Christines umrahmen sollten.
    «Entschuldige, Pauline, aber ich bin so aufgeregt.» Christine nahm den kleinen Handspiegel von ihrer Kommode und versuchte zu erkennen, was Pauline hinter ihr tat. «Es muss alles perfekt sein. Mama sagt, es kann sein, dass Elmar mir schon heute einen Antrag machen wird. Stell dir vor – ich die Ehefrau von Elmar Schnitzler, dem Erben des Bankhauses Schnitzler!»
    «Sie können sich wirklich glücklich schätzen», sagte Pauline. «Er ist ein netter junger Mann. Sehr schneidig, würde ich sagen.»
    «Ja,

Weitere Kostenlose Bücher