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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Sorge. Es geht um ein paar Geldanlagen. Schnitzler will mir ein neues Spekulationsgeschäft vorstellen.»
    «Spekulationen?» Annettes Stimme nahm einen besorgten Ton an. «Dein Vater hat von so etwas immer die Finger gelassen. Das ist viel zu unsicher. Was, wenn du all dein Geld dabei verlierst?»
    Julius legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. «Keine Sorge, Mutter. Ich sage ja nicht, dass ich einsteigen werde. Ich höre es mir erst einmal an, dann sehen wir weiter. Außerdem muss ich in zwei oder drei neue Webstühle investieren und ein paar der alten reparieren lassen. Dazu muss ich mir eine gewisse Summe leihen.»
    Annette schien sich mit seiner Erklärung zufriedenzugeben. Unvermittelt trat sie näher an ihn heran und berührte den linken Aufschlag seiner Anzugjacke. «Wo hast du dich denn schmutzig gemacht? Ein unschöner Fleck. Gib die Jacke meiner Anneliese, vielleicht kann sie ihn herausreiben.»
    Verwundert blickte Julius an sich herab und entdeckte die dunkle Stelle. Er fuhr mit dem Finger darüber und runzelte die Stirn, als ihm einfiel, woher der Fleck stammen musste. «Schon gut, Mutter, mach dir keine Umstände. Darum kann sich Berthe kümmern, wenn ich nach Hause komme.»
    «Das sieht aus wie ein Ölfleck, Julius. Der geht nur schwer wieder heraus, wenn du zu lange wartest.»
    «Und wennschon.» Ungeduldig winkte er ab. «Nur ein kleines Missgeschick. Achte einfach nicht darauf, Mutter.»
    «Also gut.» Annette, die den ruppigen Ton an ihrem Sohn nur allzu gut kannte, wechselte das Thema. «Laufen die Geschäfte gut?» Sie stellte die Schachtel mit den Trockenfrüchten auf den großen Eichentisch in der Mitte des Wohnzimmers und setzte sich. Julius ließ sich ihr gegenüber nieder.
    «Die Zeiten sind nicht ganz einfach», antwortete er vorsichtig. «Alles verändert sich. Die alten Textilmanufakturen werden nicht mehr allzu lange konkurrenzfähig sein. Aus England hört man immer wieder Nachrichten von bahnbrechenden Erfindungen im Bereich der maschinellen Fertigung.»
    «So wie die neuen Webstühle?»
    Julius nickte. «Sie erleichtern die Arbeit enorm und machen eine Produktion in großer Menge möglich. Ich überlege sogar, ob es sinnvoll wäre, eine weitere Fertigungshalle anzubauen.»
    «Dazu müsstest du dir ja noch viel mehr Geld leihen!»
    Julius streckte die rechte Hand aus und ergriff Annettes Linke, drückte sie kurz. «Keine Sorge, Mutter. Ich habe das schon durchgerechnet und werde mit Schnitzler in Ruhe darüber sprechen.»
    «Aber wozu noch eine Fertigungshalle?», wollte Annette wissen. «Du hast eben gesagt, dass die Zeiten für den Textilhandel schwierig sind.»
    «Deshalb sollte ich darüber nachdenken, meine Warenpalette zu erweitern», erklärte Julius. «Unsere Wollstoffe sind mit den englischen durchaus konkurrenzfähig. Aber der Absatz stagniert. Leinen kommt derzeit überwiegend aus der Eifel, da könnte ich möglicherweise noch eine Marktlücke schließen. Und über kurz oder lang werde ich mich auch mit der Fertigung von Baumwollstoffen auseinandersetzen müssen.»
    «Baumwolle? Die kommt doch fast ausschließlich aus Amerika», widersprach seine Mutter energisch. «Und überhaupt, wer will denn schon Kleider aus Baumwolle tragen? Wolle und Leinen werden überall bevorzugt.»
    Julius nickte. «Ich bin überzeugt, dass der Markt für Baumwollstoffe eines Tages enorm wachsen wird. Die Möglichkeiten wären für Pioniere auf diesem Gebiet grenzenlos. Aber», fügte er hinzu, als er sah, dass sich die Wangen seiner Mutter vor Erregung zu röten begannen, «das ist alles noch Zukunftsmusik. Nun erzähle mir doch bitte ein wenig von deiner Woche. Was hast du erlebt, wem bist du auf den Teegesellschaften begegnet?»
    «O bitte, Julius! Lenk nicht ab!», schalt Annette ihren Sohn. «Du bist ein guter Junge und ein ausgezeichneter Geschäftsmann. Versprich mir nur, dass du dein Geld nicht leichtfertig anlegen wirst.»
    Julius legte den Kopf schräg. «Wann habe ich das je getan, Mutter?»
    Annette senkte für einen Moment den Blick, als sie ihn wieder hob, hatte sie ein Lächeln auf den Lippen. «Nun gut. Du hast es nicht anders gewollt. Also höre, was mir auf der Teegesellschaft von Ottilie Radehorst am Dienstag zu Ohren gekommen ist. Übrigens erhielt ich gestern eine Einladung zur Soiree am Samstag bei den Steins. Die Oppenheims kommen auch.»
    «Ich weiß. Auch ich habe eine Einladung erhalten», sagte Julius.
    Annette hob die Brauen. «Natürlich wirst du dort

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