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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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scheint …»
    «Das Wetter interessiert mich nicht, Herr Reuther! Sie wissen ganz genau, dass wir heute Abend Gäste erwarten. Sie haben sie selbst eingeladen. Und Ricarda hat für Samstag ihre Freundinnen zum Tee gebeten. Wie in aller Welt soll ich in diesem Durcheinander Gäste bewirten?»
    «Ich habe Anweisung gegeben, mit den Arbeiten im großen Salon zu warten, bis die anderen Räume fertiggestellt sind.»
    «Na wunderbar», sagte Pauline wütend. «Was hat Sie eigentlich dazu veranlasst, so aus heiterem Himmel das Haus zu renovieren?»
    Julius Miene wurde ernst. «Es war an der Zeit für eine Veränderung.»
    Unzufrieden mit dieser knappen Begründung, schüttelte Pauline den Kopf. «Aber warum gerade jetzt? Wäre der Frühling nicht viel angenehmer für solche Arbeiten?» Sie verschränkte die Arme vor dem Körper. «Und so viele Handwerker … Ist das nicht …» Verlegen hielt sie inne.
    Julius legte den Kopf schräg. «Was?»
    «Nein, verzeihen Sie, das geht mich nichts an.»
    «Reden Sie ruhig.»
    «Es schickt sich nicht, mich einzumischen.»
    Ungehalten lehnte sich Julius über den Schreibtisch. «Nun reden Sie schon, Fräulein Schmitz! Sie wissen, ich kann es nicht ausstehen, wenn Sie so herumdrucksen.»
    Pauline holte Luft. «Also gut. Ist das nicht eine unbedacht hohe Ausgabe, gerade in der Situation, in der Sie sich derzeit befinden? Ich meine …»
    «Ich weiß, was Sie meinen.» Julius stand auf und ging zum Fenster. «Aber gerade in meiner jetzigen Situation gibt es gute Gründe für mein Handeln.»
    «Und die wären?»
    Er drehte sich zu ihr um. «Zunächst einmal darf ich den Gerüchten, die über mich kursieren, nicht noch mehr Nahrung geben, indem ich mit dem Sparen anfange.»
    «Aber …»
    «Außerdem sollte das Haus seine Bewohner repräsentieren. In diesem Gemäuer haust noch immer der Geist meiner verstorbenen Frau. Ein Neuanfang kann nur stattfinden, wenn man sich von derartigen Lasten befreit.»
    «Aha.» Pauline begann, auf und ab zu gehen. «Dann planen Sie also grundlegende Veränderungen.»
    «Auf die eine oder andere Weise wird mir nichts anderes übrig bleiben», erwiderte er. «Aber darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht.»
    «Ich soll mir keine Gedanken machen?», fragte Pauline gereizt.
    «Nein, denn was ich veranlasse, betrifft Sie nicht.»
    «Ach nein?»
    Julius trat auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand. Pauline hielt unwillkürlich die Luft an. In seiner unmittelbaren Nähe schlug ihr Herz immer wie wild. Dennoch hielt sie seinem Blick eisern stand. Sie würde sich vor ihm keine Blöße geben.
    «Für Sie wird sich in diesem Hause nichts ändern … Es sei denn, Sie wünschen es selbst.»
    Pauline schluckte. Ein merkwürdig dumpfes Gefühl breitete sich in ihrer Magengrube aus. Abrupt wandte sie sich ab. «Wenn das Ihre Art war, mir mitzuteilen, dass Sie mich zugunsten Ihrer zukünftigen Braut loswerden wollen, dann war das nicht sehr elegant, Herr Reuther.» Ihre Stimme zitterte leicht – vor Wut, aber auch vor Enttäuschung.
    Sie wollte schon zur Tür gehen, doch im gleichen Moment spürte sie seinen festen Griff um ihren Oberarm. Mit einem Ruck drehte Julius sie wieder zu sich herum. «Davon war überhaupt nicht die Rede, Fräulein Schmitz», sagte er laut; offenbar störte es ihn nicht, dass die Handwerker ihn draußen hören konnten. «Wenn es nach meinem Willen geht, bleiben Sie genau dort, wo Sie sind. Ob ich nun heirate oder nicht.»
    Mit klopfendem Herzen blickte Pauline zuerst auf seine Hand, die ihren Arm umfasst hielt, und dann in seine Augen, die immer dunkler zu werden schienen. Mit Bedacht und dem letzten Rest an Selbstbeherrschung, den sie aufbringen konnte, löste sie seine Finger von ihrem Arm und trat einen Schritt zurück. «Wann ist es denn jemals nicht nach Ihrem Willen gegangen, Herr Reuther?»
    Ehe sie erneut die Flucht antreten konnte, hatte er sie bei den Schultern gefasst und zog sie wieder näher zu sich heran. «In letzter Zeit?», fragte er rau. «Immer dann, wenn es nach Ihrem Willen ging, Fräulein Schmitz, und das wissen Sie genau.»
    Inzwischen hatte Pauline das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. «Lassen Sie mich los», presste sie hervor.
    Julius suchte ihren ausweichenden Blick und hielt ihn gefangen. «Nein, Fräulein Schmitz. Sie laufen mir nicht davon.» Er schien zu spüren, wie sie sich versteifte, denn plötzlich ließ er sie los. «Fürs Erste bleiben Sie in diesem

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