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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ich mir Sorgen gemacht habe, gnädiger Herr. Aber Sie schicken sonst immer eine Nachricht, wenn Sie länger ausbleiben. Es geht mich ja nichts an, wo Sie waren, aber Sie hätten uns nicht einfach im Ungewissen lassen dürfen. Auch die Kinder waren unruhig und besorgt.»
    «Ich bin Ihnen keine Rechenschaft über meinen Verbleib schuldig», sagte Julius.
    «Selbstverständlich nicht.» Pauline wandte sich wieder zum Gehen.
    «Aber Sie geben wieder einmal keine Ruhe, nicht wahr?»
    Pauline blickte über die Schulter zurück. «Ich gehe jetzt zu Bett. Gute Nacht, Herr Reuther.»
    «Guter Gott, Sie sind eine echte Plage!» Mit zwei Schritten war Julius bei ihr und drehte sie grob zu sich herum.
    Erschrocken versuchte sie zurückzuweichen, doch Julius hielt sie fest. «Ich war bei Alfred Lungenberg. Dem Mann, der möglicherweise für den Fehlschlag meiner Investition in die Spekulationsgeschäfte von Schnitzler verantwortlich ist. Zumindest steckt er hinter den Problemen, die ich wegen der Grenzsteine in Nippes habe. Ich wollte ihm den Hals umdrehen. Oder vielmehr war das mein erster Plan.»
    «Alfred Lungenberg?», fragte sie atemlos.
    «Danach bin ich umhergelaufen, habe nachgedacht. Das wird doch wohl noch erlaubt sein!»
    «Was haben Sie mit diesem Lungenberg gemacht?» Ängstlich blickte sie in seine zornig funkelnden Augen.
    Abrupt ließ er sie los. «Ich habe ihm nicht den Hals umgedreht, falls Sie das meinen. So weit konnte es nicht kommen, da nur sein ältester Sohn Frederik zu Hause war. Der tat, als wüsste er von nichts. Natürlich stimmt das nicht, aber ich hatte keine Möglichkeit, die Wahrheit aus ihm herauszupressen. Jedenfalls keine, die nichts mit Gewalt zu tun gehabt hätte. Ich muss herausfinden, ob es wirklich der alte Lungenberg war, der in diese Spekulation eingestiegen ist und mich so ausgebootet hat, oder ob doch jemand anderer dahintersteckt. Wie ich inzwischen weiß, betreffen die Verluste hauptsächlich mich und nicht die anderen Anleger. Wer auch immer das war, muss also genau gewusst haben, was er tat.»
    Pauline atmete auf, denn seine Stimme war wieder zu ihrem normalen Tonfall zurückgekehrt. «Und was jetzt?»
    «Was soll jetzt sein?» Irritiert erwiderte er ihren fragenden Blick.
    «Wie geht es jetzt weiter? Was haben Sie vor?»
    «Ich werde morgen noch einmal versuchen, bei Lungenberg vorzusprechen.»
    Pauline stieß einen ungeduldigen Laut aus. «Sie wissen genau, was ich meine!»
    Julius fasste erneut ihren Arm, diesmal jedoch deutlich sanfter. «Weiß ich das?»
    Natürlich war Pauline klar, dass sie dieses Gespräch unverzüglich hätte abbrechen müssen. Julius war ihr jetzt unschicklich nahe, doch aus unerfindlichen Gründen konnte sie sich nicht von der Stelle rühren.
    Nun ergriff Julius auch noch ihren anderen Arm und ließ seine Hände über ihre Ellenbogen hinabwandern, bis sie ihre Finger berührten und umschlossen. «Sagen Sie mir, wofür ich mich entscheiden soll, Pauline. Für den einfachen Weg, also die Ehe mit Frieda Oppenheim, oder für eine neue gefährliche Spekulation, an deren Ende ich entweder saniert oder ruiniert bin.»
    Pauline atmete scharf ein. Nicht nur die Berührung seiner Hände brachte sie aus dem Gleichgewicht, sondern auch sein forschender Blick und der tiefe, raue Tonfall seiner Stimme. Mit einiger Anstrengung riss sie sich zusammen.
    «Da fragen Sie noch? Wie können Sie auch nur in Erwägung ziehen, alles, wofür Sie und zuvor Ihr Vater so hart gearbeitet haben, aufs Spiel zu setzen?»
    Der Druck seiner Hände um ihre Finger verstärkte sich ein wenig. «Tja, wie könnte ich wohl?»
    «Hören …» Ihre Stimme brach, und sie musste erneut ansetzen. «Hören Sie auf damit. Das führt doch zu nichts!»
    «Nein?» Sein Gesicht näherte sich dem ihren, doch als ihre Gesichter nur noch wenige Zoll voneinander entfernt waren, hielt er inne.
    Paulines Brust hob und senkte sich heftig. Da war etwas in ihr, das sich wünschte, er möge die kurze Distanz zwischen ihnen endlich schließen, doch die Stimme der Vernunft warnte sie ebenso beharrlich davor, welche Konsequenzen das haben würde. Das Gesicht Friedhelm Buschners tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Und obgleich sie spürte und wusste, dass sie Julius nicht mit Buschner vergleichen konnte, dass er sie niemals so schäbig behandeln würde, reichte der Schock, den ihr die Erinnerung versetzte, um sie entschlossen zurückweichen zu lassen. Sie entzog ihm mit einem Ruck ihre Hände und floh ohne ein

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