Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
Vom Netzwerk:
fast perfekte Ebene. In der Mitte lag jedoch ein alter Mühlstein, und in den Lücken zwischen dem runden Mühlstein und den rechteckigen Platten hatten sich Unkräuter breit gemacht. Alex hatte gerade so viel von ihnen entfernt, dass man den Mühlstein gut erkennen konnte. Violet hatte ihren Namen sorgfältig in die quadratische Vertiefung gemeißelt, wo früher die Achse der Mühle angesetzt hatte.
    „Guck mal einer an. Wow.“ Sie beugte sich vor und fuhr mit den Fingern über die Schrift, so wie es Remy mit Candace’ Namen auf dem Fenstersims getan hatte.
    „Wieso da unten?“ Alex rieb mit der Schuhsohle über eine der Steinplatten. „Das sieht aus wie der Fußboden von irgendwas.“
    „Von einem Gewächshaus“, sagte Dottie Lee, die jetzt hinter ihnen stand.
    Faith berührte den Namen noch einmal. „Hier hat Violet bestimmt die Pflanzen gezogen, die sie vor dem Krieg verkauft hat. Hätte ich mir eigentlich denken können, dass dafür ein Gewächshaus nötig war.“
    „James hat es für sie gebaut. Er war natürlich zu krank, um es auf einen Schlag zu errichten, also ließ er sich Zeit. Hier einen Stein, da ein bisschen Glas. Danach musste er sich tagelang ausruhen. Sie haben Fenster benutzt, die sie im Schrott fanden, und das Häuschen doppelt verglast, damit es die Wärme hielt.“
    „Wiederverwertung. Wie es der Tonnenmann macht“, meinte Alex stolz.
    „Ganz ähnlich, ja. James war ein geschickter Bastler. Die Zierleiste schnitzte er selbst. Efeugirlanden, wenn ich mich recht entsinne. Das Gewächshaus war sehr schön, als es endlich fertig war. Es hatte natürlich keinen Strom, aber für die kältesten Nächte gab es in einer Ecke einen kleinen Kohleofen. Violet hat immer für ausreichend Glut gesorgt, bevor sie schlafen ging. Sie hat damit geprahlt, dass ihr nie eine einzige Pflanze erfroren ist.“
    Faith fühlte schon wieder Familienstolz aufwallen. „Sie war so einfallsreich.“
    „Sie hat aus dem, was ihr zur Verfügung stand, das Beste gemacht. Ich habe ihr in allem nachgeeifert.“
    Diesen Gedanken wollte Faith lieber nicht weiter verfolgen.„Wir haben jetzt drei Inschriften gefunden. Millicent, Violet und Candace. Das wär’s.“
    „Warum steht Millicents Name auf dem Dachboden?“ wollte Alex wissen.
    Dottie Lee tätschelte ihm die Schulter. „Millicent war ziemlich theatralisch. Sie wollte Schauspielerin werden. Sie hat große Teile ihrer Kindheit auf dem Speicher verbracht und mit den anderen Kindern aus der Straße Stücke aufgeführt. Da oben konnte sie ihr künstlerisches Talent austoben.“
    „Haben Sie auch mitgespielt?“
    „Nein, Schatz. Ich war ein süßes kleines Mädchen, und die anderen erkannten meine wahre Begabung. Mir fiel die Aufgabe zu, von Tür zu Tür zu gehen und die Karten zu verkaufen. Und ich habe viele verkauft.“
    Faith musste lächeln. „Pavel, Dottie Lee will mir helfen, Violets Garten wieder herzurichten.“
    Pavel begutachtete die Steine. „Ich könnte hier wieder ein Gewächshaus bauen. Vielleicht gibt es vom alten irgendwo ein Foto.“
    „Danke, aber ich möchte nicht von der Gärtnerei leben.“
    „Dann ein Sommerhäuschen. Eine Gartenlaube, in der wir abends sitzen und die vielen Lichter bewundern können.“
    Sie fragte sich, ob den anderen auffiel, wie selbstverständlich er von einer gemeinsamen Zukunft ausging. „Das kann ich nicht von dir verlangen.“
    „Das hast du auch nicht.“
    „Violet hätte das gefallen. Sie hat hier draußen so viel Zeit verbracht.“ Dottie Lee drehte sich mit offenen Armen im Kreis. „Sind Sie bereit für die Skizzen, Faith?“
    Faith hielt einen Block hoch.
    „Dann los, bevor ich müde werde. An der Rückseite des Hausesstanden Kamelien. Drei, glaube ich. Spurlos verschwunden. Eine herrlich karminrote. Eine weiße. Eine in Muschelrosa.“
    Dottie Lee schloss die Augen und versuchte, die Vergangenheit wieder auferstehen zu lassen. Sie berichtete von Bäumen, einer Blaufichte, Hartriegel und Judasbäumen. Dann sprach sie von Azaleen und Glyzinien und einer ganzen Reihe Stauden, die zu verschiedenen Zeiten blühten. Im Schatten einer längst verblichenen Virginischen Magnolie gedieh Dreiblatt, und an einem Spalier, das vor Jahrzehnten zu Staub zerfallen war, rankte sich Clematis mit tellergroßen, weißen Blüten empor. Altmodische Malven und Sonnenblumen schirmten die Fenster des Gewächshauses vor der schlimmsten Sommerhitze ab.
    Dottie Lee schaute Faith an. „Aber das Auffälligste waren natürlich die

Weitere Kostenlose Bücher