Das Haus in Georgetown
des konservativen Amerika. Von ihrer Scheidung und deren Ursache hatte er bestimmt gehört. Auch wenn sie Tubby sehr mochte, sovermutete sie doch, dass er Homosexualität für eine ziemlich schlimme Sache hielt.
„Hat er wieder Arbeit?“
Ihr Rücken wurde steif; sie befürchtete, dass Tubby sie gleich beschimpfen würde. „Es ist nicht leicht für ihn, das Richtige zu finden.“
„Also, das macht mich aber traurig. Er ist ein guter Mann – und ein cleverer.“ Er seufzte. „Oh, ich habe gehört, was passiert ist, und ich kann mir vorstellen, was für ein furchtbarer Schock das für Sie gewesen sein muss. Wissen Sie, zuerst bin ich auch sauer gewesen. Warum hat er diese Sache geheim gehalten und so getan, als wäre er ein anderer? Aber dann habe ich lange nachgedacht. Wir leben nich in einer Welt, wo ein Mann so einfach sagen kann, was er is, nich? Haben wir ihm denn eine Chance gegeben?“
Faith staunte. „Sieht so aus, als hätten Sie sich wirklich viele Gedanken gemacht.“
„War nötig.“
Sie guckte hoch und bemerkte Pavel, der auf sie zukam. Anscheinend konnte sie Tubby einen weiteren Schock nicht ersparen. „Tubby, darf ich Ihnen einen Freund vorstellen: Pavel Quinn.“
Tubby drehte sich um. „Hey, Pavel. Schön, dass Sie mal wieder vorbeischauen. Vertreib mir hier nur die Zeit mit Mrs. Bronson. Wir sind alte Kumpel.“
Pavel wirkte überrascht. „Tatsächlich?“
„Haben Sie ihr schon Ihr Haus gezeigt?“
„Wir sind gerade auf dem Weg dorthin.“
„Tja, dann will ich Sie nich aufhalten.“ Tubby wandte sich wieder Faith zu und zwinkerte. „Sie passen auf ihn auf, ja? Er hätte nämlich seinen Palast neulich fast in Schutt und Asche verwandelt, weil der Wind gedreht hatte.“
„Ich habe Abfall verbrannt“, erläuterte Pavel. „Ein bisschen zu dicht am Haus.“
„Gut, dass nix passiert is“, meinte Tubby. „Das schönste Haus in der Gegend.“ Er machte einen Schritt rückwärts. „Schauen Sie mal wieder vorbei, Mrs. Bronson. Ich werd dafür sorgen, dass immer ein paar von den grünen Äpfeln da sind, die Sie so mögen. Nur für den Fall.“
Faith winkte, als sie losfuhren. Sie hatte sich noch nicht wieder nach vorne gedreht, als Pavel fragte: „Woher kennst du Tubby?“
„ Dein Haus, Pavel? Du hast hier ein Haus?“
„Ja, und dort fahren wir jetzt hin.“ Er legte ihr die Hand aufs Knie – nur ganz kurz, aber es war klar, dass er sie beruhigen wollte. „Okay. Und jetzt du.“
„David und ich hatten ein Cottage, nur ein Stück die Straße runter. Und genau da habe ich ihn in den Armen von Abraham Stein ertappt.“
„Du liebe Güte.“ Es hatte den Anschein, als wolle er auf der Stelle kehrtmachen.
Sie berührte seinen Unterarm. „Wage es nicht, umzukehren.“
„Die Gegend kommt dir verdammt bekannt vor, was?“
„Ja, aber es ist okay.“ Sie zögerte. „Na ja, noch nicht ganz, aber ich arbeite daran.“
„Du hast also nicht das Gefühl, dass dich ein Albtraum einholt?“
Nein. Der erste Schock war verflogen, und jetzt fühlte sie sich erleichtert. „Tubby hat mich wie einen alten Freund begrüßt und mir keine Vorhaltungen gemacht. Er scheint nicht einmal David etwas vorzuwerfen. Zwar hat David seine Position und Macht eingebüßt, aber Tubby nimmt uns als das wahr, was wir sind: als Menschen, Menschen mit Schwächen. Wir waren wohl bei weitemnicht so außergewöhnlich, wie ich geglaubt habe. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mich das erleichtert.“
„Wir können immer noch nach Hause fahren.“
„Ja, in dein Zuhause in den Bergen.“ Sie hielt inne. „Das hoffentlich nicht in der Seward Road liegt?“
„Ich residiere zwei Hügel weiter.“
„Gut. Das wäre mir jetzt wirklich zu viel gewesen.“ Sie lachte und fühlte sich befreit.
Er hatte es geahnt: Das Haus gefiel ihr. Pavel war ungemein stolz auf sich. Offiziell gehörten das Grundstück und alles darauf „Scavenger“, und manchmal zogen sich der Vorstand oder einige Mitarbeiter hierher zurück. Aber Pavel war derjenige, der jederzeit über das Haus verfügen konnte.
Das Haus war aus grauem Zedernholz gebaut und hatte große Fenster, durch die man auf die Berge und einen riesigen Teich blickte, der zum Grundstück gehörte. Außer Sichtweite, aber noch auf dem Gelände, stand ein weiteres Cottage, eine Miniaturausgabe des Haupthauses, in der das Verwalterehepaar wohnte. Er kümmerte sich um alles, was anfiel, und sie war eine erstklassige Köchin. Pavel hatte Lolly gebeten, ein
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