Das Haus in Georgetown
eingeredet?“
„Faith, ich war eine leere Hülle. Lange Zeit hatte ich einfach resigniert. Ich ließ mir von deinem Vater vorschreiben, was ich zu tun hatte, und war ihm für seine Führung dankbar. Außerdem wollte ich unbedingt noch ein Baby. Hope war erst eine Woche alt, als man sie mir wegnahm.“
„Also wurdest du schwanger. Mit mir.“
Lydia hatte genug. „So ist es. Jetzt weißt du alles.“
„Das bezweifele ich.“
Lydia sah sie nicht an. „Ich habe dem nichts hinzuzufügen.“
„Eine einzige Frage noch, Mutter. Ich bin doch in eurem Haus aufgewachsen. Du sagst, du hast mich gewollt. Du sagst, du wolltest dich bei meinem Vater für all seine Unterstützung revanchieren. Aber ich habe es doch erlebt: Es gab keine Wärme oder Dankbarkeit in diesem Haus. Was war geschehen? Du sagst, eure Ehe habe sich normalisiert. Wann ist sie zum zweiten Mal gescheitert?“
„Ich habe dir schon zu viel erzählt.“
„Was ist passiert? Du bist es mir schuldig. Es war mein Leben.“ Lydia betrachtete den Tisch vor ihr. Den schwachen Ring dort, wo ein Kind ein nasses Glas abgestellt und vergessen hatte. Den Riss im Lack am Rande der Tischplatte.
Sie fuhr mit einem Finger über den Riss. „Als ich im achten Monat war, fragte mich dein Vater, woher ich die Chuzpe nahm, noch ein Kind in die Welt zu setzen. Wir hatten uns über irgendeine Kleinigkeit gestritten. Die Schwangerschaft – so kurz nach der ersten – war schwierig, und ich fühlte mich erschöpft. Ich provozierte ihn, gab Widerworte, so wie vor Hopes Verschwinden. Ich sagte ihm, dass ich dieses Baby für ihn bekam, weil ich uns eine richtige Familie schaffen wollte.“
Sie hielt inne und erinnerte sich. „Er lächelte schwach. Das werde ich nie vergessen. Und er antwortete, er sei froh, dass dieses Baby nicht wieder von diesem Handwerker stamme.“
„Also wusste er die ganze Zeit, wer Hopes Vater war?“
„Ich habe keine Ahnung, wie und wann er es herausgefunden hat. Vielleicht hat er nur geraten. Aber als ich nicht widersprach, meinte er, die richtige Abstammung allein könne ein Baby natürlich nicht schützen. Der Volksmund behaupte zwar, der Blitz schlage nicht zweimal in denselben Baum, aber ich solle mich lieber nicht zu sehr darauf verlassen. Wäre es nicht tragisch, wenn ich auch dieses Kind verlöre?“
Sie blickte auf. „Ich fragte ihn, wie ich das zu verstehen habe, und er erklärte, es sei offenbar nicht schwierig gewesen, Hope verschwinden zu lassen. Jemand habe sie weggeholt, jemand, der davon profitiert habe, und ich solle vorsichtig sein.“
Faith erblasste. „Er hat praktisch zugegeben, Hope gekidnappt zu haben?“
„Nein, das war ja das Raffinierte. Er hat sich nicht festgelegt, sondern nur die Möglichkeit angedeutet – und mich darauf hingewiesen, dass auch du in Gefahr seist, wenn ich nicht täte, was er verlangte.“
„Aber du hattest etwas gegen ihn in der Hand. Du hattest die Kennedy-Papiere. Mein Gott, die Warren-Kommission hätte sich darauf gestürzt!“
„Das war eine Sackgasse, Faith. Ich besaß zwar die Dokumente, aber konnte ich der Welt wirklich erzählen, dass der Vater meines zweiten Babys vorgehabt hatte, Kennedy ermorden zu lassen? Und Joe hatte dich als eine Art Pfand für mein Schweigen. Er hat nie gesagt , dass er dir wehtun oder dich verschwinden lassen würde, aber die Drohung stand im Raum. Dominik hat sich Sorgen um Hopes Sicherheit gemacht, und er hatte Recht. Dein Vater hat mir zu verstehen gegeben, wie dumm es gewesen war, ihm zu trauen. Ich war schwach gewesen, und durch meine Schwäche hatte ich mir den Weg in die Freiheit verbaut. Wenn ich ihn verlassen hätte, wärst du nie sicher gewesen. Vielleicht hätte er sich mit einem Sorgerechtsstreit begnügt, aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen.“
„Deshalb bist du bei ihm geblieben?“
„Er hat die Drohung nie wiederholt, aber das war natürlich auch nicht nötig.“
In Faith’ Augen schimmerten Tränen. „Vielleicht werde ich das eines Tages verstehen können, ich weiß es nicht. Aber, Mutter, ich bin seit zwanzig Jahren erwachsen und somit seit Jahrzehnten außer Gefahr. Und du bist noch immer bei ihm. Dafür kannst du mich nicht verantwortlich machen.“
Dies war wohl der schwerste Teil ihrer Enthüllungen, der Teil, für den Lydia keine guten Gründe hatte. Nicht Leidenschaft, nichtMutterinstinkt. Sondern schlicht Feigheit. Sie wich dem Blick ihrer Tochter aus.
„Ich habe mindestens hundertmal daran gedacht, ihn zu
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