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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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schon zweimal gestreut hatte, waren die Stufen vereist. Sie schob erst den Neuschnee von der Treppe, bevor sie vorsichtig hinunterging. Nebenan öffnete ihr Mariana die Tür und nahm ihr den Mantel ab.
    Dottie Lees Festtagsdekor war unorthodox, aber wirkungsvoll. An den Türen hingen Schnüre mit farbenfrohen Origami-Tieren. Ukrainische Ostereier zierten einen Tisch-Weihnachtsbaum. Vor der Kaminöffnung ritt eine Pappmaché-Hexe auf ihrem Besen.
    „La Befana“, kommentierte Dottie Lee, als sie die Treppe herunterkam. „Am Dreikönigsabend bringt sie den guten italienischen Kindern Süßes und den unartigen Kohlen.“
    Faith hielt ihr die bunte Dose hin. „Für Mariana und Sie. Und wir möchten Sie zum Abendessen am ersten Weihnachtstag einladen. Wir fahren zwar tagsüber zu meinen Eltern, kommen aber früh genug zurück, um abends in Ruhe zu feiern.“
    Dottie Lee zögerte. „Warum kommen Sie stattdessen nicht zu mir?“
    „Ich will Ihnen keine Arbeit machen. Zur Abwechslung sollen Sie einmal unser Gast sein.“
    „Ich gehe nicht oft aus dem Haus, wissen Sie.“
    Faith dachte, sie meine das Winterwetter. „Wenn es schneit, holen Alex und ich Sie ab. Ich möchte nicht, dass Sie auf dem Eis ausrutschen.“
    „Faith, meine Liebe, seit unzähligen Jahren gehe ich nur noch in meinen Garten – und in letzter Zeit ab und zu kurz in Ihren.“
    „Oh ...“ Faith schämte sich für ihre lange Leitung. Wie viele Hinweise darauf, dass Dottie Lee ans Haus gefesselt war, hatte sieignoriert? „Tut mir Leid. Haben Sie Angst, das Haus zu verlassen?“
    „Ich fürchte, ja.“
    „Aber als Sie mir den Scotch geschenkt haben, waren Sie in unserem Haus. Und dann noch einmal vor der Haustür.“
    „Beide Besuche waren zwingend notwendig.“
    „Wollen Sie es noch einmal versuchen?“ schlug Faith vorsichtig vor.
    Dottie Lee kaute auf ihrer Unterlippe.
    „Die Häuser sind miteinander verbunden“, führte Faith aus. „Wenn hier eine Tür wäre ...“, sie klopfte an die gemeinsame Mauer, „... dann wäre mein Haus auch Ihr Haus.“
    „Aber da ist keine Tür.“
    „Ich will Sie nicht bedrängen. Es ist nur so, dass Sie jetzt praktisch zur Familie gehören.“
    Dottie Lee überlegte kurz und nickte. „Wir werden kommen. Vielleicht gehe ich relativ früh wieder. Wäre das in Ordnung?“
    „Wir können ein zweiteiliges Dinner veranstalten. Wenn Sie von unserem Haus genug haben, feiern wir hier bei Ihnen weiter.“
    „Weiß Ihre Mutter eigentlich, was für ein Segen Sie sind?“
    Bevor Dottie Lee sie mit ihren Schmeicheleien vom Kurs abbringen konnte, kam Faith auf den unmittelbaren Anlass ihres Besuchs zu sprechen. „Dottie Lee, es gibt noch etwas, worüber ich reden möchte.“
    „Ich bin froh, wenn wir meine Neurosen vorerst nicht mehr erwähnen.“ Sie wies auf das Sofa, aber Faith schüttelte den Kopf.
    „Ich komme gleich zur Sache: Ich habe herausgefunden, dass meine Mutter ein Verhältnis mit Dominik Dubrov hatte und dass Dominik Pavels Vater war. Ich möchte wetten, dass Ihnen das schon lange klar war, oder?“
    Dottie Lee wirkte nicht im Mindesten überrascht. „Weiß Ihre Mutter, dass Sie das wissen?“ Als Faith nickte, seufzte Dottie Lee. „Gut.“
    „Ich weiß auch, dass Dominik Dubrov sich heute vor achtunddreißig Jahren das Leben genommen hat.“
    „Ja. Eine Tragödie.“
    „Ich versuche Pavel zu finden. Und ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, wo sein Vater begraben ist.“
    „Sie glauben, Pavel könnte dort sein?“
    Faith war sich bewusst, dass das weit hergeholt war, sehr weit.
    Aber Pavel hatte selbst gesagt, dass er manchmal zum Grab seines Vaters ging. Welcher Tag eignete sich besser?
    „Es wäre möglich“, antwortete Faith. „Und selbst wenn nicht ...“ Sie hatte eigentlich keinen Grund, das Grab zu besuchen. Das Verhältnis zwischen Dominik und ihrer Mutter war einer der Gründe für ihre unglückliche Kindheit gewesen. Dennoch faszinierte sie diese Geschichte. Er war für sie eine tragische Figur, ein Mann, dem nichts geblieben war und der nur diesen einen Ausweg gesehen hatte, um seinen Kummer zu beenden.
    Dottie Lee unterbrach ihre Gedanken. „Gibt es etwas, was Sie ihm mitteilen wollen? Dominik, meine ich?“
    Genau das beabsichtigte Faith. Nur was wollte sie ihm sagen? „Ich weiß, was Sie der Polizei erzählt haben, aber sind Sie sich ganz sicher, dass er Hope nicht entführt hat?“ Sie erwähnte nicht, dass Hope Dominiks Tochter war. Höchstwahrscheinlich hatte Dottie Lee

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