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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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verlassen. Aber ich bin alt. Mir ist nichts geblieben außer dieser Existenz, die Joe und ich uns aufgebaut haben. Sosehr ich ihn auch verachte für das, was er getan und an jenem Tag geäußert hat, ich bin zu tief in diesem Dasein verwurzelt, um mich daraus zu lösen. Und es ist alles so lange her.“
    „Bitte sag mir, dass du ihn verlassen hättest, wenn du geglaubt hättest, dass er Hope entführt hat. Sag mir wenigstens das.“
    Lydia wirkte unsicher. „Joe hatte Gründe, Hope zu kidnappen, aber noch mehr Gründe, es nicht zu tun. Er hat mich gequält, indem er es nicht klar verneinte, aber es war schließlich ein hitziges Streitgespräch. Es gab nie den winzigsten Beleg dafür, dass er etwas mit der Sache zu tun hatte.“
    Mit weicherer Stimme hakte Faith’ nach: „Dann glaubst du nicht, dass er es war?“
    Jetzt füllten sich Lydias Augen mit Tränen. „Damals, vor langer Zeit, waren zwei Männer unglücklich über die Geburt meiner süßen kleinen Tochter. So viele Jahre sind vergangen, und immer noch weiß ich nur das.“

31. KAPITEL
    Ham hatte nie einen Weihnachtsbaum gehabt. Er war Jude und überzeugter Humanist, zwei gute Gründe gegen ein traditionelles Weihnachtsfest. Aber als David von seinem Vorstellungsgespräch am „Wesley Theological Seminary“ zurückkam, stand in einer Ecke des Apartments in einem Eimer ein Bäumchen – mit Wurzelballen natürlich, um die Sache umweltverträglicher zu gestalten.
    „Du brauchst irgendwas Vertrautes“, meinte Ham. „Aber ich weigere mich, ihn zu schmücken. Ein Freund, der dieses Jahr keinen Baum aufstellen will, hat mir etwas Schmuck geliehen. Du findest ihn unter dem Tisch.“
    David starrte die kleine Zimmertanne an. Sackleinen ragte über den Eimerrand. Ham war offenbar nicht bei einem Weihnachtsbaumverkäufer gewesen, sondern in einer Baumschule. „Was kommt als Nächstes? Fährt der Heilige Geist in dich? Lässt du dich taufen?“
    „Klar, ich bin der neue Messias. Träum weiter.“
    David umarmte ihn. „Das war doch nicht nötig.“
    „Es ist ein heidnischer Brauch. Ich kann mir ja einreden, ich sei ein Druide.“
    „Vielleicht möchte Alex ihn heute Nachmittag schmücken.“ Ham trat etwas zurück, um Davids Gesichtsausdruck zu studieren. „Du bringst ihn her?“
    Alex würde den ersten Weihnachtsfeiertag mit seiner Mutter und den Großeltern verbringen, aber David hatte für das Wochenende eine Hütte in West-Maryland angemietet, sodass Alex und er einen Teil der Weihnachtszeit auf dem Land verbringen konnten. Sie würden wandern, etwas Ski fahren, wenn das Wetter mitspielte,und vor einem prasselnden Feuer Schach spielen. Den Rest hatte er Ham noch nicht erzählt.
    „Gestern Abend habe ich mit Faith gesprochen und ihr erklärt, dass ich ihn herbringen will, bevor wir losfahren. Er soll sehen, wie ich lebe.“
    „Und sie hatte nichts dagegen?“
    „Überhaupt nicht.“ Das war David wie ein erstes Weihnachtsgeschenk vorgekommen.
    „Ich werde mich rechtzeitig aus dem Staub machen.“
    „Nein, ich habe ihr gesagt, dass du hier sein würdest. Sie fand das in Ordnung.“
    „Sie hat dich nicht ermahnt, vor dem Kind keinen Sex zu haben?“
    „Sie hält mich offenbar für zurechnungsfähig. Und dich inzwischen vielleicht auch.“
    „Pass auf, sonst fange ich noch an, diese Frau zu mögen.“
    „Du würdest sie mögen, wenn du Gelegenheit hättest, sie kennen zu lernen. Vielleicht bald.“
    „Das Wunder der Weihnacht?“
    „Sie hat eine harte Zeit hinter sich.“
    „Und du sorgst dich noch immer um sie.“ Das war keine Frage.
    „Wäre es dir anders lieber?“ wollte David wissen.
    „Nein, du bist eben so.“
    Faith versuchte Alex beim Packen für den Wochenendausflug zu helfen, aber sie war nicht bei der Sache. Letzte Nacht hatte sie sich im Bett herumgewälzt und an nichts anderes als Lydias Besuch denken können. Heute früh, kurz nach Sonnenaufgang, hatte sie sich entschieden: Sie würde Pavel erzählen, was sie erfahren hatte.
    Nicht nur, weil sie ihm versprochen hatte, ihm alles mitzuteilen, was sie über die Entführung herausbekam, sondern vor allem, weil Hope auch Pavels Schwester war. Faith und Pavel hatten eine gemeinsame Halbschwester, die sie nicht kannten.
    „Mom, sechs Unterhosen und Sockenpaare sind zu viel. Überlass das Packen mir.“ Entnervt nahm Alex ihr die Unterwäsche aus den Händen.
    Sie verzichtete auf den Hinweis, dass sie noch immer die Wäsche ihres Sohnes wusch, dass sie diese Sachen während seines

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