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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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sie nervös, aber zugleich erregte es sie. Er war ein erfahrener Mann, und sie noch ein halbes Kind. Natürlich wusste er nicht, wie alt sie war, aber was machte das schon. Irgendwann musste sie ja mal anfangen. Ihre Eltern hatten ihr etwas vom Wert der Jungfräulichkeit erzählt, aber man musste sich nur mal anschauen, wie die beiden lebten.
    Was würden sie davon halten, dass ein College-Typ mit ihrem kleinen Mädchen schlafen wollte?
    Sie hämmerte mit dem Messingklopfer gegen die Tür und wartete, ob jemand öffnete. Endlich kam Enzio. Seine Augen funkelten, als er sie sah, und er zog sie hinein.
    „Dein Timing ist gut“, sagte er. Er sprach sehr langsam; die Worte tröpfelten aus ihm heraus wie Wasser aus einem Hahn mit defekter Dichtung.
    „Wieso?“ Seine riesigen Pupillen und das unmotivierte Grinsen irritierten sie.
    „Ich habe gerade wirklich tolles Dope bekommen. Probier es gerade aus.“
    „Marihuana?“ Sie versuchte, sachlich zu klingen.
    „Von welchem Planeten stammst du?“ Sein Lachen wirkte ziemlich überdreht. „Hast du auf deinem Planeten denn noch nie Gras geraucht, kleine Marsfrau?“
    Sie hatte nicht einmal eine Zigarette geraucht.
    Er lachte wieder. „Komm, versuch’s. Ich schwebe schon über den Dächern.“
    Sie fragte sich, wie das wohl wäre. Wenn sie über den Dächern schwebte, konnte sie Georgetown und alles, was im letzten Jahr passiert war, hinter sich lassen. Kein Vater mehr. Keine Mutter. Kein kleiner Bruder mehr, der jeden Atemzug verurteilte, den sie tat.
    Sie ermahnte sich, kein Baby zu sein, sondern erwachsen zu wirken. „Wo hast du es?“
    „Oben in meinem Zimmer.“ Ihr Blick schien Bände zu sprechen, denn er lachte wieder. „Wir lassen die Tür offen. Gott, du bist so ein Kindchen.“
    Sie wollte kein Kindchen sein. Sie wollte zehn Jahre älter seinund ein anderes Leben führen. Und jetzt war sie diesem Wunschtraum so nahe wie nie zuvor.
    „Dann los.“ Sie hängte sich bei ihm ein.
    David lauschte, als er Faith’ Klingel betätigte, aber im Haus blieb alles still. Trotz aller Fortschritte fehlte noch vieles am und im Haus, unter anderem eine neue Türglocke. Er klopfte, lauschte, klopfte wieder, aber niemand öffnete die Tür.
    Er war sich sicher, dass er Alex gesagt hatte, wann er kommen wollte, und Faith wusste es natürlich auch. Ihm schoss der Verdacht durch den Kopf, dass sie das mit Absicht tat. Hatte sie vor, ihm eine Lektion zu erteilen? Dass sie auf ihn keine Rücksicht zu nehmen brauchten, weil es seine Schuld war, dass die Familie Weihnachten nicht mehr zusammen feierte wie noch im letzten Jahr?
    Nein, Faith war zu einer derartigen Racheaktion nicht im Stande.
    Die Stufen waren zu vereist, um sich hinzusetzen, also begnügte er sich damit, sich an das frisch gestrichene Geländer zu lehnen. Er würde ein paar Minuten warten und dann zum Auto zurückkehren, um zu telefonieren. Er wollte versuchen, Faith auf ihrem Handy zu erreichen.
    Er vertrieb sich die Zeit und versuchte die Kälte zu vergessen, indem er an frühere Weihnachtsfeste dachte. Vor sieben Jahren hatte Alex sein erstes Fahrrad bekommen. Stützräder hatte er abgelehnt, obwohl er ziemlich oft auf die Nase gefallen war, bevor er das Gleichgewicht halten konnte.
    Vor neun Jahren hatte David für Remy ein Puppenhaus gebaut, und Faith hatte die winzigen Zimmer angestrichen und möbliert. Er fragte sich, wo das Haus jetzt wohl war, und befürchtete, dassRemy es in ihrem Bemühen, alle Spuren ihres Vaters auszulöschen, zerstört hatte. Er hatte gehofft, dass sie es einmal ihren Kindern geben würde.
    Ein Windstoß ließ die Fensterläden des Reihenhauses klappern. Heute Nacht sollte es wieder schneien, und wenn Alex und er nicht bald nach Maryland aufbrachen, würden sie womöglich eine unangenehme Fahrt vor sich haben. David guckte kurz auf seine Uhr und stellte fest, dass es noch später war, als er geglaubt hatte. Er ging zu Hams Auto zurück, das er sich für den Ausflug geliehen hatte.
    Auf halber Strecke entdeckte er Alex, der auf ihn zukam. Sein Sohn hielt den Kopf gesenkt, aber die roten Locken waren nicht zu übersehen. Alex schlurfte mit den Stiefeln über den Gehweg. Sein geschulter elterlicher Blick verriet David, dass seinen Sohn etwas bedrückte.
    „Hey, Alex.“
    Alex schaute überrascht auf, als hätte er ganz vergessen, dass David ihn abholen wollte. „Dad?“
    „Wo warst du?“
    Alex erwiderte nichts. David bemerkte, dass sein Sohn mit sich rang. „Alex? Ich habe am Haus

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