Das Haus in Georgetown
ich will es nicht wissen.“
„Eines Tages möchte ich mich wieder richtig mit dir unterhalten können.“
„Tja, was meinst du? Wie stehen die Chancen dafür, David?“ Die Stimme, mit der sie sprach, klang nach Lydia: sarkastisch und verbittert.
Er schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung.“
„Wir müssen uns um die Kinder kümmern. Mehr kann ich derzeit nicht bewältigen. Alles andere muss warten.“ Sie wandte sich ab, um sich zu sammeln. Auf der Treppe hörte sie Schritte, und als sie sich wieder umdrehte, stand Alex in der Tür.
„Dad.“ Er erstarrte, als wäre der Mann am Küchentisch im Begriff, sie auszurauben.
„Alex.“ David lächelte. „Ich habe euch Frühstück mitgebracht. Ich dachte mir, dass ihr Hunger haben könntet.“
„Was tust du hier?“
„Das habe ich doch gerade erklärt.“
„Seit Monaten lässt du dich nicht blicken, und dann kommst du ausgerechnet heute?“
„Timing scheint nicht gerade meine Stärke zu sein.“
„Verschwinde“, sagte Alex. „Hast du Mom nicht schon genug wehgetan?“
Das konnte Faith nicht so stehen lassen. „Alex, dein Dad ist nicht hier, weil er mich verletzen will. Er besucht uns, weil er Remy und dich sehen möchte. Ihr fehlt ihm.“
„Aber er hat dir wehgetan. Das weiß ich. Ich hör dich nachts weinen, wenn du annimmst, dass wir schlafen.“
„Es war nie meine Absicht, irgendjemanden zu verletzen“, verkündete David. „Das musst du begreifen. Es ist mir wichtig zu wissen, wie es deiner Mutter geht, und so wird es auch bleiben.“
„Ach ja? Sie ist dir also so wichtig wie ein gewisser Typ?“ „Alex ...“ Faith ging zu Alex hinüber. „Ich kann für mich selbst sprechen. Überlass das bitte mir, ja?“
Alex schaute seinen Vater direkt an. „Ich will dich nicht sehen.“
„Ich möchte mit Remy und dir den Tag verbringen.“
Alex machte kehrt und lief die Treppe hinauf.
„Na, das hat ja prima geklappt“, meinte David.
Faith kämpfte mit den Tränen. „Keins der Kinder geht mit dir irgendwohin, wenn Ham dabei ist.“
„Trau mir doch ein bisschen Sinn und Verstand zu.“
„So lautet meine Bedingung für alle künftigen Besuche.“
„Mit anderen Worten, sie sollen nicht erfahren, wer ich wirklich bin?“
„Ich will nicht, dass du es so direkt zur Schau stellst.“
Er richtete sich etwas auf. „Ich gehe hoch, um mit Remy zu sprechen. Wenn sie sich genauso ablehnend verhält wie Alex, verschwinde ich. Aber sobald ihr euch eingerichtet habt, werde ich regelmäßig kommen. Und wenn ich dafür einen Gerichtsbeschluss brauche.“
Er wartete nicht auf eine Antwort. Sie hörte seine Schritte auf der Treppe und sein wiederholtes Klopfen. Remys Tür war abgeschlossen. Sie antwortete ihm nicht und ließ ihn nicht hinein.
Als die erste Wagenladung zur Prospect Street aufbrach, fuhr Faith vorneweg. Die Kinder hatte sie in der Obhut einer schlecht gelaunten Lydia gelassen, die sich auch um Alex’ Kleiderschrank kümmerte. Nachdem David gegangen war und sie nach Alex sehen wollte, hatte Faith entdeckt, dass seine Sachen noch immer an der Stange hingen, während er selbst auf dem Schrankboden hockte und seine Tränen hinter langen Unterhosen und Hemdzipfeln verbarg.
Ein überraschend preisgünstiges örtliches Unternehmen besorgte den Umzug. Beim Beladen des LKWs hatten die beiden Männer keine Probleme gehabt, aber jetzt fragte sich Faith, wie sie das Rosenholz-Pianino vier schmale Stufen hinauftragen und durch die Haustür bekommen wollten.
Das Pianino hatte Faith’ Urgroßmutter Violet gehört und einstmals in diesem Reihenhaus gestanden. Lydia hatte es schon vor vielen Jahren Faith überlassen.
Faith wusste, dass es dumm war, das Klavier in die Prospect Street zurückzubringen. Sie ließ nützlichere Einrichtungsgegenständezurück, um für ein Instrument Platz zu schaffen, das selten gespielt wurde. Doch obwohl sie ihre Urgroßmutter nicht gekannt hatte, fühlte sie sich ihr auf unerklärliche Weise verbunden. Das Pianino gehörte viel eher in dieses Haus als der TV-Schrank aus Walnussholz, auf den sie deswegen verzichtet hatte.
Sobald der LKW angekommen war, wachte sie darüber, dass die Betten, Kommoden und Teppiche in den richtigen Zimmern landeten und die Kisten in der Küche aufgestapelt wurden. Dann stand sie mit verschränkten Armen an der Seite und guckte den Männern zu, wie sie das Abladen des Pianinos vorbereiteten.
„Sind Sie sicher, dass Sie keinen dritten Mann benötigen?“
Der Fahrer grinste sie an.
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