Das Haus in Georgetown
Helden ebenbürtig zu sein. „Können Sie uns noch mehr Tipps geben?“
„Ich könnte, aber ich tu’s nicht. So musst du mich nämlich öfter mal besuchen kommen, Alex Bronson. Vielleicht rutscht mir ja mal ein Hinweis raus, wenn ich nicht auf der Hut bin. Du wärst überrascht, was ich alles weiß.“
Faith freute sich über Alex’ und Dottie Lees Geplauder. Endlich war ihr Sohn einem Menschen begegnet, der ihn ebenso entzückendfand wie sie. Zugleich machte es sie traurig, dass das nicht schon früher geschehen war, und zwar in den Reihen ihrer Familie.
Dottie Lee blickte auf, als hätte sie Faith’ Gedanken gelesen. „Ihre Tochter sieht der jungen Lydia erstaunlich ähnlich, aber charakterlich kommt dieser junge Mann hier ganz nach Ihrer Mutter.“
Faith musste sehr ungläubig geschaut haben, denn Dottie Lee gab ein kehliges Lachen von sich. „Spreche ich wieder in Rätseln? Wie schön, meine Liebe. Hoffen wir, dass ich lang genug lebe, um Ihnen alles zu erzählen, was ich weiß.“
Als wollte sie das Schicksal herausfordern, bestrich Dottie Lee noch einen Scone mit Schlagsahne und hob ihn hoch wie zu einem Toast.
8. KAPITEL
Jeder konnte Pavel Quinn gut leiden. Als es den Ostblock noch gab, hatte eine Exgeliebte einmal gesagt, er werde von allen gemocht, weil er von niemandem geliebt werden wolle. Pavel wisse genau, wo die Grenze zwischen beidem verlief, und bewache sie so scharf wie ein DDR-Soldat die Berliner Mauer.
Er hatte natürlich gegen diesen Vergleich protestiert. Gut, er hatte einen russischen Vornamen, aber nicht jeder Russe war ein Kommunist, schon gar nicht in seiner Familie. Und ganz bestimmt hatte nie ein Quinn die innerdeutsche Grenze bewacht. Das Steinewerfen in Belfast lastete sie völlig aus.
Die Geliebte hatte melodramatisch die Arme hochgerissen und war zu seiner Haustür hinausmarschiert. Er hatte ihr mit einer Mischung aus Traurigkeit und Erleichterung nachgeblickt. Sie war eine chilenische Schönheit gewesen, die einfallsreichste Liebhaberin, die er je in sein Bett gebeten hatte, und – wenn es ums Essen ging – eine fast ebenso große Genießerin wie er.
Sie war aber auch besitzergreifend und launenhaft gewesen. Sie hatte in seinem Inneren verzweifelt nach Dingen gesucht, die einfach nicht da waren. Wer könnte das besser beurteilen als er?
Seither hatte Pavel sich Geliebte zugelegt, die sich nicht so verhielten. Er mochte Frauen, die Laute, die sie von sich gaben, wenn sie zufrieden waren, die Wärme, die sie ausstrahlten, wenn er neben ihnen schlief, ihr duftendes Haar, die Brüste, weich wie Kissen. Er würde nicht sagen, dass er sie alle mit derselben Intensität geliebt hatte, aber die Erfahrungen ähnelten sich stark: Frauen traten in sein Leben. Er amüsierte sich prächtig mit ihnen. Sie zogen von dannen.
Heute half er einer von ihnen beim Packen.
„Du bist ein furchtbarer Typ!“ Odette schüttete den Inhalt einer Kommodenschublade in eine Tragetasche. Da die Schublade nur sorgfältig zusammengelegte Unterwäsche enthielt, war anschließend noch Platz in der Tasche. Sie packte ihre Polohemden und die heißesten Shorts südlich der Mason-Dixon-Linie dazu.
„Tja, ich weiß, dass es nicht leicht ist, mit mir zusammenzuleben.“ Pavel, der beflissen einen lilafarbenen Baumwollsweater zusammenfaltete, fühlte sich verpflichtet, einen Teil der Schuld auf sich zu nehmen.
„Keine Frage, aber davon rede ich gar nicht.“ Odette riss die letzte Schublade auf und klaubte ihre Socken und eine Kosmetiktasche zusammen.
„Wovon dann?“
„Du bist ein Radarschirm ohne Leuchtflecke.“
Das hatte man davon, wenn man sich mit einer Fluglotsin zusammentat. „Du wolltest Leuchtflecke?“
Sie reckte sich und runzelte die Stirn. „Jede Frau will das, Pavel. Du bist eigentlich alt genug, um das zu wissen.“
Er war einundvierzig und näherte sich rasant dem Alter, in dem man nichts mehr dazulernte. Vor allem bezüglich der Frauen. „Hast du dich nach mehr Streit gesehnt? Damit wir uns im Bett wieder versöhnen konnten? Nach was, Odette?“
Odette seufzte. Sie war keine besonders gefühlsbetonte Frau. „Nein, Streit liegt mir auch nicht. Vielleicht hätte es mir schon gereicht, wenn ich auf deinem Radarschirm Leuchtflecke hinterlassen hätte.“
„Das hast du. Natürlich.“
Sie blickte auf. „Ich brauche noch eine Tasche. Und nein, das habe ich nicht. Nächste Woche hast du garantiert schon vergessen, dass ich hier gewohnt habe.“
„Du wirst mir
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