Das Haus in Georgetown
fehlen.“
„Vergiss es, Pavel.“ Sie war eine langbeinige Brünette mit offenem Haar, das bis zur Rückenmitte herunterreichte, und der Figur eines Bomberstaffel-Pin-up-Girls. Ihre Gesichtszüge waren etwas zu ausgeprägt, vielleicht sogar derb, aber das hatte er an ihr besonders reizvoll gefunden. Pavel verabscheute Perfektion.
Da es nichts mehr zu sagen gab, ging er in die Küche und angelte zwischen Spülmittelflaschen, Putzzeug und schmutzigen Geschirrtüchern eine weitere Plastiktüte hervor. Als er zurückkam, nahm sie sie ihm aus der Hand und warf ihre restlichen Sachen hinein. „Also, das wär’s. Ich muss los.“
„Soll ich dich anrufen? Wir könnten nächstes Wochenende essen gehen.“
„Die Antwort lautet nein.“ Odette schaute ihn an. „Und dabei bleibt’s auch, also bemüh dich nicht.“ Sie lächelte schief. „Hat Spaß gemacht mit dir, großer Junge. Ein schönes Leben noch.“
Da er genau mit dieser Reaktion gerechnet hatte, lächelte er zurück. Und bevor sie sich dagegen wappnen konnte, zog er sie zu einer letzten heftigen Umarmung an seine Brust.
„Das könnte mir fehlen“, meinte sie, sobald er sie losgelassen hatte. „Aber das meiste andere hier nicht. Du solltest jemanden anheuern, der weiß, wie man solche Renovierungen durchführt. Das Haus ist ein Dreckloch.“ Odette hob die Tüten hoch und schüttelte den Kopf, als er ihr eine bis zum Auto tragen wollte. „Ich bin weg.“
Er begleitete sie nach vorn und öffnete eilfertig die Haustür. Dann blieb er auf der Schwelle stehen und beobachtete, wie sie die Stufen hinunterging. Nachdem sie die Tüten im Wagen verstaut und sich hinters Steuer gesetzt hatte, kehrte er ins Haus zurück. Als er in der Küche vorm Kühlschrank stand, ging ihm auf,dass er zumindest hätte warten können, bis sie davongefahren war.
Er schloss den Kühlschrank und schraubte sich ein Heineken auf. Mitten auf dem im Schachbrettmuster gefliesten Küchenboden lag ein neues Spülbecken. Er konnte sich nicht genau erinnern, wie lange es da schon auf seine Montage wartete.
„Es gibt einen Unterschied zwischen einem Dreckloch und einer Herausforderung“, sagte er zu sich selbst.
Das Bier rann seine Kehle hinunter, die noch keine Zeit gehabt hatte, auszutrocknen. Auf seiner Magnolie stimmten die Drosseln gerade ihre ersten Lieder an. Unglücklicherweise hatte Odette zur gefürchteten Spezies der Frühaufsteher gehört, sodass der ganze Tag noch vor ihm lag.
Er verschloss die Flasche und stellte sie in die Kühlschranktür zurück. Um diese Zeit brauchte er etwas anderes als Alkohol. Ihm war nach einem Frühstück und nach Kaffee, aber keins von beidem ließ sich in dieser Küche auftreiben. Als nächster Punkt standen die Wirtschaftsseiten der „Washington Post“ auf seiner Wunschliste, doch wie üblich war sein Exemplar der Zeitung vom Bürgersteig geklaut worden, bevor er es hatte hereinholen können.
Er lebte in Georgetown, wo es Dutzende von Frühstücksgelegenheiten gab. Aber für ihn kam nur ein Ort in Frage. Er fuhr sich mit den Fingern durch die zerzausten dunklen Locken und begab sich auf die Suche nach seinen Sandalen.
Als Faith am Umzugstag erwachte, lastete die Angst wie eine geballte Faust auf ihrem Brustkorb. In den Tagen seit ihrem Entschluss, nach Georgetown zu ziehen, hatte sie kaum Zeit gefunden, diese Entscheidung in Frage zu stellen oder sich der Konsequenzenbewusst zu werden. Sie hatte Kisten gepackt, sortiert und markiert, bis sie so erschöpft war, dass sie auch auf eigentlich Unentbehrliches verzichten wollte, nur um es nicht einpacken zu müssen.
Am Dienstag würde ein örtliches Auktionshaus auf dem Grundstück in McLean eine Versteigerung durchführen, und was sie heute nicht in Sicherheit brachte, würde den Sammlern und Schnäppchenjägern in die Finger fallen. Obwohl überall Möbel und andere Dinge herumstanden, von denen sie sich trennen konnte, war fraglich, ob all das, was sie mitnehmen wollte, überhaupt in das Reihenhaus passen würde.
Sie duschte ein letztes Mal im großen Badezimmer, schmiss ihr Handtuch und ein paar übrig gebliebene Toilettenartikel in einen Karton und zog die Jeans und die Hemdbluse an, die sie am Abend beiseite gelegt hatte. Dann guckte sie nach, ob Remy schon wach war.
Ihre Tochter saß auf der Fensterbank und starrte hinaus. Um sie herum stapelten sich Kartons. Letzten Endes hatte Remy sich – von den Möbeln abgesehen – von fast nichts trennen wollen.
„Die Packer kommen in einer
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